Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesacker

Todesacker

Titel: Todesacker
Autoren: Stephen Booth Thomas Bauer
Vom Netzwerk:
zweiten Weihnachtsfeiertag meine Schwiegereltern besuchen.«
    Fry spähte über das Absperrband in das Grab. Das Loch wurde immer größer, während sie zusah. Die Hand, auf die der Bauarbeiter gestoßen war, wirkte verhältnismäßig frisch. Doch der Torso, der jetzt mit größter Sorgfalt freigelegt wurde, schien stark verwest zu sein.
    Handelte es sich um einen alten, ungeklärten Fall oder um einen neuen? Fry war unverhohlen ehrgeizig – sie wollte unbedingt die nächste Stufe auf der Karriereleiter erklimmen, und dazu musste sie Fälle vorzuweisen haben. Erfolgreich gelöste Fälle, hieb- und stichfeste Anklagen, die zu einer Verurteilung führten. Aufklärungen, keine Schlamassel. Im April stand die nächste gefürchtete alljährliche Mitarbeiterbeurteilung an. Sie musste irgendetwas für sich verbuchen, das sie als aktuellen Triumph präsentieren konnte, als Bestätigung für ihre herausragende Fähigkeit und Fachkenntnis, als Beweis dafür, dass sie in der Lage war, ein Ermittlungsverfahren zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, bla, bla, bla. Die Führungsriege glaubte es, wenn sie es schwarz auf weiß vor sich hatte, auf ein offizielles Formular getippt. Würde die Pity Wood Farm ihr einen solchen Fall bescheren?
    »Okay, sorgen wir dafür, dass diese Leute hinter die Absperrung gehen. Was haben die hier eigentlich zu suchen?«
    »Das sind Zeugen, Diane.«
    »Alle?«
    »Anscheinend schon.«
    »Tja, dann lass dir ihre Namen und Adressen geben und schaff sie aus dem Weg, Herrgott noch mal.«
    »Offenbar sprechen sie kein Englisch.«
    »Oh, meine Güte.«
    Der Regen hatte erneut eingesetzt und fiel in großen, dicken Tropfen, die auf das Dach ihres Wagens prasselten und kleine Krater in dem ohnehin schon heimtückisch aufgeweichten Boden hinterließen. Um sie herum steigerten die Leute in Uniform oder Schutzanzügen aus Papier ihr Arbeitstempo, als überkäme sie plötzlich ein neu entdecktes Gefühl von Dringlichkeit. Binnen weniger Minuten suchten sie alle Schutz an den Wänden des Farmhauses oder setzten sich in ihre Fahrzeuge.
    Und erst dann nahm Fry die Pity Wood Farm erstmals richtig zur Kenntnis. Bislang hatte sie sich auf den Boden konzentriert und sich bemüht, nicht in dem glitschigen Schlamm auszurutschen, der ihre Schuhe bedeckte und an den Zehen eindrang. Doch jetzt blickte sie auf und sah die Farm in ihrem ganzen verwahrlosten Zustand.
    Sie war mit einer Ansammlung von Nebengebäuden konfrontiert, die sich in unterschiedlichen Winkeln neigten. Ihre Dächer waren eingeknickt, und die Türen hingen lose in den Angeln. Letztere schienen sich aufgrund irgendeines seltsamen physikalischen Gesetzes in die entgegengesetzte Richtung zu neigen wie die Wände, als wollten sie deren Schräglage ausgleichen. Einige Türöffnungen waren verbarrikadiert, Fenster waren zugemauert, und Stufen führten ins Nirgendwo. Der Schlamm reichte bis an die Mauern der Nebengebäude und bis zur Eingangstür des Farmhauses selbst. Fry vermutete, dass er sich sogar bis ins Haus erstreckte. Die Außenwände waren verschmutzt und fleckig, und an einer kaputten Regenrinne hing ein Vogelnest. Dort, wo sich einst der Garten befunden haben mochte, war das abgestorbene Gras mit Bergen von Abfall übersät. Handelte es sich hier tatsächlich um eine Farm?
    »Wer ist denn sonst noch hier, Gavin?«, erkundigte sie sich verzweifelt.
    »Der Detective Inspector ist unterwegs«, sagte Murfin. »Aber bis er da ist, sind wir beide allein.«
    »Detective Constable Cooper?«
    »Ben? Der hat heute frei. Wir wissen nicht, wo er ist.«
    »Komisch«, sagte Fry. »Das hier wäre genau nach seinem Geschmack.«
    Detective Constable Ben Cooper kauerte unbequem in der Hocke und nahm den verwitterten Gegenstand genau in Augenschein. In all den Jahren, seit er bei der Polizei von Derbyshire arbeitete, einschließlich der sieben Jahre bei der Kriminalpolizei, hatte er so etwas noch nie gesehen. Er hatte schon etliche Tote zu Gesicht bekommen: Einige davon waren seit langem tot gewesen, andere hatten erst kurz davor das Zeitliche gesegnet. Und manche waren doch nicht ganz tot gewesen. Aber das hier?
    Das Fleisch an den Fingern war zusammengeschrumpft, sodass diese zwar dünn, aber nicht vollständig skelettiert waren. Die Tatsache, dass noch eine Schicht lederartige Haut vorhanden war, die eng an den Fingerknochen anlag, machte das Ganze irgendwie noch schlimmer, als hätte er die blanken Knochen vor Augen gehabt. Das hatte zur Folge, dass die Hand
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher