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Todesfracht im Jaguar

Todesfracht im Jaguar

Titel: Todesfracht im Jaguar
Autoren: Stefan Wolf
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sich an
die Biester gewöhnt, und schon schleicht sich Nachlässigkeit ein — vermute
ich.“
    „Ich kriege Fracksausen“, gab
Edie zu, „wenn ich ein Raubtier nur sehe. Löwen, Tiger, Wildschweine,
Bernhardiner — so was dürfte es gar nicht geben. Gegen Brieftauben habe ich
nichts. Die kann man notfalls auch braten.“
    „Jedenfalls“, sagte der
Polizist, „ist Suleika vor einer Stunde verschwunden. Aber jetzt erst
benachrichtigen die uns.“
    „Unverantwortlich! Na ja, ich
sag’s ja: Zirkusleute! Wird das Vieh jetzt erschossen?“ Er dachte an den Mann
mit dem Gewehr.
    „Das wollen wir natürlich
vermeiden“, belehrte ihn der Polizist. „Wir haben einen Spezialisten vom Zoo
dabei — mit einem Narkose-Gewehr. Aber wer weiß, ob er zum Schuß kommt. Wo ist
der Tiger jetzt? Im Wald? In der Stadt? Drüben bei der Autobahn? Auf den
Rieselfeldern? Im Steinbruch? Jedenfalls wird jeder Winkel durchsucht.“
    Rattendreck und Läuseschweiß!
dachte Edie. Jetzt ist es also nichts mit meinem Überfall. Wäre ja auch zu
schön gewesen. „Die Vorstellungen fallen natürlich aus?“ fragte er.
    Der Polizist schüttelte den
Kopf. „Hier wird, wie gesagt, alles durchsucht. Damit für die Besucher keine Gefahr
besteht. Die Vorstellungen finden statt.“
     
    *
     
    Heh! Heh! Heh! Tim reckte den
Kopf, während seine Rennradreifen durch laues Regenwasser pitschten. Was sehe
ich denn da! dachte er. Das treibt mir ja fast die Glotzer zur Nasenspitze.
    Er und seine Freunde näherten
sich dem Festplatz, also dem Zirkusgelände.
    „Was sehe ich denn da?“ rief
Gaby hinter ihm. „Ein Polizeiaufgebot. Papis Dienstwagen. Und Hauptwachtmeister
Willkür bewacht den Zirkus.“
    „Vielleicht ist das gar kein
Zirkus“, mutmaßte Klößchen, „sondern eine geschickte Tarnung von militanten (kriegerischen) Atomkraftgegnern. Bei denen mache ich sofort mit. Vorausgesetzt, sie bleiben
friedlich.“
    „Blieben sie friedlich, wären
sie nicht militant“, sagte Karl. „Das ist der kleine, feine Unterschied zwischen
Bürgerinitiative (Zusammenschluß, um politische Probleme zu lösen) und
Aufruhr.“
    „Selbstverständlich ist der
Zirkus echt“, sagte Tim. „Aber was macht die Polizei hier?“
    Hüfthöhe Gitter zäunten das
Gelände ab — jedenfalls auf dieser Seite. Am Eingang wachte Hauptwachtmeister
Willkür.
    „Hallo, Herr Willkür!“ rief
Gaby, die den jungen Beamten kannte.
    Er lächelte unter seiner Mütze.
„Tag, Gaby! Zu euch hat sich wohl rumgesprochen, was hier passiert ist.“
    „Keine Silbe!“ sagte Tim.
    Alle waren abgestiegen und blickten
gespannt.
    Willkür informierte sie.
    Eine Tigerin! dachte Tim. Jetzt
müßte man wissen: Ist sie gefährlich oder handzahm? Noch jung, oder wackeln ihr
schon die Zähne? Wurde sie heute schon gefüttert, oder würde sie auch
Menschenfleisch kosten? Ist sie gut auf den Pfoten, oder legt sie sich in die
nächste Scheune zum Pennen? Völlig klar: Wir müssen unbedingt zu Gabys Vater.
    Er sagte es.
    Mit der Entscheidung, ob er sie
durchlassen dürfe, fühlte sich Willkür überfordert. Aber er hatte ja sein
Sprechfunkgerät, fragte an; und Kommissar Glockner gab Antwort und Weisung.
    „Ihr dürft“, sagte Willkür.
„Auf dem Gelände hier ist Suleika nicht mehr. Die Tiger-Dame macht einen
Ausflug. Dein Vater, Gaby, ist bei den Raubtierkäfigen. Findet ihr leicht.
Immer dem Gebrüll nach.“
    Sie bretterten los.
    „Wenn wir den Tiger treffen“,
meinte Klößchen, „gehe ich ein höheres Risiko ein als ihr. Immerhin bin ich am
besten genährt. Das könnte ihm das Maul wässerig machen. Also, bitte, bewundert
meinen Mut.“
    „Da gibt es nichts zu
bewundern“, sagte Gaby. „Kein Tiger mag Pralinen, Mohrenköpfe — oder andere
Süßigkeiten, die mit Schokolade gefüllt sind. Auch wenn sie wie Menschen
aussehen.“
    „Dagegen verwahre ich mich!“
rief er. „Ich bin durch und durch Schinken, nicht Schokolade. Bei dir ist das
anders. Du siehst aus wie eine zuckrige Edelschnitte, blond und blauäugig. Wer
ahnt da, daß du in Wahrheit eine Giftschlange bist.“
    „Nicht so laut!“ warnte Karl.
„Sonst behalten sie Gaby. Schlangen werden hier immer gebraucht.“
    Die Raubtierkäfige standen in
der Abteilung Tierschau. Einer der Käfigwagen war leer, der Gitter-Eingang
geöffnet. Ein Polizist trollte auf und ab. Seine Kollegen waren offenbar
ausgeschwärmt, um — wie befohlen — auch die letzten Winkel abzusuchen.
    Kommissar Glockner kam mit
einem schnauzbärtigen
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