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Todespakt

Todespakt

Titel: Todespakt
Autoren: Michael Hübner
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»Wenn ich mir den ganzen Zirkus hier betrachte, schließe ich daraus, dass es nicht das Einzige ist, was der Arzt festgestellt hat.«
    »So könnte man es ausdrücken«, pflichtete Kolb ihm bei.
    »Und werden Sie uns auch mitteilen, was Ihnen offensichtlich solche Sorgen bereitet?«
    »Wissen Sie«, begann Kolb verhalten, »ehrlich gesagt tue ich mich schwer damit, da ich es selbst kaum glauben kann. Denn das Opfer ist an einer Krankheit gestorben, die in dieser Gegend zuletzt vor mehr als dreihundert Jahren aufgetreten ist.«
    Chris' Augenbrauen senkten sich, während er Kolb fordernd betrachtete und ihm dadurch zu verstehen gab, dass er konkreter werden sollte.
    Kolb stieß einen tiefen Seufzer aus, in der Erwartung, dass ihn alle für verrückt erklären würden. »Es ist einwandfrei erwiesen, dass der Tote an der Pest gestorben ist.«
    Die Augen der drei waren argwöhnisch auf Kolb gerichtet. »An der Pest?«, wiederholte Chris.
    Kolb nickte. »Genauer gesagt an der Beulenpest.«
    »Und das ist sicher?«
    »Der Schnelltest hat eindeutig den Erreger Yersinia Pestis nachgewiesen.«
    »Und wie ist das möglich? Ich meine …«
    »Wir haben zwar noch keine Erklärung dafür«, sagte Kolb, »aber es ist keineswegs so, dass diese Krankheit ausgerottet ist. Das Bakterium kommt auch heute noch in wildlebenden Nagetierpopulationen in Asien, Afrika, dem Kaukasus und im Südwesten der USA vor. Jedoch sind keine solchen Populationen in Europa bekannt.«
    »Wie wird die Krankheit normalerweise auf den Menschen übertragen?«
    »Durch eine sogenannte Zoonose.«
    Chris seufzte. »Bitte etwas allgemeiner.«
    »Durch Wirtstiere, zum Beispiel dem Rattenfloh«, erläuterte Kolb. »Jedoch schließen wir in diesem Fall eine natürliche Übertragung aus.«
    »Und weshalb?«
    »Obwohl der Körper einen ziemlich verwahrlosten Eindruck macht, ergab eine erste oberflächliche Untersuchung des Leichnams keinerlei derartigen Parasitenbefall. Wir haben jedoch massive Anwendungen von Gewalt festgestellt.«
    »Inwiefern?«, fragte Chris.
    »Dem Mann wurden die Augen ausgebrannt.«
    Es dauerte einige Sekunden, bis diese Information ein wenig von ihrem Schrecken verlor und Chris wieder zu Wort kommen ließ. »Was wissen Sie über den Toten?«
    »Bis jetzt so gut wie nichts. Er war mit einer Art Mönchskutte bekleidet. Keinerlei Ausweispapiere. Schätzungsweise zwischen dreißig und vierzig Jahre alt. Es ist nicht einmal ersichtlich, wie er in die Kapelle gekommen ist. Wie uns der Stadtführer sagte, ist sie normalerweise nicht zugänglich.«
    »Wer verwaltet die Kapelle?«
    »Die Kirchengemeinde der Stadt. Es werden nur zu bestimmten Anlässen Gottesdienste und Andachten darin abgehalten. Auffällig ist in diesem Fall jedoch ihre Entstehungsgeschichte. Das Gebäude wurde vor etwa dreihundertfünfzig Jahren errichtet, zur Zeit des Schwarzen Todes, und wird von den Anwohnern als Pestkapelle bezeichnet. In Anbetracht der Umstände hat es fast den Anschein, als wäre der Mann direkt dem Mittelalter entsprungen.«
    Na großartig, ging es Chris durch den Kopf. Die Zeitungen würden sich darauf stürzen. »Ich denke, diese Möglichkeit können wir sicher ausschließen«, erwiderte er mit Nachdruck.
    »Ich wollte damit nur deutlich machen, wie merkwürdig diese Geschichte ist«, konterte Kolb.
    »Umso wichtiger ist es, dass unser Spurensicherungsteam sich vor Ort umsehen kann.«
    Kolb nickte missbilligend. »Ja, das sehe ich ein. Allerdings nur unter gewissen Voraussetzungen.« Er führte die Kuppen beider Zeigefinger zusammen. »Erstens, Ihre Männer tragen spezielle Schutzanzüge. Zweitens«, er wechselte zum Mittelfinger über, »Sie können unter Beobachtung Fotos machen und spurentechnische Untersuchungen durchführen, aber es werden keine Gegenstände vom Tatort konfisziert, bevor sie nicht durch unsere Behörde freigegeben wurden. Und drittens«, nun war der Ringfinger dran, »müssen Ihre Leute sich medizinisch präventiver Maßnahmen unterziehen. In diesem Fall wäre das eine vorsorgliche Behandlung mit bestimmten Antibiotika, über einen Zeitraum von sieben Tagen.«
    Chris nickte zustimmend.
    »Also schön, wie viele Ihrer Leute benötigen Sie?«
    Erneut ließ Chris seinen Blick über das abgesperrte Areal gleiten. »Unter diesen Umständen sollten zwei Leute ausreichen.«
    »Gut, ich werde sofort alles Nötige veranlassen.«
    »Wohin haben Sie den Leichnam gebracht?«
    »Ins Bundeswehrzentralkrankenhaus. Die sind dort als Einzige mit einem
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