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Todesgeil

Todesgeil

Titel: Todesgeil
Autoren: Bryan Smith
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fünfzehn Jahre verbracht hatte, enthielt seitenweise ausführliche Notizen, die Halluzinationen und ausgedehnte, eindeutig wahnhafte Vorstellungen beschrieben, einschließlich Berichte über seine häufigen Rücksprachen mit einem »Geistführer«, den er Lulu nannte.
    Der Mann kannte seine Krankenakte in- und auswendig. Bei seiner Flucht aus der Klapsmühle hatte er sie sich geschnappt, seither trug er sie in seiner Tasche mit sich herum. Es war ziemlich interessanter Lesestoff, wenn er nicht gerade jemanden vergewaltigte oder ausweidete. Obwohl er an keiner Stelle als irrsinnig abgestempelt wurde, war ihm dennoch klar, was seine Ärzte wirklich über ihn dachten. Dr. Freeman zum Beispiel hatte ihn einmal als »verdammten Psychopathen« bezeichnet, als er eine Gruppe von Pflegern angewiesen hatte, ihn aus seinem Büro zu schaffen.
    Nun gut.
    Was sie von ihm hielten, spielte keine Rolle mehr.
    Sie waren alle tot. Zebulon Elias Geddy hatte sie bei seinem Ausbruch aus der Klinik abgeschlachtet, und zwar ohne jede Reue. Lulu sagte, sie verdienten den Tod und das genügte ihm.
    Lulu machte sich auf vielerlei Art nützlich. Ihm zu sagen, wer sterben musste, war nur eine davon. Oft erklärte sie ihm auch, wie er es anstellen sollte, die Leute umzubringen, die sie als böse identifiziert hatte. Heute Abend zum Beispiel. Da hatte sie ihm genauestens vorgegeben, dass eine bestimmte Zielperson einen besonders langsamen und qualvollen Tod verdiente. Zeb tat stets sein Bestes, alles auszuführen, was sie ihm auftrug, auch wenn Lulu manchmal mitten im Töten verstummte und er dann gezwungen war, zu improvisieren.
    »Woooooo-eeeeeee!«
    Blinzelnd schlug Zeb die Augen auf. Circa sieben Meter von der Stelle entfernt, an der er saß, tanzte ein Mann durchs hohe Gras. Er war sehnig, sein schmaler, knochiger Körper eine wirbelnde Masse aus Fleisch, das im Mondschein durchsichtig wirkte. Wie ein Betrunkener torkelte er im Kreis herum. Die erhobenen Arme zu beiden Seiten ausgestreckt, ahmte er die Rotorblätter eines Hubschraubers nach – in diesem Fall anscheinend die Rotorblätter eines schwer beschädigten Hubschraubers, der – außer Kontrolle geraten – in flammenden Spiralen zu Boden ging. Zwischen irren Jauchzern gab der Mann tuckernde Geräusche von sich, Laute, die den Klang eines versagenden Rotors imitieren sollten. Hier im Dunkeln konnte man die Augen zusammenkneifen und sich beinahe vorstellen, er sei ein Kind auf dem Spielplatz, in einem unschuldigen, wenn auch wilden Spiel versunken. Ein paar Dinge allerdings machten diese Illusion zunichte. Seine hageren, ausgemergelten Züge. Die bläulich-graue, von einem Messer stammende Narbe, die sich an seiner linken Wange nach unten zog. Das Gewirr buschiger, zotteliger Haare auf seinem Kopf, mit dem er aussah wie eine Vogelscheuche. Es hätte an die schmuddelige Perücke eines zweitklassigen Clowns erinnert, wäre es nicht so endgültig und abstoßend verdreckt gewesen, wahrscheinlich seit Jahren nicht gewaschen. All dies ließ ihn jedoch lediglich wie einen berufsmäßigen Landstreicher aussehen. Unangenehm, zugegeben, aber sonst nicht weiter auffällig.
    Der Mann hieß – angeblich – Clyde Weatherbottom.
    Zwei weitere Dinge unterschieden Clyde von gewöhnlichen durchgeknallten Pennern: 1. Er war vollkommen nackt. 2. Um die Finger seiner rechten Hand waren zahllose Strähnen einstmals üppigen blonden Haars geschlungen, das nun von geronnenem Blut völlig verklebt war. An den Haaren hing der abgetrennte Kopf einer attraktiven jungen Frau.
    Früher mal attraktiv, dachte Zeb und lächelte. Ihr Körper war auf einem Fleck niedergetretenen Grases direkt vor Zeb an den Boden gepflockt. Gleich zu Beginn der abendlichen Party hatten sie ihr die Kleider ausgezogen. Und obwohl sie eine Menge durchgemacht hatte, war ihr Körper nach wie vor ein Meisterwerk der Natur – von den stolz aufgerichteten üppigen Brüsten über die reizende Rundung ihrer Hüften und den sanft abfallenden flachen und doch weichen Bauch bis hin zu den makellos geformten langen, eleganten Beinen. Zeb nahm an, der zerfetzte, blutige Halsstumpf hätte sie für die meisten Menschen jeder erotischen Anziehungskraft beraubt. Aber er war nicht die meisten Menschen. Für Zeb war dies lediglich ein weiterer Weg, in sie einzudringen.
    Mit anderen Worten: Er hatte den Stumpf gefickt. Das war natürlich keineswegs normal. Selbst ihm war das klar. So etwas taten nur Leute, die sie nicht mehr alle hatten. Und er hatte
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