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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee
Autoren: P Tremayne
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ebenfalls auf.
    »Nun gut«, meinte er mit einem Seufzer. »Komm, ich zeige dir den Weg in die Apotheke.«
    Ein großer, hagerer Mönch mit Hakennase, der gerade in einem Mörser Kräuter verrieb, blickte auf, als Abt Laisran in den Raum trat. Er bemerkte Schwester Fidelma, und seine Augen weiteten sich ein wenig. Sie war den meisten Ordensleuten im Kloster von Durrow wohlbekannt.
    »Bruder Donngal, ich habe Schwester Fidelma gebeten, den unbekannten Leichnam noch einmal zu untersuchen.«
    Sofort legte der Bruder Apotheker seine Arbeit zur Seite und schaute interessiert zu ihr hin.
    »Du meinst, du könntest die Ärmste kennen, Schwester?«
    Fidelma lächelte. »Ich bin in meiner Eigenschaft als
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hier, Bruder«, antwortete sie.
    »Es gibt keinerlei Anzeichen für einen gewaltsamen Tod, Schwester. Warum sollte sich eine Anwältin für diesen Fall interessieren?«, erwiderte Bruder Donngal.
    Es entging Abt Laisran nicht, dass sich Fidelmas Gesichtszüge kaum merklich verhärteten. Er fuhr rasch dazwischen. »Ich habe Schwester Fidelma gebeten, mir ihre Meinung zu dieser Angelegenheit zu sagen.«
    Bruder Donngal wandte sich in Richtung einer Tür.
    »Die Tote liegt in unserer Leichenhalle. Ich wollte sie gleich für die Beerdigung vorbereiten. Unser Schreiner hat eben erst den Sarg gebracht.«
    Der Leichnam lag unter einem Leinentuch auf einem Tisch in der Mitte des Raumes, in dem man die Toten für die Bestattung zurechtmachte.
    |20| Schwester Fidelma trat zum Tisch und wollte eine Ecke des Leinentuchs hochheben. Der Apotheker räusperte sich.
    »Ich habe die Frau für die Untersuchung entkleidet, ihr aber das Totenhemd noch nicht angezogen, Schwester.«
    Fidelmas Augen blitzten, als ihr auffiel, wie verlegen der Mann war. Sie verkniff sich jede Bemerkung.
    Der Leichnam war der einer jungen Frau, die wahrscheinlich kaum älter als zwanzig Jahre war. Fidelma war noch immer nicht so abgebrüht, dass ihr ein so früher Tod nichts mehr ausmachte.
    »Sie ist noch nicht lange tot«, merkte sie als Erstes an.
    Bruder Donngal nickte.
    »Nicht länger als einen Tag und eine Nacht, nehme ich an. Sie wurde heute Morgen gefunden, und ich glaube, dass sie während der Nacht gestorben ist.«
    »Wer hat sie entdeckt?«
    »Bruder Torcan«, mischte sich Abt Laisran ein, der hinter der Tür stehengeblieben war und sie beobachtete.
    »Wo hat man sie gefunden?«
    »Kaum mehr als ein paar hundert Schritte von den Mauern der Abtei entfernt.«
    »Ich meine, an welchem Ort und in welcher Umgebung?«
    »Oh, ich verstehe. Sie wurde in einem Wald gefunden, auf einer kleinen, beinahe ganz von Farnüberwucherten Lichtung.«
    Fidelma zog eine Augenbraue in die Höhe.
    »Was hatte Bruder Torcan dort verloren?«
    »Er hat Pilze gesammelt. Er arbeitet in der Küche.«
    »Und die Kleider, die das Mädchen trug … wo sind die?«, fragte Fidelma.
    Der Mann deutete auf einen Tisch mit Kleidungsstücken.
    »Es ist die schlichte Tracht eines Dorfmädchens. Es ist nichts dabei, woran man feststellen könnte, wer sie ist.«
    |21| »Ich werde mir das alles gleich ansehen. Ich würde auch gern mit Bruder Torcan reden.«
    Fidelma wandte ihren Blick wieder dem Leichnam zu und beugte sich hinunter, um ihn mit sorgfältiger Präzision zu untersuchen.
    Nach einiger Zeit richtete sie sich auf.
    »Und jetzt würde ich mir gern die Kleidung anschauen.«
    Bruder Dongall trat zur Seite und sah Fidelma zu, die die Kleidungsstücke einzeln in die Hand nahm. Darunter war ein Paar Sandalen, die
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, die aus einem einzigen ungegerbten Fell bestanden, das mit schmalen Riemen aus dem gleichen Leder zusammengenäht war. Die Sandalen waren beinahe durchgelaufen. Das Kleid war schlicht und aus ziemlich verschlissener, grob gewebter Wolle. Wahrscheinlich hatte die Frau es an der Taille mit einem Leinenstreifen zusammengehalten. Außerdem war da noch ein kurzer, mit Kaninchenfell gesäumter Umhang mit Kapuze, wie ihn viele Frauen auf dem Land trugen. Auch der war recht abgewetzt.
    Fidelma hob den Kopf und schaute den Apotheker an.
    »Das war alles, was sie anhatte?«
    Bruder Donngal nickte.
    »Keine Unterwäsche?«
    Der Apotheker wand sich verlegen.
    »Keine«, bestätigte er.
    »Auch keine
ciorbholg

    Ciorbholg
bedeutet wortwörtlich übersetzt »Kammtasche« und bezeichnete eine Tasche, in der allerdings außer Kämmen auch andere Artikel zur Körperpflege aufbewahrt wurden. Alle Frauen, gleich welchen Standes, führten diese Tasche bei sich. Sie diente ihnen
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