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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten
Autoren: Stefan Holtkötter
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machen. Jetzt, wo der Tote vorläufig
identifiziert ist. Na ja, die spannenden Sachen machen eben andere.« Sie beugte
sich über den Schreibtisch und fuhr ihren Computer herunter. »Harald nimmt sich
seinen Mitbewohner vor. Dieser Treczok hat in Schöneberg gewohnt, da werden wir
anfangen.«
    Michael schwieg und sah an ihr vorbei in den grauen
Himmel.
    Â»Interessiert dich das gar nicht?«, fragte sie.
    Â»Weshalb sollte es? Ich bin übermorgen im Urlaub.«
    Â»Ich dachte, du wolltest den unbedingt verschieben?
Vielleicht stehen die Chancen gar nicht so schlecht. Ein Toter im Tiergarten
und ein vermutlich schwulenfeindlicher Hintergrund, das könnte zu einer dicken
Sache werden. Ich dachte, du würdest gerne wissen, was …«
    Â»Es interessiert mich einfach nicht! Das ist doch wohl
okay, oder?«
    Sofort bereute er seine Reaktion. Er war laut
geworden. Doch jetzt war es zu spät, um seine Äußerung rückgängig zu machen.
    Anke hob abwehrend die Hände. »Ist ja schon gut.« Dann
wandte sie sich ab und nahm ihre Autoschlüssel.
    Â»Tut mir leid. Das sind die Kopfschmerzen.«
    Â»Kein Problem. Bis später.«
    Doch sie war sauer, das war offensichtlich. Ohne ein
weiteres Wort steckte sie die Schlüssel ein und verließ das Büro.
    Â 
    Nur wenige Kilometer Luftlinie vom Kommissariat entfernt
saß ein Junge auf seinem Bett und versuchte, die Geschehnisse der vergangenen
Nacht von sich fernzuhalten. Die Vorhänge hatte er zugezogen, es war dämmrig in
seinem Zimmer.
    Dennis hockte auf dem Matratzenrand und lauschte auf
die Geräusche jenseits der Zimmertür. Eine Weile war es still gewesen in der
alten Mietwohnung. Jetzt aber hörte er wieder das Poltern seines Vaters in der
Küche. Die Kühlschranktür donnerte, dann schien eine Flasche auf den
Küchenfliesen zu zerbrechen. Der Vater schimpfte lautstark herum, obwohl keiner
da war, der ihm zuhörte. Dann nahm er sich eine weitere Flasche aus dem
Kühlschrank und ließ sich aufs Küchensofa fallen. Die alten Federn stöhnten,
ein Kronkorken schepperte über den Fußboden, dann wurde es wieder ruhig.
    Dennis wollte noch eine Weile in seinem Zimmer bleiben.
Bald wäre sein Vater zu besoffen, um auf ihn einzuprügeln oder Gegenstände nach
ihm zu werfen. Dann würde er nur noch in der Küche liegen und vor sich hindämmern.
Wie an beinahe jedem Tag. So lange musste er noch warten.
    Er spürte Wut in sich aufsteigen. Irgendwann einmal
würde er es seinem Vater zeigen. Er würde ihm beweisen, dass er ein richtiger
Mann war, der sich nicht alles gefallen ließ, auch nicht von ihm. Er schlug mit
der Faust in die Matratze. Irgendwann würde er es allen zeigen.
    Im nächsten Moment war seine Wut verraucht. Die Bilder
der vergangenen Nacht drängten sich ins Bewusstsein. Er krümmte sich und
drückte sein Gesicht ins Kopfkissen. Wem wollte er jetzt noch was beweisen,
nach allem, was gestern passiert war? Er konnte es nicht ungeschehen machen.
Dabei hatte er das gar nicht gewollt, es war einfach so geschehen, ganz
plötzlich.
    Der Plan war schiefgegangen, und er hatte keine Ahnung,
weshalb. Gestern waren Kevin und Marc dabei gewesen. Sie wollten es wie beim
letzten Mal machen. Da war Kevin vorgegangen und hatte einen der Schwulen im
Park angemacht. So getan, als wollte er was von ihm. Er und Marc waren etwas
entfernt in der Dunkelheit geblieben, zwischen den Büschen, wo sie keiner sehen
konnte. Kevin hatte ihn zu sich gelockt. Und dann hatten sie zugeschlagen.
    Kevin suchte meist nach Kleinen, die sich nicht wehren
konnten. Aber wenn sie zu dritt waren, hatte ohnehin kaum einer eine Chance
gegen sie. Sie nahmen ihnen das Geld ab, und wenn sie keines bei sich trugen,
dann traten sie einfach so zu.
    Gestern wollten sie es genauso machen. Dieses Mal
sollte er, Dennis, vorangehen. Er sollte einen anlocken und zu den anderen
führen. Doch irgendwas war schiefgegangen. Er hatte sich auf den dunklen Wegen
verirrt, Kevin und Marc waren plötzlich weg, er konnte sie nirgends mehr
finden. Dennis hatte Angst bekommen. Die verschlungenen Pfade, der dunkle Park.
Er wollte da nur noch raus. Plötzlich hatte dieser Typ vor ihm gestanden, war
scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht. Er hatte ihn angemacht, ganz schamlos.
Dennis konnte daraufhin keinen klaren Gedanken mehr fassen, und im nächsten
Moment war es auch schon passiert.
    In der Küche rumorte
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