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Todeskommando Solar

Todeskommando Solar

Titel: Todeskommando Solar
Autoren: Kurt Mahr
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Haupteingang, der vom Kommandoraum in der Spitze bis hinunter zum Triebwerk führte, stellte gleichzeitig die Achse des Schiffes dar. In regelmäßigen Abständen von jeweils fünf Metern führten vom Hauptgang aus sternförmig vier Gänge zur Peripherie des Schiffes. Während der Beschleunigungsperioden, in denen sich das Heck des Schiffes mit dem Begriff „unten“ identifizierte, lagen die Sternverzweigungen etagenförmig übereinander. Jetzt jedoch, im Zustand der Schwerelosigkeit, vermochte Keefauver nur noch ein zeitliches Nacheinander festzulegen, da sämtliche Richtungsbegriffe außer denen, die der Mensch auf sich selbst bezog, wesenlos geworden waren.
    Keefauver schwebte vorsichtig den Gang entlang; die Waffe hatte er entsichert, so daß er jederzeit aktionsbereit war. Die Mannschaftsräume lagen von dem Kommandostand etwa fünfzig Meter entfernt – getrennt von ihm durch Lagerräume, die mit Ersatzteilen und wissenschaftlichem Material angefüllt waren. Im Schein der grellen, weißblauen Beleuchtung erkannte Keefauver deutlich, daß der Gang bis zu seinem Ende, wo er an das Triebwerk anschloß, leer war. Auf eine beängstigende Art schien das Schiff ausgestorben zu sein. Keefauver spürte, wie das Gefühl drohender Gefahr ihm kalt den Nacken hinaufkroch.
    Mit einigen kraftvollen Stößen erreichte er die Verzweigung, die die letzte Etage Lagerräume von dem Mannschaftslogis trennte. An der Kante eines Seitenganges bremste er seinen Flug ab und schaute in die Gänge hinein. Soweit das Licht des Hauptganges reichte, waren sie leer; dahinter gähnte schwarze, undurchdringliche, geheimnisvolle Finsternis. Keefauver strengte seine Ohren an, aber er hörte nichts.
    Bis auf das Surren eines Schotts und das Knallen genagelter Schritte, das aus dem Hauptgang von weiter vorne zu ihm herdrang. Keefauver sah einen menschlichen Körper auf sich zuschießen; instinktiv ließ er die Gangkante los, an der er sich festgeklammert hatte, um den Aufprall abzuschwächen. Der Fremde traf ihn mit voller Wucht, und dadurch, daß Keefauver sich losgelassen hatte, wirbelten sie nach dem Zusammenstoß beide in grotesken Drehungen in den Gang hinein, auf den Kommandostand zu.
    Keefauvers Reaktionszeit war erstaunlich kurz. An der nächsten Verzweigung bremste er den Flug ab. Mit der Linken hielt er sich an der Gangkante, mit der Rechten griff er nach dem Mann, mit dem er zusammengestoßen war, und zog ihn zu sich heran. Er hielt ihn so, daß er ihm ins Gesicht sehen konnte, und preßte ihm den Lauf der Waffe gegen den Leib.
    „Was soll das?“
    Der Mann war klein, drahtig und schwarzhaarig; er keuchte vor Anstrengung, aber sein Grinsen war auf eine jungenhafte Art fröhlich und frisch.
    „Sehen Sie in den Gang hinein, Captain!“ forderte er Keefauver auf.
    Keefauver schob den Kopf um die Gangbiegung und schaute in den Hauptgang zurück. Mitten in der nächsten Verzweigung – dort also, wo sie beide zusammengestoßen waren – schwebten acht Männer. Sie hatten sich mit Dingen bewaffnet, die ursprünglich zu anderen Zwecken bestimmt waren als zu einem Überfall: Stuhlbeinen, aufgespaltenen Schranktüren und einem netzähnlichen Gebilde, das sie aus zerschnittenen Tüchern geknüpft hatten. Einer von ihnen erkannte Keefauver und schrie wild: „Dort!“
    Die anderen fuhren herum, starrten einen Augenblick böse zu Keefauver herüber und stießen sich dann in seine Richtung ab. Die zum Schlag erhobenen Stuhlbeine ließen keinen Zweifel darüber zu, was sie im Sinn hatten.
    Keefauver hob die Waffe und schoß. Die Entfernung zwischen ihm und den Männern war zu gering, als daß es einen Fehlschuß hätte geben können.
    Keefauver wandte sich schüttelnd ab, als alles vorbei war. Der Mann hinter ihm war blaß geworden.
    „Das war’s also?“ fragte Keefauver. „Sie hatten die vier Seitengänge der nächsten Verzweigung besetzt und wollten von hinten über mich herfallen, nachdem ich diese Verzweigung überschritten hatte, nicht wahr?“
    Der andere nickte.
    „Und was hat Sie dazu veranlaßt, mir zur Hilfe zu kommen?“
    Der kleine, schwarzhaarige Mann zuckte mit den Schultern.
    „Eigentlich weiß ich es selbst nicht genau“, gab er zu, und ein kleines Lächeln stahl sich zum erstenmal wieder auf sein Gesicht. „Vielleicht, daß ich grundsätzlich derselben Meinung bin wie Sie, Sir, nämlich, daß wir alle zusammenhalten müssen, wenn wir aus unserem Flug das Beste machen wollen. Vielleicht hatte ich auch etwas gegen die
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