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Achtung: Die "Monsters" kommen!

Achtung: Die "Monsters" kommen!

Titel: Achtung: Die "Monsters" kommen!
Autoren: Stefan Wolf
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1. Und doch noch ein Überfall
     
    Tim rechnete mit dem Schlimmsten, sogar
mit Wegelagerern. Klößchen fühlte sich gar nicht wohl, denn die 665,90 DM in
seiner regendichten Trekkingjacke schienen Zentner zu wiegen obwohl es sich um
Papiergeld handelte, abgesehen von neun Groschen.
    Das Geld gehörte ihnen nicht. Es war
der Erlös aus einem Wohltätigkeitsbazar, den die drei 9. Klassen der
Internatsschule anläßlich des Frühlingsfestes veranstaltet hatten. Das Geld
sollte nun auf ein Spendenkonto eingezahlt werden beim Bankhaus GREDIT. Fast
666 DM kamen hungernden Kindern in Afrika zugute. Zwar nur ein Tropfen auf den
heißen Stein, doch immerhin.
    Es war ein Märztag mit grauen Wolken
über der Großstadt und der Aussicht auf Nieselregen. An den Sträuchern zeigten
sich erste Knospen, und die Vögel bauten Nester.
    „Wenn wir beim Bankhaus sind, atme ich
auf“, keuchte Klößchen. Sein Drahtesel war von oben bis unten dreckig und das
hintere Schutzblech verbogen. „Ist schon eine enorme Verantwortung, die man uns
da aufgehalst hat. Ich denke immer, meine Jacke sei durchsichtig und jeder
Ganove hier könnte sehen, daß ich dicke Kohle bei mir habe. Willi, der
Geldtransporter! Das zehrt an den Nerven.“
    „Ich passe schon auf.“
    Tim, den man früher Tarzan genannt hat,
äugte scharf in das Gewimmel der Fußgängerzone, die sie soeben erreichten.
    Früher Nachmittag.
    Die ganze Stadt schien auf den Beinen
zu sein, als gäbe es Sonderpreise für Herumlungern und Bummeln.
    „Jetzt kommt der gefährlichste Teil“,
unkte Klößchen. „Wir müssen absitzen und die Räder schieben. Aber es sind noch
400 Meter bis zum Bankhaus. Ob wir Polizeischutz anfordern?“
    „Sollen wir uns lächerlich machen?“
lachte Tim. „Deine Jacke ist nicht durchsichtig. Niemand vermutet dieses
Vermögen bei dir. Sieht man mal ab von deinem außerordentlichen
Ernährungszustand, machst du ganz den Eindruck eines armen
Taschengeldempfängers, bei dem nichts zu holen ist.“
    „So? Ich dachte immer, man merkt mir
an, daß ich als Baby einen goldenen Schnuller hatte.“
    „Halt dich dicht neben mir. Von keinem
ansprechen lassen.“ Sie schoben los. Kaufhäuser saugten Menschenmassen an.
Gruppen bildeten sich um die Straßenmusikanten. Studenten der Musikakademie
verdienten sich hier ein Zubrot — für Diskobesuch und schrille Klamotten. Die
Studenten geigten klassische Musik und wurden sehr gestört von einem
südamerikanischen Flötentrio, das ganz in der Nähe konzertierte.
    Tims Blicke wieselten nach allen
Seiten.
    Jeder, der zu nahe kam, wurde eingeschätzt
und im Auge behalten.
    Klößchen schob seine Tretmühle mit
links und preßte die andere Hand auf die Jackentasche.
    So erreichten sie das Bankhaus GREDIT
ohne erwähnenswerte Vorkommnisse. Kein Überfall, keine Rempelei, kein
versuchter Taschendiebstahl, null Wegelagerer.
    Klößchen atmete auf, wie er’s
versprochen hatte, und wischte sich über die Stirn.
    „Jetzt übergebe ich an dich“, stöhnte
er. „Ich bleibe hier und bewache die Räder.“
    Tim ließ sich den dicken, großen
Briefumschlag aushändigen.
    „Willst du nachzählen?“ fragte
Klößchen.
    „Nun hör aber auf! Daß du während der
Herfahrt nichts für dich abgezweigt hast, davon kann ich wohl ausgehen.“
    „Kannst du. Vertrauen gegen Vertrauen.
Außerdem ist es in meinen Augen das mindestens drittschlimmste Verbrechen, wenn
man hungernde Kinder bestiehlt — noch dazu afrikanische.“
    „Bin gleich wieder da“, sagte Tim —
wobei er sich allerdings irrte.
    Mit dem geldgefüllten Briefumschlag
trat er durch das Glasportal in den Vorraum der Bank, wo ihn frontal eine
Marmorwand anlächelte.
    In goldenen Lettern ( Buchstaben )
stand dort, daß es sich um das Bankhaus GREDIT handelte — gegründet 1811 von
Gotthelf Geldlieb Gredit, dem großen Bankier.
    Links war auch nur Wand. Aber rechts
konnte man eine Tür aus schußfestem Panzerglas öffnen.
    Tim trat in die Schalterhalle der Bank.
    Hier herrschte andächtige
Kirchenstille. Den Lärm der Fußgängerzone hatte man ausgesperrt. Drei
Bankangestellte dösten halblaut an ihren Schreibtischen.
    Die Kassiererin in ihrer
Panzerglaskassenbox raschelte mit Geldscheinen, was dem Ohr beinahe wehtat.
    Eine einzige Kundin war anwesend. Sie
wurde noch nicht bedient, stand an Schalter zwei und füllte ein Formular aus.
    Tim trat zur Kassenbox.
    „Guten Tag! Ich möchte auf das
Spendenkonto Hungernde Kinder in Brundafivabene einzahlen. Gibt’s
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