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Todesacker

Todesacker

Titel: Todesacker
Autoren: Stephen Booth Thomas Bauer
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wurden, indem man das Vaterunser rückwärts aufsagte. Ja, das gute alte Vaterunser rückwärts – das funktionierte immer, nicht wahr?
    Sie gingen weiter durchs Museum. Cooper warf einen Blick zum Fenster hinaus und stellte fest, dass es noch immer regnete. Er hatte nichts gegen Edendale bei Regen, doch Amy wollte nicht nass werden. Da es für sie der Beginn ihrer Weihnachtsferien war und für ihn nur ein freier Tag, sollte sie entscheiden dürfen, was sie unternahmen und wohin sie gingen. Und dazu gehörte nicht, nach draußen in den Regen zu gehen.
    Der Victoria Park im Stadtzentrum war von einem viktorianischen Weihnachtsmarkt in Beschlag genommen. Nach den Menschenmengen zu urteilen, die in die Stadt strömten, erfreute er sich großer Beliebtheit. In der Luft hingen der Geruch von gerösteten Maroni und der Klang einer Jahrmarktsorgel. Und es gab dieses Jahr eine Neuerung in Edendale: einen sogenannten »kontinentalen« Markt, dessen Verkaufsbuden französisches Brot und deutsche Würstchen anboten. Einige der Budenbesitzer sprachen mit ausländischem Akzent und mochten tatsächlich Franzosen oder Deutsche gewesen sein, doch heutzutage konnte man sich nie sicher sein.
    Abends mischten sich Pantomimekünstler, Stelzengeher und Clowns unter die Menge, und der Weihnachtsmann tauchte jeden Abend genau zur selben Zeit mit seinem Schlitten auf. Zwei Wochen zuvor war ein Moderator des Lokalfernsehens herangekarrt worden, um die Beleuchtung einzuschalten, doch die Hauptattraktion war der morgige Auftritt einer Abba-Revival-Band auf der großen Bühne.
    Sie blieben bei einem Kostüm-Schaukasten stehen, in dem die robusten Hosen und die ledernen Knieschoner eines Bleiminenarbeiters sowie die Kleider und Hüte einer eleganten Dame zu sehen waren.
    »Und, wie gefällt es dir in der Schule, Amy?«, erkundigte sich Cooper, als er bemerkte, dass eine ungewohnte Stille einkehrte.
    »Da herrscht das totale Geklüngel. Alle sind Gruftis oder Emos. Oder Prolls.«
    »Prolls?«
    »Die sind alle so bescheuert. Es gibt überhaupt keine normalen Leute, Onkel Ben.«
    »Bist du lieber zu Hause oder in der Schule?«
    »Na ja, zu Hause ist es schon ganz okay. Ich bin gerne auf der Farm bei den Tieren. Aber Mum und Dad sind manchmal so was von kindisch.«
    »Oh, sind sie das?«
    »Die denken nur an Geld und Besitz – sie sind schreckliche Materialisten. Ich finde es echt unglaublich, dass sie nicht hin und wieder über wichtige Themen nachdenken.«
    Cooper fiel auf, dass er hinter seiner Nichte herging, als sei er das Kind, das Aufmerksamkeit forderte. Eigentlich hätte es andersherum sein sollen, doch in der Realität funktionierte das offenbar nie.
    »Na ja, die beiden sind eben sehr damit beschäftigt, sich um dich und um Josie zu kümmern«, sagte er. »Und sie müssen dafür sorgen, dass die Farm genug Geld einbringt, damit die ganze Familie davon leben kann. Das ist sehr harte Arbeit, weißt du?«
    Amy schien ihn nicht zu hören. Er sah ihr an, dass sie wieder über irgendetwas nachgrübelte. Es war ziemlich beunruhigend, wie sie das tat – als habe sie auf Autopilot geschaltet, während sich ihr Gehirn auf ein völlig anderes Thema konzentrierte. Vielleicht trainierte sie bereits an ihrer Multitaskingfähigkeit, die angeblich alle Frauen besaßen.
    »Das ist wie bei Draco Malfoy in dem Laden in der Nokturngasse«, sagte sie.
    Cooper runzelte die Stirn, da ihn die Wendung des Gesprächs abermals verblüffte. »Tatsächlich?«
    Seine Gedanken drehten sich im Kreis, als er versuchte, die Anspielung einzuordnen. Es war beschämend, feststellen zu müssen, dass sein Gehirn so viel langsamer arbeitete als Amys, doch er fand es neuerdings immer schwieriger, mit den Interessen seiner Nichten Schritt zu halten. Ihr Leben schien sich sehr schnell zu verändern, und die Popstars, die sie anhimmelten, wechselten von einer Woche auf die andere. Selbst der Wortschatz, den sie verwendeten, entwickelte sich so rasant weiter, dass er nicht mehr folgen konnte.
    »Moment mal – Draco Malfoy, sagtest du? Der ist doch aus Harry Potter .«
    »Natürlich ist der aus Harry Potter .« Amy konnte die Verachtung in ihrer Stimme kaum verbergen. »Aus der Kammer des Schreckens . Draco Malfoy findet eine Hand des Ruhms, als er mit seinem Vater in den Laden geht. › Der beste Freund der Diebe und Plünderer ‹, sagt der Ladenbesitzer.«
    »› Der beste Freund der Diebe und Plünderer .‹ Okay, das ergibt einen Sinn.«
    »Also ist die Hand Zauberei«,
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