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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee
Autoren: P Tremayne
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Richtung, in die der Finger zeigte, mit dem Blick zu folgen. Wieder entdeckte sie Kratzspuren an der Wand. Diesmal gab es keinen Zweifel. Die Zahl IX war in das Mauerwerk geritzt worden, und darunter zeigte ein kleiner Pfeil in Richtung Boden.
    »Hier brechen wir das Hypokaustum auf«, kündigte sie an. »Natürlich nur mit Wulfreds Erlaubnis«, fügte sie hinzu.
    Der Jüte stimmte bereitwillig zu, als Diakon Lepidus ihm eine weitere Münze hinhielt.
    Lepidus selbst übernahm es, das Loch zu machen. Es dauerte eine weitere halbe Stunde, einen Durchlass zu schaffen, durch den eine schmale Person nach unten in das Hypokaustum gelangen konnte. Fidelma meldete sich freiwillig. Der Widerwillen stand ihr ins Gesicht geschrieben, als sie sich auf den Bauch legte und sich in die enge Dunkelheit zwängte. Es war nicht nur |439| feucht dort, die Wände schienen regelrecht in Wasser getaucht zu sein. Es roch modrig, alles erinnerte an eine Gruft. Fidelma fuhr im Dunkeln mit der Hand über das nasse Mauerwerk.
    »Gebt mir die Laterne«, rief sie nach oben.
    Lepidus lehnte sich hinunter und reichte ihr die Laterne, deren mattes Licht die Dunkelheit erhellte.
    Fidelma atmete leise auf.
    Im Licht der Laterne konnte sie nun das Mauerwerk erkennen und entdeckte beinahe sofort Kratzspuren auf den Ziegeln: IX Hispana. Sie stellte die Laterne ab und begann, an dem vordersten Ziegelstein zu zerren. Er war lose, gabüberraschend leicht nach und rutschte ein Stück zur Seite, sodass sie ihn herausziehen konnte. Die übrigen langen, schmalen Ziegel ließen sich ebenso leicht entfernen. Bald hatte sie einen größeren Durchbruch geschaffen. Sie spähte in die Dunkelheit. Im Licht der Laterne glänzte etwas auf. Sie streckte die Hand danach aus. Es war aus Metall, kalt und nass.
    Sie wusste, was es war, noch bevor ihre tastende Hand die Konturen des Gegenstandes erspürt hatte. Sie wusste, dass es ein bronzener Adler war.
    »Was ist es?«, rief Diakon Lepidus von oben, der wohl ahnte, dass sie etwas entdeckt hatte.
    »Warte«, befahl sie scharf.
    Ihre suchende Hand tastete das Innere der Nische ab. Wasser sickerte herein, nass und kalt. Die Nische war offensichtlich nicht wasserdicht.
    Dann erspürte ihre Hand etwas Gewebeähnliches. Es war ebenfalls vom einsickernden Wasser durchnässt. Sie zog es heraus. Es war ein Stück Pergament. Im trüben Licht der Laterne konnte sie die Schrift darauf nicht entziffern. Sie reichte den Adler nach oben. Er maß etwa eine halbe Armlänge, der Holzstab fehlte. Sie ignorierte Diakon Lepidus’ begeisterten Ausruf und |440| übergab das Pergament und die Laterne Wulfred. Nun drehte sie sich auf den Rücken und schob sich in den oberen Raum zurück.
    Einen Augenblick später konnte sie die Früchte ihres Ausflugs in die feuchte Dunkelheit betrachten. Wulfred hielt die Laterne in die Höhe, während Diakon Lepidus, seine Beute umklammernd, beinahe vor Freude tanzte.
    »Der Adler! Der Adler!«, schrie er entzückt.
    Es war ein Adler aus dunkler Bronze, umgeben von einem Lorbeerkranz. Darunter war ein rechteckiges Schild, auf dem die Buchstaben SPQR eingraviert waren.
Senatus Populusque Romanus
. Lepidus tippte mit dem Zeigefinger auf die Buchstaben. »Die letzte Autorität für jede römische Legion. Der Senat und das Volk von Rom.«
    »Denken wir daran, dass wir diese Schätze auf Wulfreds Besitz gefunden haben«, mahnte Fidelma, da Lepidus anscheinend die Anwesenheit des jütischen Speicherbesitzers vergessen hatte.
    »Mit Wulfred werde ich mich schon einigen. Eine dritte Silbermünze sollte ausreichen, nehme ich an, denn er hat für diese alten Sachen sicher keine Verwendung. Ist es nicht so?«
    Wulfred neigte den Kopf.
    »Ich bin sicher, dass der verehrte Herr meine Dienste großzügig belohnt«, antwortete er.
    »Der Adler meines Vorfahren ist Anlass für diese Großzügigkeit.« Lepidus lächelte.
    »Was ist mit dem Pergament, das dabei war?«, wollte Fidelma wissen.
    Wulfred reichte es ihr.
    Sie nahm es und entrollte es vorsichtig. Sie besah sich die Handschrift und danach den Text.
    »Wenigstens ist er kurz«, bemerkte Diakon Lepidus.
    |441| »In der Tat«, pflichtete sie ihm bei. »Hier steht nur: ›Ich, Cingetorix von den Cantiacern und
mathematicus
aus Darovernum, lege den Adler der Neunten Spanischen Legion zur sicheren Verwahrung an diesen Ort. Mein Sohn ist gestorben, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Sollte eine jüngere Hand dies finden, so ersuche ich dich, wer immer du bist: Bringe diesen
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