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Todesgruß vom Gelben Drachen

Todesgruß vom Gelben Drachen

Titel: Todesgruß vom Gelben Drachen
Autoren: Stefan Wolf
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verabscheuen die
Schlitzaugen-Mafia. Die Verbrechen der Triaden richten sich ebenso gegen die
Landsleute wie gegen jeden anderen.“
    Klößchen stieß Gaby an. „Wie lange kann
man eine Torte eigentlich im Karton transportieren, ohne daß die Schokoladenfüllung
ranzig wird?“
    „Hast du Sorgen!“ stöhnte sie. „Zur
Füllung habe ich Sauerlich-Schokolade genommen. Und die hält doch ewig. Oder?“

3. Von den Triaden nur Gerüchte
     
    Als die TKKG-Bande die Altmarkt-Straße
erreichte, lag die Tortenschachtel noch immer auf Gabys Gepäckträger.
    Klößchen war beunruhigt. Während der
Fahrt schlug er vor, die Torte zu schlachten. Für Gaby sei es doch eine
Kleinigkeit, ein neues Backwerk zu schaffen. Aber der Vorschlag wurde
dreistimmig abgelehnt. Seufzend versuchte Klößchen, sich in Geduld zu üben.
    Tim hielt vor dem HONGKONG und blickte
die Straße entlang. Der Nebel kochte. Es sah aus, als drängten die Häuserzeilen
aufeinander zu. Das holprige Kopfsteinpflaster glänzte vor Nässe. Die rote
Leuchtreklame über dem Restaurant konnte das ungastliche Straßenbild nicht
erwärmen.
    Das HONGKONG lag ebenerdig. Zwischen
ihm und dem Nachbar-Haus führte eine überdachte Zufahrt zum Hof. Neben dem
Restaurant-Eingang war die Speisekarte ausgehängt.
    „Von 15 bis 18Uhr geschlossen“, sagte Tim.
„Wir müssen über den Hof.“
    „Was mir an der chinesischen Küche
nicht gefällt“, nörgelte Klößchen, „ist das gestörte Verhältnis zu Süßspeisen.
Besonders zur Schokolade. Aber du, Gaby, bist doch keine Chinesin. Also
könntest du die Torte...“
    „Noch ein Wort“, fuhr Gaby ihn an, „und
dir fliegt der Karton an den Kopf.“
    „Das macht mir nichts aus“, grinste er,
„wenn ich die Krümel essen darf.“
    „Nun hör endlich auf“, sagte Tim. „Wir
haben ein grausiges Verbrechen erlebt. Chinesische Dealer wollen hier die Drogenszene
erobern. Schlitzauge im schwarzen Leder wird gesucht. Vielleicht ist er der
Täter. Dealer ist er bestimmt. Und mich hat er — kaum daß ich von der Polizei
sprach — mit dem Dolch angegriffen. Also ein Triade! Wir haben höchste
Alarmstufe, und du sabbelst von Torte, Torte, Torte!“
    „Wenn ich mich vor Hunger verzehre“,
hielt Klößchen dagegen, „wird das Unglück nicht kleiner, sondern größer. Für
mich jedenfalls. Der Karton weicht schon durch. Aus diesem Scheißnebel nieselt
dauernd der Regen.“
    „Ich werde Lam bitten“, entschied Gaby,
„daß er die Torte in seinem Eisschrank aufbewahrt. Und damit Schluß!“
    Sie folgte Tim, der sein Rad durch die
Einfahrt schob.
    Erst Lam fragen, dachte er, dann rufen
wir im Krankenhaus an und erkundigen uns, wie es der alten Dame geht. Himmel,
das muß man sich vorstellen! Der Eindringling hat sie auf den Kopf geschlagen,
eine 80jährige. Eine alte Dame, die so liebenswürdig aussieht, daß man sie gern
zur Großmutter hätte.
    Tim kannte den Hinterhof. Schon fünfmal
hatte Lam ihn an diesem Platz unterrichtet, hatte ihn eingewiesen in die
Geheimnisse chinesischer Kampfkunst.
    Auf drei Seiten begrenzten die
Rückfronten der Häuser den Hof. Eine Mauer nahm die vierte Seite ein.
    Tim klopfte an die Hintertür, die in
die Küche führte.
    Hinter den Milchglas-Fenstern klapperte
Geschirr. Vier Köche — Chinesen, selbstverständlich — arbeiteten für Lam. Um
diese Zeit wurde vorbereitet, was es am Abend zu essen gab. Lam überwachte
alles. In weniger als zwei Jahren hatte er das HONGKONG zum beliebtesten China-Restaurant
der Großstadt gemacht.
    Lam öffnete. Über sein faltiges Gesicht
huschte ein Lächeln. Es galt jedem der TKKG-Bande.
    „Tag, Lam!“ sagte Tim. „Wir werden Sie
nicht lange stören. Aber wir müssen Sie unbedingt sprechen.“
    Der Chinese nickte. Er war hochgewachsen
und dürr wie Stacheldraht, das eisgraue Haar ziemlich lang. Im Restaurant trug
Lam elegante Anzüge und — ausnahmslos — rote Krawatten. Als Privatmann
erinnerte er sich der alten Gewänder seiner Heimat. Jetzt hüllte er sich in ein
bodenlanges Obergewand aus schwarzer Seide mit roten Tiersymbolen als Aufdruck.
    „Gut, Tim. Kommt rein.“

    Sie folgten ihm durch die Küche, wo
vier Köche grinsten.
    Das Restaurant bestand aus drei Räumen,
die ineinander übergingen, und war ausgestattet wie eine chinesische
Hafen-Spelunke (üble Kneipe ) aus dem vorigen Jahrhundert, aber natürlich
pieksauber. Nur eine Lampe brannte. An den Tisch darunter lud Lam die
TKKG-Bande ein.
    Er fragte, ob sie Tee wollten. Tim
verneinte für
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