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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck
Autoren: Lena Avanzini
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beruhigen.«
    Ihre Stiche saßen gut. Sie hatte ein Talent, den wunden Punkt zu finden, die Nadel hineinzubohren und im entzündeten Fleisch umzudrehen.
    Vera schwieg. Sie faltete Isas Brief zusammen und ging zur Tür.
    »Geh nur! Und tu, was du nicht lassen kannst«, keifte Mutter. »Aber von mir bekommst du keinen Cent mehr, wenn du dein Studium hinschmeißt.«
    »Behalte deine Kohle«, antwortete Vera ruhig. »Ein Job findet sich. Ich brauche dein Geld nicht.«

DREI
     
    Innsbruck
     
    In der Küche duftet es nach gerösteten Zwiebeln. Sie hat schon das Knödelbrot abgewogen und die Milch mit den Eiern verquirlt. Fasziniert beobachte ich, wie sie den Speck in regelmäßige Würfel schneidet und ihn abwiegt.
    »Viel zu wenig. Ich brauche die doppelte Menge.« Sie richtet ihre Rosinenaugen auf mich und verzieht den Mund zu einem zuckersüßen Lächeln. »Bist du so lieb? Holst du mir welchen aus dem Keller?«
    »Aus dem Keller?« Etwas in mir versteift sich.
    »Zwei fingerdicke Scheiben genügen. Am besten schneidest du sie an Ort und Stelle herunter, dann musst du nur einmal gehen.«
    Sie wartet meine Antwort nicht ab, sondern händigt mir das große Fleischmesser aus.
    »Dafür mache ich die Speckknödel extra saftig, mit Zwiebeln und viel Petersilie, wie du sie magst, mein Schatz.«
    Das Messer liegt schwer in meiner Hand. Es fühlt sich gut an. Dr. Czernys Worte fallen mir ein: »Nehmen Sie einen Helfer mit, einen mächtigen Verbündeten, der Sie beschützt. Ich denke an einen Schutzengel. Oder eine Art Superman.«
    Mit Schutzengeln habe ich nichts am Hut, und Superman halte ich für eine lächerliche Figur. Was kann ein fiktives Heldenwesen im Vergleich zu einer realen Waffe schon bieten?
    Ist eine geschliffene Klinge nicht ein weit verlässlicherer Helfer im Kampf gegen eine Phobie?
    Meine Linke schließt sich fester um den Griff des Messers.
    Stufe für Stufe steige ich die Kellertreppe hinab. Mit einem Knarren öffnet sich die Tür. Ich lege den Lichtschalter um und atme auf, als nach mehrmaligem Blinken die Neonröhren den Korridor milchig weiß erhellen.
    Langsam tappe ich voran. Vorsichtig öffne ich die Tür zum Vorratsraum. Der Geruch nach schrumpeligen Äpfeln schlägt mir entgegen. Vor meinem inneren Auge zieht eine Flut von Bildern auf. Bilder von früher, von dunklen Schemen, der Fratze eines schleimigen Ungeheuers, das sich aus den Schatten löst, um mich zu …
    Endlich ertaste ich den Lichtschalter. Wie ein Blitz flackert für einen Lidschlag Helligkeit auf.
    Dann knallt es.
    Ich schreie.
    Klappernd fällt das Messer auf den Fliesenboden.
    Dunkelheit legt sich über mein Gesicht, ein Polyp aus schwarzem Gewebe, der in meine Augen wuchert, in die Ohren, den Mund. Ich presse meine Hände gegen die Brust und ringe nach Luft. Beginne zu zählen.
    Eins. Die Kälte der Fliesen kriecht in meine Füße und lässt sie erstarren.
    Drei. Aus der Stille schält sich ein Raunen, Flüstern, Kichern und Stöhnen. Die Kellerwesen.
    Sieben.
    »Was ist los? Warum ist der Strom plötzlich weg?« Ihre kreischende Stimme bringt mich in die Gegenwart zurück.
    Ganz ruhig. Die Glühbirne ist durchgeknallt und hat einen Kurzschluss verursacht. Reiß dich zusammen. Heb das Messer auf und geh langsam wieder nach oben. Du kannst es.
    Ich versuche, meine Beine zu bewegen, aber sie knicken ein. Mein Körper gehorcht nicht, und mir bleibt nichts anderes übrig, als meinen Rücken gegen die Wand zu drücken und langsam an ihr zu Boden zu gleiten.
    »Schatz? Dir ist doch nichts passiert?«
    Mit zitternden Fingern taste ich nach dem Messer, während sich Schritte nähern. Schwere Schritte.
    Sie poltern die Kellertreppe herab.
    Noch drei Stufen.
    Wo ist das Messer?
    Noch zwei.
    Endlich fühlen meine Finger den scharfen Stahl.
    Noch eine.
    Ein Stöhnen entschlüpft mir, meine Hand schließt sich hart um das Heft.
    »Schatz?« Die Kellerwände werfen die quakende Stimme zurück und lassen sie hohl klingen.
    Schon zuckt ein Lichtstrahl heran.
    Ich bäume mich auf, als der gelbe Kegel über mein Gesicht tastet.
    »Hast du dir wehgetan?«, fragt die Schattenkröte.
    Jetzt beugt sich der schmatzende Mund über mich.
    Ich schnelle vor.
    Meine Rechte bekommt die Taschenlampe zu fassen.
    Mit der Linken stoße ich zu.
    Einmal, zweimal, dreimal tanzt das Messer durch die Luft und landet im Krötenbauch. Die Lampe malt einen gelben Kreis über das warzige Gesicht. Das breite Maul klafft auf wie eine Wunde.
    Grell gellt der Schrei der
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