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Todesengel (Gesamtausgabe)

Todesengel (Gesamtausgabe)

Titel: Todesengel (Gesamtausgabe)
Autoren: H.L. WEEN
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einige Momente und fing dann an, das vereinbarte Repertoire abzuspulen: „Liebe Freundinnen! Ich schätze mich glücklich, heute einen Gast in unserer Runde begrüßen zu dürfen, der wie wir sexuell missbraucht wurde! Bevor ich Mirjam bitte, uns von sich zu erzählen und ihre Wünsche vorzutragen, sollte sie wissen, mit wem sie es zu tun hat. Wir sollten uns ihr also kurz vorstellen! Seid Ihr damit einverstanden?“
    Die anderen Frauen nickten eifrig und Debbie begann mit der Vorstellung, um ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.
    „Ich heiße Debbie und führe die Geschäfte der Gruppe. 1999 wurde ich von einem Unbekannten vergewaltigt und musste anschließend in eine Therapie, in deren Verlauf ich meine Freundinnen kennen lernte! Am Ende beschlossen wir, das Projekt Jungfräuliche Rache ins Leben zu rufen, um anderen Opfern sexueller Gewalt zu helfen. Vielleicht sind wir nicht so professionell wie ausgebildete Therapeutinnen, dafür aber Betroffene, deren Sicht keine noch so gute Schulung ersetzen kann! Ansonsten spiele ich in meiner Freizeit Theater, meist Stücke von Brecht und Dürrenmatt! Willst du noch mehr wissen?“
    Mirjam verneinte die Frage und Debbie gab das Wort an Edeltraut weiter, die sich wegen ihrer Bedenken gegen die Bedingungen der Polizistin zunächst zierte, sich auf Debbies Drängen aber doch vorstellte:
    „Also, gut, ich heiße Edeltraut und bin das Nesthäkchen! Außerdem habe ich Psychologie studiert und lese gerne irische Märchen, male Aquarelle und liebe Katzen!“
    „Wie heißt dein Stubentiger?“, fragte Mirjam aus einer spontanen Eingebung heraus und Debbie spürte die Gefahr, in die sie sich begaben, wenn sie vom Drehbuch abwichen, verriet dem Gast, dass der Kater auf den Namen Fridolin höre und sah dann Antje an, die zum Erstaunen der anderen Frauen ungehemmt losplapperte: „Ich heiße Antje und bin die Seniorin der Gruppe, aber noch ziemlich gut drauf, wenn ich von einem gewissen Trauma absehe. Ich unterrichte an der Heinrich-Seidel-Schule im Stadtteil Gesundbrunnen und meine Freundinnen beklagen sich darüber, dass ich sie wie Schülerinnen behandle! Willst du noch mehr wissen?“
    Mirjam verneinte wieder und Debbie überlegte, wen sie als Nächste reden lassen sollte, entschied sich nach kurzem Zögern für Sigrun, die erst einmal hüstelte und sich dann bemerkenswert kurz fasste: „Ich bin Sigrun, arbeite als Anwältin und kann mit meinen juristischen Kenntnissen einiges für unsere Klienten herausholen. Das sollte fürs erste reichen!“
    Debbie wunderte sich über die Aggressivität der Rechtsexpertin und fragte sich, welche Befürchtungen sie hegte. Ging es ihr nur, wie sie vorhin in der Debatte geltend gemacht hatte, um die Sicherheit der Gruppe oder doch eher um ihre persönliche Zukunft? Aber es war müßig, hierüber zu spekulieren und deshalb war sie froh, als die Russin als Nächste das Wort ergriff:
    „Ich heiße Jelena und bin Gynäkologin, was sich bei dem, was wir treiben, als sehr nützlich erweist. Manche Opfer lassen sich sogar von mir untersuchen, bevor sie zur Polizei gehen, weil die meisten Ärzte wenig zartfühlend mit vergewaltigten Frauen umgehen…“
    „Und was magst du?“, wollte Mirjam wissen, worauf sich das Gesicht der Frau verklärte und sie sich zu den Gefühlen bekannte, die sie für ihre sibirische Heimat empfand.
    „So, das wäre es meines Erachtens!“, meinte Debbie, die davon ausging, dass Fatima und Mirjam sich am letzten Sonntag persönlich schon näher gekommen waren, doch wollte es sich die Orientalin partout nicht nehmen lassen, wenigstens einige Worte über sich loszuwerden und hob brav wie eine Pennälerin den Arm, bis die Sprecherin ihre Wortmeldung bemerkte und die Deutsch-Türkin sich der Oberkommissarin endlich richtig vorstellen konnte: „Ich heiße Fatima und habe, wie du dir denken kannst, türkisches Blut in meinen Adern. Ansonsten stecke ich in den Vorbereitungen für das zweite juristische Staatsexamen, schätze zeitgenössische deutsche Literatur und liebe die vielen exotischen Pflanzen in meiner Wohnung, um die mich meine Freundinnen beneiden!“
    Debbie dankte den Frauen für ihre Beiträge, straffte sich und bat Mirjam, noch einmal in groben Zügen ihre Leidensgeschichte zu erzählen. Die Oberkommissarin errötete, fand nur schwer einen Anfang, doch dann sprudelte alles aus ihr heraus, was Becker ihr eingebläut hatte und Debbie fühlte sich immer wohler. Die Kriminalbeamtin hatte offenbar großes
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