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Tod in Wacken (German Edition)

Tod in Wacken (German Edition)

Titel: Tod in Wacken (German Edition)
Autoren: Heike Denzau
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aber rauchende Kinder sind für mich so ein Gräuel, dass ich dieserlei Angelegenheiten gern selbst in die Hand nehme. Nun, wie gesagt: Ihre Tochter wurde vor den Ferien mehrfach beim Rauchen in der Schulhoftoilette erwischt.«
    Lyn starrte ihr Gegenüber an. Diese Frau zitierte sie hierher, weil Charlotte – was an sich schon unglaublich war – ein paar Zigaretten auf dem Schulklo gepafft hatte? Auf dem gleichen Schulklo, auf dem auch sie in ihrer Schulzeit in der großen Pause ihre HB gequalmt hatte? Obwohl, eigentlich nicht nur in der großen Pause. Nein, freitags hatte sie sich sogar in der Fünf-Minuten-Pause aus dem riesigen alten Kunstsaal im oberen Stockwerk zu den sanitären Rauchanlagen aufgemacht, weil eine ambitionierte Junglehrerin ihr verhasste feinstmotorische Höchstleistungen abverlangt hatte.
    »Mussten Sie jemals aus einem Ministückchen Stoff ein Kissen und eine Decke nähen und beides mit einem Hauch Watte befüllen, für ein Mikropüppchen, das in einer halben Walnussschale liegt?«
    »Bitte?« Die Direktorin sah Lyn verwirrt an.
    »Sorry«, entschuldigte Lyn sich schnell, »dieses Gebäude weckt jede Menge Erinnerungen an meine eigene Schulzeit und an meine schon damals nicht vorhandenen handarbeitlichen Fähigkeiten.«
    Da sich die Falte auf Dr.   Mühling-Hübners Nasenwurzel nicht löste, verzichtete Lyn auf weitere Ausführungen. Sie hätte noch erzählen können, dass sie eine glatte Sechs für dieses Projekt bekommen hatte, weil sie die Nähte, statt mit Nadel und Faden, mit Klebstoff gesäumt hatte. Aber sie entschied sich dann doch für eine der Dramatik der Rauch-Affäre angemessene Miene und versicherte: »Ich werde mit Charlotte reden, Frau Dr.   Mühling-Hübner. Sie soll, wenn sie schon rauchen muss, was ich übrigens immer noch nicht fassen kann, das im Raucherareal erledigen. So etwas bieten Sie doch sicher für die erwachsenen Schüler an?«
    Der Mund der Direktorin wurde spitz. »Ich rede nicht von Charlotte, Frau Harms.«
    Lyn war verwirrt. »Jetzt verstehe ich Sie nicht.«
    »Ich rede von Sophie.«
    »Vo…« Lyn brach in Lachen aus. »Krümel? Im Leben nicht. Ich weiß wirklich nicht, welches Mädchen sie da erwischt haben, aber mit Sicherheit nicht Sophie. Wenn jemand Zigaretten und Raucher hasst, dann sie.«
    Das Lächeln von Dr.   Mühling-Hübner wurde süffisant. »Die Eltern sind meistens die Letzten, die erfahren, dass ihre Kinder den falschen Weg einschlagen. Im Moment ist es das Rauchen, in den letzten Schulwochen waren es die schlechten Noten. Hoffen wir, dass Sophie sich im neuen Schuljahr fängt.«
    Sie stand hinter ihrem Schreibtisch auf und reichte Lyn die Hand. »Meine beiden Briefe hat sie ja anscheinend auch abgefangen … Ich hielt es einfach für meine Pflicht, Sie über die Vorkommnisse in Kenntnis zu setzen. Alleinerziehenden, ganztags arbeitenden Müttern fehlt ja manchmal der Überblick. Guten Tag, Frau Harms.«
    »Bist du in Gedanken etwa schon wieder bei Frau Doktor Müller-Lüdenscheidt?« Hendrik drehte sich auf die Seite und fuhr mit seinen Fingern sanft über Lyns nackten Rücken Richtung Po. »Mir scheint, ich muss dich erneut auf andere Gedanken bringen.«
    Lyn drehte sich von der Bauch- in die Rückenlage und starrte auf den Fleck, den eine totgeklatschte Mücke an Hendriks Schlafzimmerdecke hinterlassen hatte. »Ich bin nicht besser als der Vater im ›Erlkönig‹. Ich nehme die Sorgen und Nöte meiner Kinder nicht wahr. Ich bin eine schlechte Mutter.«
    »Ihr könntet die Super-Nanny rufen.«
    »Hendrik Wolff!« Lyn kniff ihm in den Handrücken, als seine Finger in eindeutig nicht platonischer Absicht über ihre Brustwarzen strichen. »Nimm mich bitte ernst. Sophie macht das, weil sie unglücklich ist und Aufmerksamkeit möchte.«
    »Sie ist in der Pubertät, und sie hasst den neuen Partner ihrer Mutter, sprich: mich. Glaubst du nicht, dass es einfach eine Phase ist, die über kurz oder lang vorbeigeht? Das hoffe ich zumindest …« Hendrik wurde vom Rufton seines Handys unterbrochen.
    »Nun geh schon ran«, sagte Lyn, als er es klingeln ließ.
    Das Gespräch war nur von kurzer Dauer. »Das war Wilfried«, sagte Hendrik. »Leider«, er beugte sich zu Lyn und seine Lippen streiften ihre Brüste, »müssen wir sofort los.« Mit einem bedauernden Seufzer schwang er sich aus dem Bett. »In Elmshorn hat es einen Toten gegeben.«

ZWEI
    »Ich dachte immer, Kohlgeruch im Treppenhaus sei ein Klischee einfallsloser Billigkrimi-Autoren«, sagte
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