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Im Auge des Tribuns: Ein Kriminalroman der etwas anderen Art... (German Edition)

Im Auge des Tribuns: Ein Kriminalroman der etwas anderen Art... (German Edition)

Titel: Im Auge des Tribuns: Ein Kriminalroman der etwas anderen Art... (German Edition)
Autoren: Per Matthias Griebler
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Der 14. März 1987, irgendwo im ost-französischen Elsass-Lothringen.
    Begleitet vom monotonen Murmeln des Priesters fuhr der schwere Eichenholzsarg langsam in die nasse Erde hinunter.
    Vor knapp zehn Minuten, nach einer stürmisch tosenden Nacht voller Blitze und Donnern, waren Unwetter und Regen endlich gewichen und die etwa zehnköpfige Trauergesellschaft war vom Pfarrhaus hinaus nach außen getreten, um ihrem Toten auf seinem Weg in die Unendlichkeit die letzte Ehre zu erweisen.
    Etwas abseits vom Grab, nahe dem kleinen Hügel aus frischem feuchtem Erdaushub, lag angelehnt ein einsamer Trauerkranz.
À mon cher mari – meinem geliebten Ehemann
, stand zweisprachig, wie in dieser Landesregion üblich, auf dem breiten in den französischen Nationalfarben gehaltenen Samtband und ein kleiner, pummelig lockiger Zinnengel, der im unteren Teil des Blumengeflechts saß, spielte traurigen Blickes auf seiner Querflöte.
    Mit einem lauten
Rumms
erreichte der Sarg die in cirka drei Meter Tiefe verankerte Holzauflage. Das Helferquartett, welches ihn hinab gelassen hatte, verharrte kurz und zog die Taue dann wieder nach oben.
    Der Priester nickte. Dann griff er sich die hinter ihm im Boden steckende kleine Schaufel und trat näher.
    „C'est à la sueur de ton visage que tu mangeras du pain, jusqu'à ce que tu retournes dans la terre, d'où tu as été pris, car tu es poussière, et tu retourneras dans la poussière …“ Andächtig schlug er ein Kreuz vor der Brust und wiederholte den aus dem Buch Genesis, Kapitel drei, zitierten Psalm dann noch einmal in deutsch – oder zumindest soweit, wie es sein Akzent diesbezüglich zuließ:
    „Im Schweiß deinös Ongesischts sollst du dein Brot essön, bis du wiedör su Erde werdäst, davon du genommän bist. Denn du bist Erdö und sollst su Erdö werdön …“
    Im nächsten Moment traf selbige dumpf prasselnd auf den Sarg auf.
    „Hey Schneckenlutscher!“
    Die Trauergemeinde erstarrte.
    „Wenn Ihr mit Eurem da drüben fertig seid, dann macht euch doch mal nützlich und helft mir hier raus!“
    „Madams et Messieurs, pardon. Vermutlisch nur ein schleschte Schers.“ Der Priester fand als erster seine Worte wieder und mahnte der aufkommenden Unruhe sogleich beschwichtigend entgegen.
    „Göwiss nur ein dies arm verirrt Schäfschän, die Näschtöns suviel dös Alkols gefrönt aben …“, fuhr er erklärend fort und folgte dem fremden Rufen zum frisch ausgehobenen Erdloch des Nachbargrabes rüber. Und wirklich, schon flog ihm eine leere Bierflasche entgegen.
    „Ärr, gib mir Kraft …“ Der Priester seufzte leise. Gott sei Dank war die Beerdigung dort erst für den Nachmittag angesetzt. Nicht auszudenken, wenn die Angehörigen das mitbekämen.
    „Hallo? Was ist denn nun?“ Die fremde Stimme quengelte weiter.
    „Gedüld, mon Sohn, Gedüld …“, antwortete der Priester, ohne sich aus dem Takt bringen zu lassen. Er hatte die abfallende Graskante jetzt erreicht und spähte hinunter in den Aushub.
    „Monsieur, isch müss doch söhr bittön!“ Jetzt war es auch mit seiner Ruhe vorbei. Da unter ihm stand so ein dreckverkrusteter nasser Kerl mit dunklem Schnauzer und Dreitagebart und pinkelte in aller Seelenruhe gegen den Erdwall.
    „Was denn?“ Der Kerl grinste ihn schelmisch an. „Wenn’s läuft, dann läuft’s …“
    „Aber doch nischt … Non, isch mag gar nischt …“ Der Priester raufte sich die Haare. Schnell streckte er dem Fremden die Hand entgegen. Diese Deutschen, Anstand und Pietät wohl nie gekannt. Wo dachte der, dass er war? Auf einem Volksfest? Willenloses Urinieren – was kam dann wohl als nächstes? Leichenschändung? Besorgt sah er sich um. Aber nein, glücklicherweise sahen die umliegenden Gräber noch völlig normal aus.
    „Los, jätzt kommön Sie schon!“, drängte er und zog den Fremden keuchend nach oben.
    „Was attön Sie denn bloß da untön verlorön?“
    „Wenn ich ehrlich bin …“, murmelte der Fremde, „das Loch muss ich die Nacht irgendwie übersehen haben …“ Grinsend klopfte er sich den Dreck aus Jeans und Windjacke und deutete dabei auf die zuvor hochgeworfene Flasche. „Pfand kannste dir behalten, Hochwürden“, fuhr er dann fort, „und hier …“, er kramte einen versifften Bierdeckel hervor, „kriegste auch meine Karte – falls du mal ’ne Leiche zuviel hast …“, er zwinkerte ihm zu, „oder zuwenig …“
    „Carsten Iro … äh Aro, Ori?“ Mühsam versuchte der Priester, das mit einem pinkfarbenen Filzschreiber
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