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Todespakt

Todespakt

Titel: Todespakt
Autoren: Michael Hübner
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»Und wenn du dieses verdammte Ding nicht endlich wegsteckst, dann schmeiß ich es in den Stadtbrunnen!« Das zornige Gesicht des Mannes ließ erkennen, dass er diesen Ort für angemessen hielt, um der gesamten Handyindustrie die Pest an den Hals zu wünschen.
    Während die Gruppe hinter ihm einen Moment durch diese Auseinandersetzung abgelenkt war, begutachtete der Stadtführer im Schein seiner Laterne den Vogel genauer. Es war kein ausgestopftes Exemplar, was das Blut bewies, welches Teile des schwarzen Gefieders bedeckte. Es entsprang einer Stelle am Halsbereich, an der ein eiserner Stift herausragte, mit dem das Tier gegen die Tür genagelt worden war.
    Wer tut so etwas? , dachte er bei dem Anblick, der in ihm sogleich den Verdacht widerlegte, dass es sich hierbei nur um einen makaberen Streich seiner Vereinskameraden von der Gesellschaft für Geschichte und Heimatkunde handelte. Sein Blick glitt nach unten, wo eine schmale Schriftrolle an den Krallen des Tieres befestigt war. Er lehnte die Stabwaffe gegen die Fassade der Kapelle und rollte mit der freien Hand das Schriftstück auseinander. Im Schein seiner Laterne offenbarten sich in blutroter Schrift folgende Zeilen:
     
    Nur vier Wände
ewig Nacht.
Welch ein Fluch
mich hergebracht.
     
    Der Stadtführer starrte einige Sekunden auf die Zeilen, ohne sich einen Reim darauf machen zu können, als er plötzlich zusammenfuhr.
    Im Inneren der Kapelle ertönte ein Schrei.
    Augenblicklich wich er zurück. Das steife Papier rollte sich zusammen, als wollte es seine merkwürdige Botschaft beschützen.
    Ein Poltern erklang. Dann ein weiterer Schrei.
    »Hilfe!«, drang es gedämpft durch die Mauern nach draußen. »Hört mich jemand?«
    »Tun Sie doch was«, rief eine besorgte Teilnehmerin dem Stadtführer entgegen.
    »Ich … ich kann mir das ehrlich gesagt nicht erklären«, erwiderte der, völlig perplex. »Die Tür der Kapelle ist normalerweise verschlossen. Niemand hat dort Zutritt.«
    »Kommt schon«, stöhnte der Junge mit dem Handy genervt. »Das ist doch alles nur Show.«
    Der Stadtführer wandte sich der Gruppe zu. »Ich versichere ihnen, dies ist nicht Teil der …«
    Die Tür der Kapelle wurde aufgestoßen, und eine Gestalt taumelte daraus hervor. Sie trug ein altertümliches Gewand, dessen breite Kapuze das Gesicht in Schatten hüllte.
    »Wo … wo bin ich?«, fragte eine männliche Stimme.
    »Im einundzwanzigsten Jahrhundert«, spottete der Junge mit dem Handy, worauf er einen weiteren Klaps von seinem Vater bekam.
    »Wie kommen Sie in diese Kapelle?«, fragte der Stadtführer.
    »Helfen Sie mir«, flehte der Mann ungeachtet der Frage und taumelte in die Richtung, aus der er die Stimme vermutete. Als er den Stadtführer erreicht hatte, krallte er sich mit letzter Kraft an ihm fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Ich habe ihn gesehen!«
    »Beruhigen Sie sich«, redete der Stadtführer auf den Mann ein. Er fing ihn auf, als er zu stürzen drohte, wodurch ihm die Kapuze vom Kopf rutschte und das bleiche Antlitz eines Mannes im mittleren Alter offenbarte. Seine dunklen Haare standen filzig von seinem Kopf ab, und die Augen waren von einer fransigen Stoffbinde bedeckt, die straff um seinen Kopf gebunden war. Dicke Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, und er schien starke Schmerzen zu haben. Durch den dünnen Stoff des Umhangs hindurch war zu spüren, dass der Mann total überhitzt war. »Mein Gott, Sie glühen ja. Was ist mit Ihnen passiert?«
    »Ich habe ihn gesehen«, wiederholte der Mann zitternd. Er schien sich in einer Art Fieberwahn zu befinden.
    »So hilf mir doch jemand«, wandte sich der Stadtführer verzweifelt an die Teilnehmer, die das Ganze noch immer für eine Inszenierung hielten. Einige schossen weiterhin Fotos oder filmten das Geschehen mit ihren Kameras. »Ruf doch jemand einen Arzt!«
    Der Mann sank auf die Knie und der Umhang verrutschte. Dadurch wurde der Blick frei auf einige blutunterlaufene Geschwüre am Hals des Mannes, die in etwa die Größe von Eiern hatten.
    Der Stadtführer wich augenblicklich zurück. »Großer Gott«, stammelte er. »Das kann nicht sein!«
    »Das war er«, sagte der Mann mit leichtem Akzent. »Ich habe ihn gesehen!«
    »Wen?«, fragte der Stadtführer. »Wen haben Sie gesehen?«
    Der Mann zog sich mit letzter Kraft die Augenbinde vom Kopf. Die Blitzlichter der Kameras erloschen auf der Stelle, und dem Jungen glitt vor Schock das Handy aus der Hand.
    Die Laterne des Stadtführers fiel zu Boden und
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