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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt
Autoren: Bettina Broemme
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wahnsinnig. Er war nie aggressiv, aber gerade das machte mir Angst. Er wirkte so ruhig und eiskalt, dass es mich gruselte. Der Typ war Fanatismus pur. Na ja, und eines Abends, ich kam von einer Freundin nach Hause, wollte gerade die Tür aufschließen, da packte er mich von hinten um den Hals, hielt ein Messer an meine Kehle und drohte mir massiv. Wenn Malte sich nicht innerhalb einer Woche bei ihm meldete, würde mir was passieren. Und ihm auch. Malte müsse nicht glauben, dass er ungeschoren davonkäme.«
    Die dunkelgrün belaubten Bäume reflektieren die Kühle des Wassers. Wir sitzen auf der Rückenlehne einer Bank und werfen die Reste von Brötchen den Enten im Wasser zu. Wir hatten uns etwas zu essen geholt, merken aber beide, dass wir keinen Bissen herunterbringen.
    »Na und da wusste ich nicht mehr ein noch aus und hab Malte die Postkarte geschrieben. Ich hatte ja keine Telefonnummer von ihm. Und er ist sofort nach Hamburg gekommen.«
    »Das war, als er das erste Mal für ein paar Tage einfach verschwunden ist – du kannst dir nicht vorstellen, was für Sorgen ich mir gemacht habe. Grauenhaft!« Sie tätschelt meinen Arm.
    »Du, Arme! Und ich mache mir so Vorwürfe – ich hätte auf Thors Drohung gar nicht reagieren sollen.«
    »Na ja, also bitte, der hätte dir vielleicht wirklich was angetan.«
    »Malte hat sich mit Thor getroffen, als er in Hamburg war. Er hat ihm gesagt, dass er nichts mehr mit ihm zu tun haben will, aber Thor hat ihn provoziert. Hat ihm gesagt, er sei ein Verräter und müsse mit dem Leben bezahlen, und wenn nicht er, dann würde Thor eben mich an seiner Stelle bestrafen. Da ist Malte ausgetickt und hat ihn angeschrien, wenn er mir auch nur ein Haar krümmt, dann gibt er den Film der Polizei. Na ja, und da hat Thor ihn gehabt, wo er ihn die ganze Zeit haben wollte. Malte hat die Existenz des Beweisfilms zugegeben. Offenbar hat Thor geahnt, dass Robin den Film gemacht und ihn Malte zur Aufbewahrung gegeben hat. Malte konnte irgendwie abhauen, aber Thor hat ihm nachgerufen, dass er ihn kriegen würde – egal wann, egal, wo. Malte ist sofort aus Hamburg abgefahren – aber Thor hat ihn tatsächlich nicht mehr aus den Augen gelassen. So wie ich es verstanden habe, ist er ihm per Zug nach München gefolgt, hat ausgekundschaftet, wo er wohnt, wie er jetzt heißt, wo er arbeitet – und dass er mit dir zusammen ist. Was dann geschehen ist, muss ich dir nicht sagen. Nur eins vielleicht noch: Was von Anfang an echt war, waren Maltes Gefühle für dich. Er hat mir mit leuchtenden Augen von dir erzählt. So habe ich ihn noch nie erlebt.«
    Ich nicke, bringe kein Wort heraus. Wir schweigen lange. Starren auf die glitzernde Oberfläche des Flusses einige Meter unter uns. Alles in mir fühlt sich taub an. Als hätte ich gerade einen weiteren Kampf überstanden. Luisa berührt mich vorsichtig an der Schulter.
    »Kann ich heute bei euch übernachten?«, fragt sie.
    »Natürlich«, sage ich und füge in Gedanken »Schwester« hinzu. Wir stehen auf und gehen die Promenade in Richtung Norden weiter. In Richtung Krankenhaus.
    »Ich muss nur vorher noch etwas erledigen«, sage ich und lächele sie an. Die Taubheit fällt ab von mir, die Starre, das Eis beginnt zu schmelzen. Mein Schritt wird schneller, raumgreifender.
    »Was denn?«, fragt sie.
    »Ich muss mich von David verabschieden. Und Malte begrüßen«, rufe ich und dann laufe ich los, schneller und immer schneller, bis sich die Schiebetüren des Krankenhausportals geräuschlos vor mir öffnen.
    Anmerkung der Autorin:
Das Gedicht auf Seite 154 stammt von Georg Trakl und trägt den Titel »Amen«.
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