Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee
Autoren: P Tremayne
Vom Netzwerk:
von dem nur noch das unterste Stockwerk stand.
    »Woher weißt du das? Nur von der Karte?«, erkundigte sich der Diakon.
    Sie schüttelte gereizt den Kopf.
    »Die Zahl steht dort oben auf dem Türsturz.«
    |436| Sie wies auf die Stelle, an der deutlich eine VIII erkennbar war. Dann wandte sie sich um und betrachtete die Haufen von Steinen und Ziegeln, die überall herumlagen. Plötzlich weiteten sich ihre Augen.
    »Dieser hölzerne Kornspeicher und sein Nebengebäude scheinen genau an der beschriebenen Stelle zu stehen. Schau, dort ist die Kapelle, die dem heiligen Martin von Tours geweiht ist. Seltsam. Es sind die einzigen Gebäude, die es hier in der Nähe gibt.«
    Diakon Lepidus folgte ihrem Blick und nickte.
    »Gott meint es gut mit uns.«
    Fidelma war bereits auf dem Weg zu den Gebäuden.
    »Es gibt zwei Möglichkeiten«, überlegte sie laut. »Die erste ist: Der Kornspeicher wurde über dem alten Wohnhaus errichtet, dann liegt das Hypokaustum darunter. Oder – zweitens – vielleicht war das kleine Steinhaus neben dem Speicher Teil des ursprünglichen Wohnhauses, und wir werden das Hypokaustum dort finden.« Sie zögerte einen Moment lang. »Lass es uns zunächst im Steinhaus probieren. Es ist offensichtlich älter als der Kornspeicher.«
    Während sie noch dort standen, trat ein untersetzter Mann, gekleidet wie ein sächsischer Handwerker, aus dem Schatten des Speichers hervor.
    »Guten Tag, verehrter Herr. Guten Tag, Schwester. Was sucht ihr hier?«
    Sein Lächeln war für Fidelmas Geschmack etwas zu bereitwillig. Der Mann kam ihr vor wie ein Fuchs, der seine Beute taxiert. Obwohl er das Latein der Unterschichten sprach, machte sein jütischer Akzent es schwer verständlich. Der Diakon erklärte ihr Anliegen, wobei er den Wert des Adlers herunterspielte, dem Mann aber eine Silbermünze anbot, falls er ihnen beim Suchen behilflich wäre.
    |437| »Dies ist mein Kornspeicher. Ich habe ihn gebaut«, antwortete der Mann. »Mein Name ist Wulfred.«
    »Wenn du ihn gebaut hast, ist dir dann aufgefallen, ob der Untergrund Löcher hatte oder ob Tunnel darunterlagen?«, erkundigte sich Fidelma.
    Der Mann rieb sich nachdenklich das Kinn.
    »An einigen Stellen mussten wir Schotter einfüllen, um ein solides Fundament zu bekommen.«
    Diakon Lepidus machte ein langes Gesicht.
    »Ihr habt das Hypokaustum zugeschüttet?«
    Wulfred zuckte die Achseln. »Wenn es euch interessiert, kann ich euch zeigen, welche Art von Löchern wir gefüllt haben. In dem kleinen Steinhaus sind Löcher unter dem Fußboden. Kommt, ich habe eine Laterne. Ich zeige es euch.«
    Sie folgten dem Mann gerade über die Schwelle, als Fidelmas Blick auf eine Art Inschrift auf einem der Seitenpfosten des Türrahmens fiel. Sie wies Diakon Lepidus mit einer Handbewegung darauf hin. So etwas wie eine IX war in den Pfeiler gekratzt. Darunter stand etwas, das keiner der beiden entziffern konnte.
    »Neun?«, flüsterte Lepidus in plötzlicher Aufregung. »Die Neunte Legion?«
    Fidelma antwortete nicht.
    Das Innere des Hauses war kalt und schmutzig. Der Boden war mit Erde bedeckt. Wulfred hielt seine Laterne in die Höhe. In ihrem Licht wurde ein Raum sichtbar, der etwa fünfzig Fuß im Quadrat maß. Er war vollkommen leer. In einer Ecke war ein Loch im Fußboden.
    »Da hinten könnt ihr die Tunnel unter dem Fußboden sehen«, erklärte Wulfred.
    Fidelma ging hinüber und ließ sich auf die Knie nieder. Fäulnisgeruch schlug ihr entgegen. Sie bat um die Laterne und blickte |438| hinab. Unter dem Fußboden lag ein etwa acht Zentimeter breiter Zwischenraum. Die Fußbodenbretter wurden von kleinen Holzpfeilern getragen, die jeweils etwa einen Meter voneinander entfernt lagen, sodass sie kleine Quadrate bildeten.
    »Ein Hypokaustum«, sagte sie, stand auf und gab die Laterne zurück. »Und was nun?«
    Diakon Lepidus schwieg einen Moment lang.
    »Vielleicht gibt es hier irgendeinen Hinweis …?«, meinte er zögernd.
    Fidelma betrachtete den Fußboden. Was sie sah, ließ sie die Stirn runzeln, und sie begann, mit der Schuhspitzeüber den Boden zu schaben. Ein kleiner Ausschnitt eines Mosaiks wurde sichtbar. Solche Fußböden hatte sie schon in Rom gesehen. Sie fragte Wulfred, ob er einen Reisigbesen hätte. Es dauerte eine halbe Stunde, bis sie eine ansehnliche Fläche freigelegt hatte. Das Mosaik stellte einen Römer dar, der in die Toga eines Senators gekleidet war und eine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger erhoben hatte. Irgendetwas veranlasste Fidelma, der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher