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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen
Autoren: D Koontz
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Erwachsenen entsprach, über die Außerirdischen zu reden. Niemand fragte, weshalb sie Tausende Lichtjahre weit gereist waren, Millionen Menschen ermordet und damit begonnen hatten, die Erde umzuformen, nur um gleich wieder zu verschwinden.
    Eigentlich hätte dies mindestens ein Jahrhundert lang das wichtigste Gesprächsthema darstellen müssen. Doch so, wie die Kinder vor Trauer geschützt waren, schützten sich die Erwachsenen – einschließlich Molly – offenbar selbst vor Grübeleien und Neugier, zumindest, was das Ende der Welt anging.
    Statt Neil zu stören, ging Molly ins Haus, fand ein dickes Buch mit berühmten Zitaten und nahm es mit hinaus auf die Terrasse.
    Sie erinnerte sich an etwas, was sie am Telefon gehört hatte, als Neil mit seinem Bruder Paulie in Hawaii sprach: »… und hat einen großen Zorn und weiß, dass er wenig Zeit hat.« Diese Worte waren inmitten von Rauschen aufgetaucht, kurz bevor die Verbindung unterbrochen worden war.
    Molly schlug den Index auf und suchte unter dem Stichwort Zorn . Die Quelle war rasch gefunden. Das Zitat stammte aus der Offenbarung des Johannes, zwölftes Kapitel, Vers zwölf:
    Weh denen, die auf Erden wohnen und auf dem Meer! Denn der Teufel kommt zu euch hinab und hat einen großen Zorn und weiß, dass er wenig Zeit hat.
    Er kommt zu euch hinab ? Stellte man sich die Hölle nicht als einen Ort tief unten vor?
    Als Molly in jener Septembernacht Neil aus seinem Albtraum geweckt hatte, da hatte er an die Decke geblickt, zum ersten Mal den vorübergleitenden Koloss gespürt, und gesagt: »… euch zu sieben wie den Weizen«. Als sie
ihn gefragt hatte, was das zu bedeuten habe, da hatte er sich an diese Worte überhaupt nicht erinnert.
    Weil sie den Verdacht hatte, dass es sich dabei ebenfalls um ein Zitat handelte, blätterte sie eine ganze Viertelstunde in dem dicken Band auf dem Tisch vor ihr, bis sie die Quelle gefunden hatte. Das Lukasevangelium, zweiundzwanzigstes Kapitel, Vers einunddreißig:
    Der Herr aber sprach: Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen.
    Molly blickte übers Meer.
    Als sie nach ihrem Teeglas griff, stellte sie erstaunt fest, dass es leer war. Sie erinnerte sich nicht daran, es ausgetrunken zu haben.
    Sie ging ins Haus und holte den Krug aus dem Kühlschrank, um sich und Neil nachzuschenken.
    »Danke, Schatz«, sagte er.
    Nun fiel ihr auch ein, was der narbige Psychopath im Haus von Bradley und Allison über seine Absicht gesagt hatte, die Kinder zu opfern: Diejenigen, die jetzt die Welt beherrschten, gierten zwar vor allem nach den Kindern – den Unschuldigen –, doch Kinder könne man nicht sieben .
    Trotz der Hitze des Tags fröstelte Molly im Schatten der Phoenixpalme.
    Nach einer Weile sagte sie zu Neil: »Ich gehe ein wenig am Strand spazieren.«
    »Brauchst du Gesellschaft?«
    »Nein, nein, lies du nur weiter!«
    Eine Treppe führte im Zickzack von der Klippe zum Strand hinab. Unten angelangt, zog Molly die Schuhe aus und nahm sie in die Hand.
    Die Astrophysiker waren der Meinung, es gebe mehr Sterne im Universum als Sandkörner an allen Stränden der Erde.
    Unser Universum, hieß es, sei eine von vielen, vielleicht sogar eine von zahllosen Welten.

    Molly ging auf warmen Galaxien aus Sand, schlenderte über Universen, bückte sich, um eine Muschel aufzuheben, einen kleinen Nautilus mit einer Kammer, deren Biegung in der Unendlichkeit zu verschwinden schien.
    Es hieß, Gott habe das Universum erschaffen. Von den Astrophysikern hörte man das zwar nicht, aber von Leuten, die vielleicht weiser waren.
    Es hieß, der Himmel sei ein anderes Reich als dieses, was womöglich bedeutete, dass es sich um ein anderes Universum handelte.
    Molly grub die Zehen in den trockenen Sand. Er war heiß. Sie ging zum Rand der Brandung, wo der Sand fest und kühl war.
    Es hieß, eine Reihe anmaßender Engel habe rebelliert, und Gott habe sie aus dem Himmel in die Hölle verbannt, die wieder ein anderes Reich darstellte. Ein weiteres Universum?
    Molly ging südwärts am Strand entlang, und die Brandung spielte mit ihren Füßen.
    Die Astrophysiker waren der Meinung, schwarze Löcher, kollabierte Sterne von unglaublicher Dichte, seien womöglich Tore zwischen verschiedenen Universen.
    War vielleicht auch der Tod ein schwarzes Loch, durch das wir in ein anderes Universum gelangten?
    Eine einzelne Wolke tauchte im Süden auf und trieb lautlos nach Nordnordost.
    Der Koloss war schweigend über den Himmel gezogen, weil er
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