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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen
Autoren: D Koontz
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als Nächstes geschehen würde.
    Die fünf aus dem Tresorraum geretteten Kinder berichteten, wie ihre Eltern vom Boden und durch die Decke geschwebt waren. Das musste geschehen sein, als das Mutterschiff in so großer Höhe über die Stadt geglitten war,
dass man es nicht wahrnehmen konnte. Manche der Entführten hatten beim Entschweben geweint, andere hatten gelacht, doch niemand hatte Widerstand geleistet.
    »Ja, gelacht«, sagte Eric Crudup und dachte daran, wie seine Großmutter durch zwei Zimmerdecken und ein Dach geglitten war. »Wenn sie raufgezogen werden, werden sie verrückt. Total durchgeknallt. «
    Der Verlust, den die Kinder erlitten hatten, war so gewaltig, dass sie sein Ausmaß offenbar noch nicht erfassen konnten und deshalb auch noch keine Trauer empfanden. Molly war sich jedoch im Klaren, dass sich das ändern würde, sobald der Schock nachließ.
    Merkwürdigerweise kam niemand auf das organische Aussehen des Mutterschiffs zu sprechen, vielleicht, weil es so radikal anders war als alles, was die Kinder in Filmen gesehen hatten, dass sie nicht wussten, was sie davon halten sollten. Vielleicht fürchteten sie sich aber auch davor, über die möglichen Konsequenzen nachzudenken.
    Um acht legten sie sich zum Schlafen nieder.
    Neil bestand darauf, die erste Wache zu übernehmen, und versprach, Molly um ein Uhr morgens zu wecken, damit sie ihn ablösen konnte.
    Molly war überzeugt, sie würde nicht einschlafen können. Bestimmt würden ihr ständig die grässlichen Bilder der Zerstörung durch den Kopf gehen, oder sie würde nervös hin und her überlegen, was die Zukunft bringen konnte. Aber kaum hatte sie den Kopf auf das provisorische Kissen gelegt, als sie auch schon schlief, tief und fest. Und traumlos.
    Fünf Stunden später wurde sie von Neil geweckt. Trotz seines Versprechens hatte er eigentlich vorgehabt, sie schlafen zu lassen, doch er war so erschöpft, dass er selbst einzunicken fürchtete. Dann wären sie alle schutzlos gewesen.
    Die Pistole neben sich, saß Molly im weichen Lampenschein auf einem Sessel und lauschte dem rhythmischen
Atem der schlafenden Kinder und dem gelegentlichen Schnarchen der Hunde. Zum ersten Mal, seit sie von zu Hause aufgebrochen waren, hatte sie Zeit und Ruhe, darüber nachzugrübeln, ob sie die merkwürdigen Dinge, die sie erlebt hatte, auch richtig interpretierte. Noch immer wartete an den Grenzen ihres Bewusstseins eine Erkenntnis, die sie nicht zu fassen bekam.
    Als Beschützerin hatte sie sich bezeichnet. Das war ein einfaches, aber gewichtiges Wort, und es war genau das richtige Wort gewesen, um den Alien im Tresorraum in die Schranken zu weisen.
    Ein paar Minuten vor drei Uhr morgens hörte der Regen auf.
    Molly ging zu einem Fenster, um die Jalousie zu öffnen, kehrte jedoch zu ihrem Sessel zurück, ohne es zu tun. Sie hatte Angst, eine Pilzkolonie könnte an der Scheibe kleben, mit menschlichen Gesichtern, die lautlos schrien, eingebettet in die runden Wucherungen des fremdartigen Gewächses.

64
    Der Tag brach an, und die aufgehende Sonne war von all ihren Fesseln aus Regen und Nebel befreit. Festlich stieg sie in den tiefblauen Himmel, bemalte den Osten mit flammendem Rot und vergoldete die Fenster der Häuser von Black Lake.
    Molly, Neil, die Kinder und die Hunde traten aus dem kühlen Marmorsaal der Bank in den warmen Morgen. Berauscht standen sie eine Weile da, die Gesichter zum Himmel gewandt, die Münder offen, als wollten sie das Sonnenlicht trinken.
    Ganze sechsunddreißig Stunden war es her, dass Molly die Sonne zum letzten Mal gesehen hatte, doch sie fühlte sich, als wäre ein halbes Leben vergangen, seit sie diese köstliche Wärme auf dem Gesicht genossen hatte.
    Ein kleiner Junge bemerkte als Erster, dass alles wieder so war wie früher. »He, schaut nur, das ganze müfflige Ekelzeug ist fort!«
    Tatsächlich war das schwärzliche Moos, das die Bäume erstickt hatte, vom Regen heruntergewaschen worden. Offenbar hatte es sich einfach aufgelöst und war in die Gullys gespült worden.
    Auch die gespenstischen Pilzkolonien, ob wurzelnd oder wandelnd, waren verschwunden. Was geblieben war, war gut und richtig: nasses Gras, tropfende Büsche und Bäume, schlammige Blumenbeete.
    Über die Dächer huschten keine affenähnlichen Gestalten, auf den Bäumen kroch nichts, was rote Finger und Krallen hatte.

    Molly hatte fast das Gefühl, alles nur geträumt zu haben – oder jetzt zu träumen.
    Die Erde war von einer außerirdischen Spezies angegriffen
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