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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck
Autoren: Lena Avanzini
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zufrieden.
    Loslassen. Ich habe das Loslassen gelernt.
    * * *
     
    Hamburg-Ohlsdorf
     
    Der Himmel drückte bleigrau auf die alten Linden des Ohlsdorfer Friedhofs. Wind frischte auf, riss zimtfarbene Blätter ab und peitschte Regen in Veras Gesicht.
    Vor dem Stein aus rötlichem Granit blieb sie stehen.
    »Isabel Meyring, 21.3.1994 – 1.6.2010«, war in schwarzen Lettern eingraviert. Die Buchstaben sahen wie neu aus, während die Namen der Großeltern schon verblasst waren. Vera öffnete ihren Rucksack und holte ein sperriges Paket heraus, das in grünes Seidenpapier eingeschlagen war. Sie riss das Papier herunter und zerknüllte es.
    »Ich habe dir was mitgebracht«, sagte sie und stellte ein Paar quietschgrüner High Heels unter den Buchsbaum. »Die habe ich kaum getragen. Und es ist deine Lieblingsfarbe.«
    Sie setzte sich auf die steinerne Grabeinfassung und sah einem glänzend schwarzen Käfer zu, der sich hinter der schmiedeeisernen Laterne in Sicherheit brachte.
    Der Regen ließ langsam nach. Es roch nach feuchter Erde und modrigen Blättern. Ein Versprechen von Winter lag in der Luft.
    »Ciao, Schwester.« Vera erhob sich. Ohne sich umzudrehen, bog sie in den Kiesweg ein, auf dem sie hergekommen war.

EPILOG
     
    Endlich sind die Weißkittel gegangen, diese Blutegel und Giftmischer. Vor ihren Augen habe ich brav meine Pillenration in den Mund gesteckt, habe sie wieder ausgespuckt, als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel. Nichts soll meinen Geist heute Nacht träge und gefügig machen.
    Ich brauche ungetrübte Sinne, um mein Werk zu vollenden.
    Meine Mittel sind primitiv, aber ich habe Zeit. Zeit bis morgen früh.
    Morgen werden sie sich fragen, wie ich an die Glasscherbe kommen konnte. Vielleicht werden sie die Hilfsschwester entlassen, die beim Wegräumen des zerbrochenen Glases nicht gut genug aufgepasst hat. Als Ausländerin gibt sie eine willkommene Schuldige ab.
    Der letzte Satz meiner Komposition ist kurz, sodass ich ihn in meinen Arm ritzen kann. Schade, dass ich kein Tätowiergerät mehr habe. Nicht einmal eine Nadel. Natürlich wird es nicht halbwegs so kunstvoll, wie ich es mir wünschen würde. Und es wird schmerzhaft sein. Aber Schmerzen sind menschliche Schwächen, die überwunden werden müssen.
    Ich rufe mir SEINE Worte ins Gedächtnis, die mir eine Brücke zwischen zwei Abgründen sind: »Von allem Geschriebenen liebe ich nur Das, was Einer mit seinem Blute schreibt. Schreibe mit Blut: und du wirst erfahren, dass Blut Geist ist.«
    Ich brauche lange, muss viele Pausen einlegen.
    Endlich ist es geschafft. Ich habe die letzten Takte meines Lebenswerks in meinen Körper geritzt.
    Es dämmert schon. Ich lege mich auf das Bett, nehme die Glasscherbe und drücke ihre scharfe Kante fest auf meinen Puls, schlitze die Ader der Länge nach auf.
    Blut spritzt im Rhythmus meines Herzschlags an die Wand. So viel Blut.
    Ich lasse mich in das Pulsieren hineinfallen, schließe die Augen.

NACHBEMERKUNGEN
     
    Eine Tiroler Musikakademie gibt es nicht. Ich habe diese fiktive akademische Einrichtung frecherweise da angesiedelt, wo sich in Wirklichkeit (noch) die Innsbrucker Stadtsäle befinden. Auch das Jazzcafé Blue Note und das Wohnhaus von Mettes Tante auf der Hungerburg sind lediglich meiner Phantasie entsprungen. Die übrigen Schauplätze, Lokale, Sehenswürdigkeiten und Straßennamen entsprechen der Realität, die Hausnummern sind dagegen erfunden.
    Ein herzliches Dankeschön geht an meine wunderbaren Testleserinnen Andrea, Bärbel, Kerstin, Susanne und Susan, die die richtigen Fragen gestellt, motiviert, gelobt und konstruktiv kritisiert haben.
    Fetten Dank dem weltbesten Schreiblehrer, Rainer Wekwerth, der an diesen Roman geglaubt hat, ehe ich es selbst konnte.
    Überaus dankbar bin ich meinen Recherchehelfern, besonders Herrn Dr. Franz Gratl, dem Kustos der Musiksammlung der Tiroler Landesmuseen, Frau Dr. Pia Gigl für die kompetente Beratung im Hinblick auf medizinische Themen und dem Institut für Gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck für die geduldige Beantwortung meiner Fragen auf dem Gebiet der Forensik. Eventuelle Fehler, die sich dennoch eingeschlichen haben mögen, gehen selbstverständlich ausschließlich zu meinen Lasten.
    Weiters bedanke ich mich aufrichtig bei meiner Literaturagentin Natalja Schmidt und beim gesamten Team des Emons Verlags, besonders bei den Lektorinnen Dr. Marion Heister, Stefanie Rahnfeld und Dr. Christel Steinmetz.
    Zum Schluss möchte ich all
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