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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger
Autoren: David Moody
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es der Schock, Fassungslosigkeit oder Trauer? Ellis betrachtet das Zentrum der Explosion in der Ferne, dann dreht sie sich um und sieht mich mit ihren braunen Augen unverwandt an. Ich will mit ihr reden, bringe aber kein Wort heraus. Meine Kehle ist trocken und brennt. Meine Lunge fühlt sich an, als wäre sie voller Rauch. Hat auch sie einen Schock? Zum ersten Mal, seit ich sie gefunden habe, ist sie still und ruhig.
    »Wir warten hier, bis es sicher ist«, sage ich zu ihr mit einer Stimme, die nicht wie meine klingt. »Dann suchen wir ein besseres Versteck, okay?«
    Sie sieht mich an, reagiert aber nicht. Dann betrachtet sie die zerbrochene Windschutzscheibe.
    »Schnee«, sagt sie, das erste richtige Wort, das ich meine Tochter seit Monaten sagen höre.
    »Kein Schnee«, versichere ich ihr und sehe zu, wie ein paar große, graue Klumpen herabschweben und auf dem rissigen Glas landen. »Das ist Asche. Schmutzig. Gift. Macht einen krank.«
    Sie lässt sich in den Sitz zurückfallen, und da sehe ich
hinter ihr wieder die Pilzwolke. Selbst nach allem, was passiert ist, ist sie ein beängstigender und bedrückender Anblick. Das ultimative Symbol für den Hass. Wer hat das getan?
    »Wir suchen uns ein Haus«, versichere ich Ellis, ohne den Blick von der Wolke abzuwenden oder zu wissen, was ich sage und warum. »Dann bleiben wir beide zusammen. Ich weiß, du verstehst nicht, was mit Mami und Edward und Josh geschehen ist, aber eines Tages kann ich es dir begreiflich machen, und dann …«
    Sie springt vom Sitz, wirft sich durch das Innere des Landrovers, landet auf meiner Brust, drückt mich in den Sitz und presst das Gesicht fest gegen das Glas. Ihr Gewicht drückt mich nieder, ich kann mich nicht bewegen. Sie beobachtet etwas, das uns offenbar umkreist. Blitzschnell springt sie auf, klettert über die Lehne auf den Rücksitz, trampelt über die blutigen Leichen der Soldaten. Sie zerrt an einem der Türgriffe und will hinaus.
    »Nicht, Süße«, rufe ich und versuche, den schmerzenden Körper zu drehen und sie wieder nach vorn zu ziehen. Ich bekomme sie zu fassen, doch sie strampelt sich frei. »Du kannst da nicht raus …«
    Sie zwängt sich wieder zwischen den Sitzen hindurch, stößt mich zurück und springt zur Tür. Ich beuge mich hinüber und decke das Schloss ab. Sie rüttelt heftig am Griff und brüllt vor hilfloser Wut.
    »Ellis, nicht …«, flehe ich sie an. »Du musst hier bei mir bleiben. Du kannst nicht …«
    Plötzlich ertönen Gewehrschüsse ganz in der Nähe und unterbrechen mich. Ich drehe mich um blicke zum Fenster auf meiner Seite hinaus und sehe, dass sich Menschen auf der Schnellstraße aufhalten. Hunderte. Es scheinen in
der Mehrzahl unsere Leute zu sein, aber auch Soldaten der Unveränderten befinden sich darunter. Unsere Kämpfer sind in der Überzahl. Sie bringen sie zur Strecke.
    Ellis springt mich erneut an und will an mir vorbei. Ich lege ihr die Arme um die Taille und versuche, sie an mich zu ziehen, aber sie tritt um sich und strampelt sich frei. Ich bin zu müde zur Gegenwehr. Sie stößt mich so fest weg, dass mein Hinterkopf gegen die Scheibe prallt. Durch ihre ständigen, heftigen Bewegungen schwankt der Landrover, kippt und rutscht auf eine Seite.
    »Bitte …«, sage ich und versuche vorsichtig, sie wieder zu ergreifen. Sie weicht vor mir zurück und wuselt davon. Frustriert drückt sie gegen die Windschutzscheibe. Als das zerbrochene Glas sich nach außen wölbt, versucht sie es erneut. Und erneut. Ich will sie aufhalten, habe aber nicht die Energie. Inzwischen bluten ihre Hände, aber sie hämmert dennoch weiter gegen das Glas und denkt nur daran, dass sie hinauswill. Schließlich bricht sie mit einem Ächzen der Anstrengung und Wut durch die Windschutzscheibe und klettert auf die Haube des Landrovers. Ein anderes Autowrack versperrt meine Tür, und so bleibt mir nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Ich krieche über die Motorhaube des Fahrzeugs, deren Metall noch heiß ist, und spüre, wie mir Glasscherben den Bauch zerschneiden. Ich springe auf den Asphalt hinunter, verliere aber den Halt, da es weiter hinuntergeht, als ich gedacht habe. Hastig und schwer atmend stehe ich auf. Die Luft hier draußen ist knochentrocken und übelriechend.
    Ellis läuft davon; ich folge ihr aus dem Schatten des schrottreifen Landrovers ins offene Gelände. Ich blicke in beide Richtungen die Schnellstraße entlang. Eine einzige Schlange stehender Fahrzeuge. Viele unveränderte
Fahrer und deren
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