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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee
Autoren: P Tremayne
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handelt. Richtig oder falsch?«
    Er nickte widerstrebend.
    »Du hast jedoch nicht beachtet, dass Sprachen sich über die Jahrhunderte verändern. In meinem Heimatland haben wir |444| unsere heutige, moderne Sprache. Wir haben aber auch die Sprache, die in schriftlichen Aufzeichnungen verwendet wurde. Diese wurde in einem Alphabet niedergeschrieben, das wir Ogham nennen, nach Ogma, dem alten Gott des Schrifttums. Diese alte Sprache heißt Bérla Féine; heute verstehen selbst viele unserer Schreiber sie nicht mehr. Ich kenne lateinische Texte aus alter Zeit, habe Tacitus und Cäsar und andere gelesen. Der angeblich fünfhundert Jahre alte Text auf deinem Dokument ist in dem Latein geschrieben, das heute gebräuchlich ist, nämlich Vulgärlatein oder Volkslatein.
    Als Nächstes wunderte ich mich, dass Cingetorix, der angebliche Verfasser dieses Schreibens, ein
mathematicus
war, ein Rechnungsführer im Dienst der Legion, und dennoch einen königlichen Namen trägt. Die Römer hätten diesen Namen bei jemandem, der in ihren Augen von so niederem Rang war, für außergewöhnlich gehalten. Der Name Cingetorix ist denen, die Cäsar gelesen haben, wohlbekannt. Lepidus’ Cingetorix gehört zu den Cantii, er nennt sich selbst aber einen Cantiacer, was die römische Form ist. Als seine Heimatstadt gibt er Darovernum an, ein Name für Canterbury, der von Ptolemäus benutzt wurde, wenn ich mich recht erinnere. Wäre er wirklich hier geboren, hätte er Duroverno geschrieben. Diese beiden Dinge erschienen mir seltsam, sie sind jedoch noch kein Beweis für deinen Betrug.«
    »Genau«, unterbrach Diakon Lepidus sie. »All das sind nur törichte Spekulationen, mit denen du zeigen willst, wie schlau du bist.«
    »Ich wurde stutzig, als ich dir von den alten Stadtkarten erzählte, die sich in der Abteibibliothek befinden«, fuhr Fidelma ruhig fort. »Als ich mich umwandte, um sie zu holen, sagtest du sofort, dass die Karten nicht aus der Zeit deines Vorfahren stammen. Woher wusstest du das, wenn du sie dir nicht schon vorher |445| angesehen hattest? Du schienst auch recht viel über die Geschichte der Stadt zu wissen. Als ich bezweifelte, dass das Haus des Cingetorix nach so langer Zeit noch existiert, hast du sofort erwidert, dass Keller und Fundament ja noch vorhanden sein könnten. Du hast mich gleich danach besonders darauf hingewiesen, dass der Adler im Hypokaustum versteckt sei, also unter dem Fußboden. Das stellte sich auch als wahr heraus …, als ob du es gewusst hättest. Das Haus gibt es längst nicht mehr, dort steht heute ein Kornspeicher. Lediglich ein kleiner Teil des alten Wohnhauses, ein einziger Raum davon existiert noch in einem Nebengebäude, und unter ihm entdeckten wir das Hypokaustum. Erstaunlich!«
    »Dennoch ist das nur Spekulation«, bemerkte der Erzbischof.
    »Natürlich. Ich habe jedoch schon einige Erfahrungen mit den Menschen dieses Landes gemacht. Der Besitzer des Kornspeichers schien durch unseren Wunsch, auf seinem Grundstück etwas zu suchen, überhaupt nicht beunruhigt. Auch unser Fund dort überraschte ihn offenbar nicht. Andere hätten entweder den Fund oder eine hohe Belohnung verlangt, Wulfred jedoch gab sich mit ein paar Münzen zufrieden, während Lepidus mit dem Adler und dem Pergament von dannen zog. Nicht gerade typisch für die Leute hier.«
    »Nicht typisch, aber dennoch kein Beweis für ein Fehlverhalten«, stellte Erzbischof Theodor fest.
    »Das gebe ich zu. Als ich die Nische fand, in der der Adler und das zweite Pergament versteckt lagen, war ich überrascht, wie feucht es dort war. Meine Hand war so nass, als hätte ich sie ins Wasser getaucht, als ich sie herauszog.«
    »Was beweist das?«
    »Auch wenn ein Adler aus Bronze solche Bedingungen vielleicht überstanden hätte, das Pergament wäre kaum Monate |446| erhalten geblieben, geschweige denn Jahrhunderte.« Fidelma wandte sich an den Diakon. »Du warst nicht schlau genug, Diakon Lepidus.«
    Der Diakon wirkte nun nicht mehr so selbstsicher.
    Bruder Eadulf lächelte breit.
    »Herr Erzbischof, vielleicht können wir Diakon Lepidus überreden, uns seinen kostbaren Adler kurze Zeit zu leihen. In dieser Stadt gibt es Leute, die, da bin ich mir sicher, durchaus beurteilen können, ob er vor mehr als fünf Jahrhunderten oder erst kürzlich angefertigt wurde.«
    »Das ist eine gute Idee«, stimmte ihm Erzbischof Theodor zu.
    Fidelma lächelte.
    »Ich glaube, dass Diakon Lepidus uns diese Mühe ersparen wird«, sagte sie. »Es wäre zu
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