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Todesfrauen

Todesfrauen

Titel: Todesfrauen
Autoren: Jan Beinßen
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ihr in blinder Euphorie unterlaufen war, und erzählte Sina in aller Ausführlichkeit vom unerwarteten und gleichwohl vielversprechenden Besuch des Taxifahrers.
    Sina hörte sich die ganze Geschichte geduldig und ohne Zwischenfragen an und stieß einen Pfiff aus. »Wow!«, äußerte sie spontan. »Das klingt wirklich nach einem lohnenden Geschäft. Würde ein schönes Sümmchen in unsere klammen Kassen spülen. – Die Sache hat nur leider einige Haken.«
    »Und die wären?«, fragte Gabriele und klang barscher, als sie wollte.
    »Haken Nummer eins: Wie es aussieht, müssen wir nach Jugoslawien reisen, um an die Bilder zu gelangen. Und ich habe ja schon gesagt, dass …«
    »… dass frau ihr Ć evap č i ć i lieber in Deutschland essen soll«, vollendete Gabriele den Satz. »Und der zweite Haken?«
    »Der zweite, dritte und vierte Haken ist derjenige, dass die ganze Angelegenheit völlig illegal ist, von Anfang bis Ende kriminell!«
    Gabriele schluckte diesen Vorwurf wacker herunter und sagte mit gezügelter Ungeduld: »Das ist Auslegungssache. Es mag sein, dass sich während der Odyssee, die diese hochwertigen und schützenswerten Exponate der Kunstgeschichte überstehen mussten, andere die Hände schmutzig gemacht haben. Wir aber tun das nicht! Wir sind lediglich Händler, die die Vorgeschichte nicht unbedingt kennen müssen.«
    »Aber, Gabi!« Hatte Sina bis eben noch eine Prise Humor in der Stimme gehabt, fehlte dieser nun völlig. »Du willst mit Verbrechern ins Geschäft kommen, womöglich sogar mit Kriegsverbrechern? Das ist absolut unredlich, ja, schändlich! Das ist kein großer Unterschied zu dem, was ich dir vorhin in Bezug auf den Gekreuzigten unterstellen wollte. Und komm mir ja nicht mit dem hehren Ziel, die Bilder uneigennützig retten und einem Museum übergeben zu wollen!«
    Gabriele sah ihre Chance und griff diesen Gedanken auf: »Warum denn nicht? Ausschließen möchte ich diese Möglichkeit keinesfalls. Ein Museum könnte sogar ein sehr guter Abnehmer sein. Gegen eine gewisse Vermittlungsentschädigung, versteht sich.«
    »Du bist und bleibst unmöglich«, meinte Sina und biss kräftig in einen Erdnusskeks. Sie brauchte eine Weile, bis sie bereit dafür war, eine weitere Frage an ihre ausgefuchste Freundin zu richten: »Was genau sind das für Bilder? Wenn sie so viel Geld einbringen sollen, wie du angedeutet hast, müssen ja bekannte Namen darunter sein.«
    Gabriele schmunzelte zufrieden. Nun hatte Sina also doch angebissen. Jetzt galt es, die Angel anzuziehen und ihr Opfer nicht mehr vom Haken zu lassen.

3
     
    Sie entschied sich für eine Baumwollbluse und einen marineblauen mittellangen Rock. Bluse und Rock saßen weit genug, um ihre Taille zu verbergen, die sie für unerträglich dick hielt. Eine ungewöhnlich lange Zeit verbrachte sie vor dem Spiegel. Denn sie wollte demjenigen gefallen, der sie heute Abend zum Essen ausführen würde.
    Er war ein Bekannter, dem sie vor einem Jahr das erste Mal begegnet war und der sich seither als hartnäckiger, jedoch niemals aufdringlicher Verehrer erwiesen hatte. Ihr erstes Zusammentreffen, eine polizeiliche Ermittlung, hatte noch unter keinen guten Vorzeichen gestanden. Doch die Sache von damals, die Affäre um die Nürnberger Hotelakademie, die als bürgerliche Fassade für eine groß angelegte Goldschieberei diente, war ausgestanden und ohne negative Folgen für sie geblieben.
    »Ich muss noch einmal sagen, dass Sie heute Abend großartig aussehen!« Eduard Diehl, Chef der Nürnberger Kriminalpolizei, war Mitte 50. Er war mittelgroß, kräftig gebaut, hatte grau durchsetztes Haar und einen dicht gewachsenen Vollbart. Buschige Augenbrauen spannten sich über zwei dunkle, intelligent blitzende Augen. Er strahlte Gutmütigkeit aus, wirkte gleichzeitig aber auch entscheidungsfreudig und von einem großen Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen geprägt.
    »Ach, hören Sie auf«, tat Gabriele sein Kompliment ab. Sie spürte, wie sie rot anlief. Sie hatte einfach nur versucht, das Beste aus sich zu machen, ihre eher dünnen Lippen voller wirken lassen und die Rundlichkeit ihrer Wangen mit Puder überspielt. Sie wusste, dass sie nicht hässlich war. Ihre großen Augen hatten eine schöne smaragdgrüne Farbe und ihr naturgelocktes Haar kam heute, da sie es mal nicht streng zurückgesteckt hatte, besonders vorteilhaft zur Geltung. Wenn sie nur ein paar Pfunde an Taille und Hüfte verlieren würde, wäre sie schon eher geneigt, Diehls Komplimenten
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