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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten
Autoren: Stefan Holtkötter
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zählen. Wirklich, es würde mir nichts
ausmachen.«
    Jetzt blieb Wolfgang abrupt stehen. Er wandte sich um.
    Â»Du wirst diesen verfluchten Urlaub nehmen«, stellte
er fest, »und wenn es das Letzte ist, wofür ich sorge.«
    Â»Ich will nur klarstellen, dass ich nicht darauf
bestehe. Ich meine, falls du mich lieber hier einsetzen möchtest.«
    Â»Du hast noch siebzehn Tage Resturlaub vom letzten
Jahr, und dazu kommen wie viele Überstunden? Zweihundert? Wann willst du das
eigentlich alles abfeiern? Ich werde deinen Urlaub bestimmt nicht stornieren.
In der Personalabteilung denken die noch, es liegt an mir, dass du nie frei
hast.«
    Michael holte Luft, aber Wolfgang ließ ihn erst gar nicht
zu Wort kommen. »Du gehst in den Urlaub. Punkt. Und wenn wir zwei Polizistenmorde
und ein in Flammen stehendes Dezernat hätten. Das wäre mir ganz egal.«
    Dann stieß er die Tür zum Besprechungsraum auf und
breitete seine Unterlagen auf dem Pult aus. Michael zögerte. Wahrscheinlich
wäre es das Beste, vorerst Ruhe zu geben.
    Weitere Kollegen tauchten auf dem Flur auf, zogen
grüßend an ihm vorbei und betraten den Raum. Kurz darauf ging die Besprechung
los. Michael setzte sich auf einen Stuhl neben der Tür und beäugte die
Anwesenden. Neben den vertrauten Gesichtern waren da auch die Kollegen, mit
denen die Kommission aufgestockt worden war, darunter ein älterer Mann mit trägem
Blick und Halbglatze, der an einen Religionslehrer erinnerte. Michael kannte
ihn vom Sehen, aber er hatte ihn bislang immer für einen
Verwaltungsangestellten gehalten.
    Dann war da noch Kathrin Herrmann, die ebenfalls zur
Verstärkung geschickt worden war. Die kannte er gut aus der Zeit, in der sie
gemeinsam in einer Kommission gearbeitet hatten. Sein erster Job im gehobenen
Dienst, frisch von der Akademie, und bei Kathrin war das alles andere als ein
leichter Einstieg gewesen. Sie hatte es ihm mit ihrer kühlen und überkorrekten
Art sehr schwer gemacht. Da hatte es keinen Anfängerbonus gegeben, ganz im Gegenteil.
    Es war schon seltsam. Er hätte schwören können, Kathrin
wäre längst Erste Kriminalhauptkommissarin mit eigener Ermittlungsgruppe. Kaum
zu glauben, dass sie nun als Reservekraft herumgereicht wurde.
    Vorne am Pult sah er ein weiteres unbekanntes Gesicht.
Ein Mann Mitte dreißig, der mit einem freundlichen, aber sonderbar konturlosen
Gesicht dahockte und die ganze Truppe beäugte. Vermutlich kam er von einer
anderen Abteilung, oder er gehörte zur Staatsanwaltschaft.
    An den Augenringen der Anwesenden versuchte Michael
abzulesen, wer gestern Nacht am längsten im Einsatz gewesen war. Sein Blick
traf auf Anke, die mit verschränkten Armen am anderen Ende des Raums saß, ihre
Windjacke bis zum Kinn zugezogen hatte und sich hinter ihrer Kaffeetasse
versteckte. Sie sah aus, als würde sie sich am liebsten eine Sonnenbrille aufsetzen.
Aber das war nicht ungewöhnlich, sie sah eigentlich jeden Morgen so aus, ein
echtes Gespräch konnte man vormittags mit ihr kaum führen. Er lächelte ihr zu,
doch sie reagierte kaum darauf.
    Â»Also gut. Kurzer Überblick.« Wolfgang begann zu reden,
ohne von den Unterlagen aufzusehen. »Fangen wir mit dem Toten im Tiergarten an.
Der Notruf ging um zwanzig nach elf im Lagezentrum ein. Der vermeintliche
Auffindungszeuge ist anonym geblieben. Er hat die Notrufsäule im Tiergarten
benutzt. Beim Eintreffen am Ereignisort war er nicht mehr anwesend.
Sicherungsangriff begann etwa eine Viertelstunde später, der Fundort im
Tiergarten wurde weiträumig abgesperrt. Wir haben zweiundzwanzig Männer im Park
aufgegriffen. Aber dazu später mehr. Die Identität des Toten ist bislang
unbekannt. Außer ein bisschen Kleingeld trug er nichts bei sich.« Jetzt sah er
auf und blickte sich suchend um. »Soweit ich weiß, sind von der Leiche
Fingerabdrücke genommen worden?«
    Â»Hat nichts gebracht«, kam es von Anke. »Der Tote ist
nicht im System gespeichert. Keine Vorstrafen.«
    Â»Also gut. Wir haben ein Foto ins Internet gestellt.
Vielleicht kommen wir damit weiter. Morgen wird es in den Zeitungen sein.«
    Â»Was ist denn die genaue Todesursache?«, fragte einer.
    Kathrin Herrmann schaltete sich ein. »Laut Rechtsmedizin
ist die vorläufige Todesursache Schädelbruch. Einwirkung mit stumpfkantiger
Gewalt. Vermutlich Schädelhirntrauma. Die Ärztin
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