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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen
Autoren: D Koontz
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einzigen Stelle Lichter an den Hängen über dem Black Lake.
    Das Haus der Corrigans. Vor wenigen Monaten, im Juni, hatte Harry Corrigan seine Frau Calista verloren, mit der er fünfunddreißig Jahre lang verheiratet gewesen war.
    Während eines Wochenendbesuchs bei ihrer Schwester Nancy in Redondo Beach hatte Calista ihren Wagen an einem Geldautomaten geparkt, um zweihundert Dollar abzuheben. Dabei hatte man sie erst ausgeraubt und ihr dann mitten ins Gesicht geschossen.

    Anschließend hatten die beiden Straßenräuber Nancy aus dem Wagen gezerrt, ihr zwei Kugeln in den Leib gejagt und sie achtlos überfahren, als sie in Calistas Wagen flohen. Jetzt, drei Monate nach Calistas Beerdigung, lag Nancy immer noch im Koma.
    Während Molly den Schlaf herbeisehnte, versuchte Harry Corrigan jede Nacht, ihm zu entkommen. Seine Träume brächten ihn um den Verstand, sagte er.
    In den Wogen des Unwetters erinnerten die leuchtenden Fenster von Harrys Haus an die Positionslichter eines fernen Dampfers, der auf dem stürmischen Meer dahinfuhr wie eines jener Geisterschiffe, die von Passagieren und Mannschaft verlassen waren, obwohl kein einziges der Rettungsboote fehlte. Erforschte man solche Schiffe, so sah man, dass in der Mannschaftsmesse das Essen unberührt auf dem Tisch stand, und im Ruderhaus lag auf dem Kartentisch die Lieblingspfeife des Kapitäns, in der noch Tabak glomm.
    Mollys Fantasie war nun lebhaft erregt und ließ sich nicht so ohne Weiteres abschalten. Deshalb suchte Molly in Zeiten der Schlaflosigkeit manchmal Zuflucht bei ihren literarischen Eingebungen.
    Unten im Arbeitszimmer warteten fünf Kapitel ihres neuen Romans, die überarbeitet werden mussten. Vielleicht konnte sie mit einigen Stunden Arbeit am Manuskript ihre Nerven so weit beruhigen, dass ihr endlich der Schlaf kam.
    Ihr Bademantel hing gleich neben dem Bett über einer Stuhllehne. Sie schlüpfte hinein und schlang einen Knoten in den Gürtel.
    Als sie zur Tür ging, fiel ihr auf, dass sie sich erstaunlich sicher bewegte, obwohl kein Licht brannte. Die Tatsache, dass sie stundenlang wach gelegen und mit an die Dunkelheit angepassten Augen an die Decke gestarrt hatte, konnte das nicht ganz erklären.

    Das schwache Licht, das durch die Fenster drang und die Finsternis im Zimmer abschwächte, stammte bestimmt nicht aus den Fenstern von Harry Corrigan, der drei Häuser weiter im Süden wohnte. Vorläufig blieb die Quelle rätselhaft.
    Schwarze Wolken verbargen den Mond.
    Die Lichter im Garten draußen waren ebenso ausgeschaltet wie die auf der Veranda.
    Molly trat wieder ans Fenster und wunderte sich über das leichte Schimmern des Regens. Ein merkwürdiger nasser Glanz lag auf den stachligen Ästen der nächsten Kiefern und ließ sie deutlicher sichtbar werden als sonst.
    Eis? Nein. Ein nächtlicher Graupelschauer hätte ein spröderes Geräusch gemacht als das weiche Trommeln dieses herbstlichen Regengusses.
    Molly drückte die Fingerspitzen an die Fensterscheibe. Das Glas war kühl, aber nicht kalt.
    Wenn herabfallender Regen irgendeine künstliche Lichtquelle reflektiert, dann nimmt er manchmal einen silbrigen Schimmer an. Momentan existierte jedoch keine solche Quelle.
    Vielmehr sah der Regen aus, als leuchtete er selbst schwach, als wäre jeder Tropfen ein winziger, glitzernder Kristall. Die Nacht wurde von unzähligen Ketten aus fluoreszierenden Perlen gleichzeitig verschleiert und enthüllt.
    Als Molly aus dem Schlafzimmer in den Flur trat, bleichte das schwache Leuchten der beiden Lichtkuppeln das düstere Schwarz zu dunklem Grau und ließ den Weg zur Treppe sichtbar werden. Das Regenwasser, das an den Plexiglaskuppeln in der Decke herabströmte, war von glitzernden Strudeln durchzogen. Unwillkürlich dachte Molly an Spiralnebel, die sich am Gewölbe eines Planetariums drehen.
    Sie stieg die Treppe hinab und ging in dem merkwürdigen Schein, der durch die Fenster drang, in die Küche.

    In manchen Nächten wehrte sie sich nicht gegen ihre Schlaflosigkeit, sondern kochte sich stattdessen eine Kanne Kaffee und setzte sich damit an ihren Schreibtisch im Arbeitszimmer. Entsprechend aufgeputscht, schrieb sie schroffe, vom Koffein geschärfte Prosa im realistischen Tonfall polizeilicher Vernehmungsprotokolle.
    In dieser Nacht hatte sie allerdings vor, irgendwann wieder ins Bett zu gehen. Sie schaltete das Licht im Abzug über dem Herd an, würzte einen Becher Milch mit Vanilleextrakt und Zimt und stellte ihn in die Mikrowelle, um die Milch zu
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