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Todesfracht im Jaguar

Todesfracht im Jaguar

Titel: Todesfracht im Jaguar
Autoren: Stefan Wolf
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Woche.“
    „Jetzt begreife ich“, rief sie,
„weshalb du einmal in der Woche blond bist — und an den übrigen Tagen so
grau-braun-schmuddel-fahl.“
    Karl lachte. Klößchen kratzte
sich am Hinterkopf. Offenbar wollte er die Tagesfarbe prüfen.
    Tim äugte zur Straße, wo ein
roter Alfa im Schrittempo vorbei rollte. Zwei Typen saßen drin und blickten
herüber. Der Fahrer hatte ein braunes Geier-Gesicht und dunkle Schmalzlocken.
Im Hemdkragen plusterte sich ein weißer Seidenschal auf.
    Der Beifahrer hatte sich
vorgebeugt, um besser sehen zu können. Sein Gesicht erinnerte an einen
ausgedienten Box-Europameister im Halbschwergewicht.
    „Die glotzen ja so“, meinte
Karl. „Meinen die uns?“
    „Pst!“ zischte Gaby.
    Der Wagen rollte weiter. Die
Hausecke schnitt den Blick ab.
    „Wieso pst?“ fragte Tim.
    „Das ist mir so rausgerutscht.
Die kenne ich nämlich. Mein Papi hat sie mir mal gezeigt, als wir im
Königs-Cafe saßen. Die beiden waren gegenüber in der Juppidu-Bar — das heißt,
sie standen mit ihren Drinks (Getränken) vor dem Eingang, weil da an
heißen Tagen auch draußen ein Ausschank ist, standen da also und benahmen sich
wie die Proleten.“
    „So was ist kein Einzelfall“,
meinte Tim. „Gutes Benehmen wird rar.“
    „Der mit den
Frisier-Creme-Locken heißt Franco Leppich“, teilte Gaby mit, „der andere Ludwig
Frese. Sind sozusagen Schwerkriminelle.“
    „Übergewichtig?“ fragte
Klößchen. „Die sahen doch schlank aus.“
    „Ihre Vorstrafen-Akte ist
keineswegs schlank“, sagte Gaby. „Die sind so kriminell, daß sie sich nicht mal
spezialisiert haben wie andere Verbrecher. Da gibt’s die Diebe, die Räuber, die
Einbrecher, die Erpresser — aber Leppich und Frese machen einfach alles, was
verboten ist und Geld abwirft.“
    „Betrüger!“ sagte Klößchen.
    „Was?“
    „Betrüger sind auch
Spezialisten. Sozusagen verbrecherische Facharbeiter.“
    „Kennen sie dich persönlich?“
fragte Tim seine Freundin. „Nein. Wieso?“
    „Weil sie so glotzten?“
    „Ich glaube“, sagte Karl, „das
galt nicht uns, sondern der Villa. Für uns hatten sie nur ein Drittel Auge, die
andern fünf Drittel waren auf die Isolde gerichtet.“
    „Welche Isolde?“ fragte
Klößchen.
    „Hast du nicht den verblichenen
Schriftzug gesehen — vorn am Haus. Villa Isolde.“
    „Komisch, daß Häuser immer nach
Frauen benannt werden“, überlegte Klößchen. „Ich habe noch nie eine Villa Egon
gesehen, oder Otto, Karlfried, Theodor...“
    „Wenn die Typen soviel
Interesse rauslassen“, schnitt ihm Tim das Wort ab, „hat das doch einen Grund.
Wie ist es, Pfote: Plündern die auch leerstehende Häuser aus?“
    Er wandte sich zur Eingangstür
und drückte auf die Klinke. Sie war so lang wie ein Tennisschlägerschaft. Er
rüttelte an der Tür. Sie gab nicht nach.
    „Von meinem Papi weiß ich“,
sagte Gaby, „daß Leppich und Frese als Falschspieler betrügen, Wagen stehlen
und nach dem Umspritzen weiterverkaufen und vielleicht auch zur Rauschgiftszene
gehören. Womit sie sonst noch ihr Kerbholz schmücken, ist nicht polizeibekannt.“
    „Rauschgift? Du meinst als
Dealer?“ vergewisserte sich Tim.
    „Nur als Dealer. Typen wie die
wollen Kasse machen.“
    Alle spähten zur Straße. Kam
der Alfa zurück? Er kam nicht zurück. Statt dessen schwappte an der Villa
Isolde die Dachrinne über. Ein Wasserfall ergoß sich die Mauer herab.
    „Die Heroin-Szene“, sagte Gaby,
„macht allen im Polizei-Präsidium zur Zeit große Sorgen. Mein Papi sagt, es
taucht immer mehr Heroin in der Stadt auf.“
    Klößchen grinste. „Da können
die Fixer aus dem vollen schöpfen.“
    „Komisch finde ich das nicht“,
wies ihn Gaby zurecht.
    Vielleicht, dachte Tim, sollte
man Leppich und Frese im Auge behalten. Kommissar Glockner kann nicht überall
sein. Außerdem sind täglich Demos (Demonstrationen = Protestkundgebungen) und Krawalle. Da reicht der PPB (Polizei-Personal-Bestand) nicht hin und
nicht her.
    „Ich glaube, es hört auf“,
meinte Klößchen. „Eben fielen noch 163 836 Regentropfen pro Quadratmeter. Jetzt
sind’s nur noch 159 735.“
    „159 736!“ sagte Karl. „Zählen
ist wohl nicht deine Stärke?“

2. Der Tiger ist los
     
    Die Idee kam ihm, als er am
Festplatz vorbeischlenderte.
    Der Wolkenbruch hatte
aufgehört. In den Gullys gluckerte das Regenwasser. Die Luft war noch
durchsichtiger als sonst und wehte wie ein Seidenschal.
    Erich Diepold, genannt Edie,
stocherte mit der Zunge
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