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Todesfeuer

Todesfeuer

Titel: Todesfeuer
Autoren: Jonathan Kellerman
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er sie jeden Tag zurechtzog, wenn er ging, damit es wenigstens so aussah, als wäre das Tor verschlossen.
    Irgendein Idiot hatte daran herumgefummelt.
    Er hatte der Firma von der Kette berichtet, war jedoch nicht beachtet worden. Was für einen Sinn hatte es eigentlich, einen Profi einzustellen, wenn man nicht auf seinen Rat hörte?
    Doyle drückte sich durch den Spalt und zog die Kette wieder schön straff. Ließ seinen Brotzeitbehälter auf den nackten Betonstufen und begann seinen Rundgang. Mitten im Erdgeschoss blieb er stehen, sagte »Hal-lo« und horchte auf das Echo. Er hatte das am ersten Arbeitstag gemacht, und das Echo hatte ihm gefallen, wie Hupen im Tunnel. Mittlerweile war es zu einer Gewohnheit geworden.
    Dass im Erdgeschoss alles in Ordnung war, sah er auf den ersten Blick. Das Raum war riesig, so groß wie ein… wie ein… die tragenden Wände teilten ein paar Zimmer ab, aber der Großteil war ziemlich offen, so dass man überall freie Sicht hatte. Als schaute man durch die Skelettknochen eines Dinosauriers. Dort, wo der Vorsaal gewesen wäre, befand sich eine riesige, geschwungene Doppeltreppe. Auch sie im Rohbau - bloß Sperrholz, kein Geländer. Doyle musste vorsichtig sein - dass er stürzte und sich ein anderes Körperteil ruinierte, hatte ihm gerade noch gefehlt.
    Na toll, bei jeder Stufe Schmerzen. Die Treppe knarrte wie sonst was, fühlte sich aber stabil an. Man konnte sich regelrecht vorstellen, wie sie mit Marmorverkleidung wäre. Wie eine… Treppe in einem großen Schloss.
    Neunzehn Stufen, jede davon mörderisch.
    Der erste Stock war genauso leer wie das Erdgeschoss, große Überraschung. Doyle blieb stehen, rieb sich das Knie und betrachtete die Baumwipfel im Westen, dann ging er nach hinten weiter, blieb erneut stehen und knetete noch ein bisschen an seinem Bein herum, aber es nützte nicht viel. Er lief weiter und kam zu der kleineren Treppe, nur dreizehn Stufen insgesamt, dafür aber enger gewunden, richtig gefährlich, hinter einer schmalen Wand versteckt, so dass man wissen musste, wo sie war, sonst übersah man sie.
    Derjenige, der für all das hier Geld ausgegeben hatte, war irgendein reicher Idiot, der nicht zu würdigen wusste, was er hatte. Wenn Doyle nur ein Hundertstel - ein Zweihundertstel von so was wie dem hier hätte, würde er Gott jeden Tag danken.
    Als er in der Firma nachgefragt hatte, wer der Besitzer war, hatte man ihm geantwortet: »Seien Sie nicht so neugierig.«
    Während er die Treppe hochstieg, sein Knie bei jedem Schritt knirschte und der Schmerz ihm bis in die Hüfte hochfuhr, zählte er die dreizehn Stufen mit, so wie immer, um sich von dem Brennen in seinem Bein abzulenken.
    Als er »Neun« rief, sah er es.
    Ach, du lieber Gott.
    Sein Herz pochte, der Mund war mit einem Mal trocken wie Seidenpapier. Unwillkürlich wich Doyle zwei Schritte zurück und griff auf die rechte Seite seines Werkzeuggürtels.
    Griff jedoch ins Leere.
    Jetzt war er der Idiot, denn dort war schon lange keine Knarre mehr. Seitdem er aufgehört hatte, Schmuckgeschäfte in Downtown zu bewachen, um genau zu sein.
    Die Firma stellte nichts weiter als eine Taschenlampe, und die lag im Kofferraum des Taurus.
    Er zwang sich dazu hinzuschauen.
    Zwei Personen.
    Sonst niemand. Das war das Gute am Turm, er war rund und größtenteils offen, so dass man sich nirgendwo verstecken konnte.
    Doyle schaute weiter hin, spürte, wie sich sein Magen umdrehte.
    So wie sie dalagen, er auf ihr, sie mit angezogenen Beinen, eins um seinen Rücken gehakt, war ziemlich klar, was sie gemacht hatten.
    Bevor…
    Doyle spürte, wie ihm der Atem stockte, als würde ihn jemand würgen. Er rang nach Luft, schaffte es schließlich. Griff zu seinem Telefon.
    Es steckte in seiner Hosentasche. Wenigstens etwas klappte.
     
    2
     
    Milo zieht mich immer dann hinzu, wenn der Mord »interessant« ist.
    Manchmal ist die Leiche schon weg, bis ich dazustoße. Wenn die Tatortfotos gut sind, hilft das. Wenn nicht, kann es noch interessanter werden.
    Dieser Tatort war drei Fahrminuten von meinem Haus entfernt und unversehrt.
    Zwei Leichen, in einer perversen Parodie der Leidenschaft ineinander verschlungen. Milo stand etwas abseits, während eine rechtsmedizinische Assistentin Fotos schoss.
    Wir begrüßten uns mit einem leisen »Hey«. Milos schwarze Haare waren achtlos nach hinten geklatscht, die grünen Augen blickten scharf um sich. Seine Kleidung sah aus, als hätte er darin geschlafen. Sein blasser, narbiger Teint passte
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