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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee
Autoren: P Tremayne
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, und ihr wisst doch sicherlich, dass nur Frauen hohen Ranges diese Haarfrisur tragen. Dieser arme Leichnam flüstert mir zu, dass es sich hier um eine hochstehende Frau handelt.«
    »Warum war sie dann wie eine Bäuerin gekleidet?«, wollte der Apotheker nach einigem Schweigen wissen.
    Fidelma schürzte die Lippen.
    »Wir müssen weiter lauschen. Vielleicht verrät sie es uns. Denn sie erzählt uns auch andere Dinge.«
    »Zum Beispiel?«
    »Sie ist verheiratet.«
    Abt Laisran schnaubte ungläubig.
    |25| »Woher willst du das denn wissen?«
    Fidelma deutete auf die linke Hand des Leichnams.
    »Um den Ringfinger sind Male zu sehen. Sie sind nur schwach, das gebe ich zu, aber diese winzigen Flecken zeigen doch, dass kürzlich ein Ring abgestreift wurde, den sie an diesem Finger trug. Außerdem weist ihr linker Arm Verfärbungen auf. Was schließt du daraus, Bruder Donngal?«
    Der Apotheker zuckte die Achseln.
    »Du meinst die Flecke von der blauen Farbe? Die sind doch wohl nicht wichtig.«
    »Warum?«
    »Weil das in den Dörfern gang und gäbe ist. Die Frauen färben Tuch und andere Stoffe. Das Blau ist nur eine Farbe, die man aus einem Kreuzblütler, der Pflanze
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2 gewinnt. Fast alle benutzen sie. Daran ist nichts Ungewöhnliches.«
    »Das stimmt. Aber hochrangige Frauen würden doch kaum ihre eigenen Stoffe färben? Und diese Farbflecke scheinen mir recht neuen Datums zu sein.«
    »Ist das denn wichtig?«, fragte der Abt.
    »Vielleicht. Alles hängt davon ab, wie wir die wichtigste Tatsache bewerten, die uns dieser Leichnam zuflüstert.«
    »Und die wäre?«, wollte Bruder Donngal wissen.
    »Dass diese junge Frau ermordet wurde.«
    Abt Laisrans Augenbrauen schossen in die Höhe.
    »Also, komm! Unser Bruder Apotheker hat keinerlei Anzeichen von Gewaltanwendung gefunden. Keine Wunden, keine Blutergüsse, keine Abschürfungen. Das Gesicht ist so entspannt, als sei die Frau eingeschlafen. Das sieht doch jeder.«
    Fidelma trat vor, hob den Kopf der jungen Frau hoch und zog den Zopf nach vorn, um den Nacken zu entblößen. Sie |26| hatte das vorhin bei ihrer ersten Untersuchung auch gemacht, und Bruder Donngal und der Abt hatten ihr verwundert zugeschaut.
    »Kommt und seht es euch an, ihr beiden. Bruder Donngal, wie würdest du das erklären?«
    Bruder Donngal wirkte ein wenig verlegen, als er sich vorbeugte.
    »Unter den Zopf habe ich nicht geschaut«, gab er zu.
    »Nun, und jetzt, da du dort hinschaust, was stellst du fest?«
    »Da ist eine kleine verfärbte Stelle. Sie sieht aus wie ein winziger Bluterguss«, erwiderte der Apotheker nach ein, zwei Augenblicken. »Sie ist kaum breiter als ein Fingernagel. In der Mitte ist ein kleiner Blutfleck. Es sieht aus wie der Stich von einem blutsaugenden Insekt. Es könnte aber auch jemand mit einer Nadel in die Haut gestochen haben.«
    »Siehst du das ebenfalls, Laisran?«, fragte Fidelma.
    Der Abt beugte sich vor, schaute und nickte dann.
    Fidelma bettete den Kopf der jungen Frau sanft wieder auf den Tisch.
    »Ich glaube, dass diese Wunde durch einen Einstich hervorgerufen wurde. Du hast recht, Bruder Donngal, wenn du sagst, dass es wie ein Nadelstich aussieht. Dieser Einstich wurde mit einem langen dünnen Instrument ausgeführt, das einer Nadel ähnelt. Es wurde am Nacken angesetzt und dann kräftig hineingestoßen, sodass es in den Kopf eindrang. Sehr schnell. Tödlich. Böse. Die junge Frau ist wahrscheinlich gestorben, ehe ihr bewusst wurde, dass ihr jemand etwas antun wollte.«
    Abt Laisran starrte Fidelma verdutzt an.
    »Jetzt noch einmal, Fidelma. Du sagst, dass die Tote, die heute Morgen in der Nähe der Abtei gefunden wurde, eine hochstehende Frau ist, die man ermordet hat? Das habe ich richtig verstanden?«
    |27| »Und nach ihrem Tod hat man ihr die Kleider fortgenommen und sie eilig in Bauernkleider gesteckt, um ihre Herkunft zu verschleiern. Der Mörder wollte alles entfernen, was auf ihre Person hinwies«, ergänzte Fidelma.
    »Selbst wenn das stimmt«, unterbrach sie Bruder Donngal, »wie können wir dann herausfinden, wer sie war und wer dieses Verbrechen begangen hat?«
    »Dass sie noch nicht lange tot war, als Bruder Torcan sie gefunden hat, macht unsere Aufgabe ein wenig leichter. Sie wurde hier in der Nähe getötet. Eine Frau von Rang war ja sicher an einem vornehmen Ort zu Besuch. Sie war nicht weit gelaufen. Seht nur die Sohlen ihrer Füße an. Ich würde annehmen, dass sie entweder geritten ist oder mit einer Kutsche ihr Reiseziel
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