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Tod in Innsbruck

Tod in Innsbruck

Titel: Tod in Innsbruck
Autoren: Lena Avanzini
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Kröte in meinen Ohren.
    Er wird zu einem Gurgeln, als ich das Messer quer über den faltigen Hals ziehe.
    Warme Flüssigkeit spritzt mir ins Gesicht. Ich lecke über die Lippen, schmecke die Bitterkeit von Kupfer, vermischt mit ein wenig fader Süße. Als das Licht der Taschenlampe auf die Wand fällt, glänzt dort ein bizarres Muster purpurner Spritzer. Es sieht aus wie ein Kunstwerk. Beinahe wie ein Schüttbild von Nitsch.

VIER
     
    Sie trat kräftig in die Pedale und überholte einen Opa, der zwei prallvolle Einkaufstüten am Lenker balancierte und Schlangenlinien fuhr. Die Sonne brannte auf das asphaltierte Innufer. Obwohl Vera flott dahinrollte, reichte der Fahrtwind nicht aus, ihren Schweiß zu trocknen. Immer wieder löste sich ein Tropfen und kullerte nackenabwärts.
    Seit acht Uhr morgens flitzte sie auf einem rostigen Drahtesel, den sie von Jochens Freunden ausgeborgt hatte, kreuz und quer durch Innsbruck, auf der Suche nach einer Wohnung. Vier Adressen hatte sie schon abgeklappert. Ohne Erfolg. Entweder die Vermieter verlangten Kautionen, von denen am Telefon nicht die Rede gewesen war, oder die Zimmer waren desolat. Eines hatte sich als fensterloser Kellerraum herausgestellt, mit schimmligen Wänden, einem vorsintflutlichen Elektroöfchen als Heizung und einem Waschbecken als Dusch-Ersatz. Vera hatte der aufgetakelten Vermieterin einen Vogel gezeigt und sich enttäuscht auf den Weg in die Altstadt gemacht, zur letzten Adresse, die sie in der Internetbörse gefunden hatte.
    Bei der Ottoburg stieg sie vom Rad und schob es im Slalom zwischen trödelnden Touristen hindurch. Eine Gruppe dunkelhäutiger Frauen in bunten Saris quoll aus einem Souvenirladen. Eine der Inderinnen zeigte auf das Goldene Dachl und lachte glockenhell, als würde sie sich über die Mickrigkeit des Innsbrucker Wahrzeichens amüsieren. Kein Wunder. Ein Volk, das ganze Tempel in Blattgold hüllte, musste von den paar vergoldeten Schindeln des überdachten Erkers zwangsläufig enttäuscht sein.
    Vera hielt auf das Café Katzung zu, dahinter bog sie in die enge Seilergasse ein. Zwischen den dicht gedrängten Häuserfronten war es angenehm kühl, Touristen verirrten sich nur vereinzelt hierher.
    Das Haus mit der Nummer 22 sah aus, als hätte es seine beste Zeit schon hinter sich. Vera kletterte die steile Stiege hinauf bis in den dritten Stock und klingelte. Eine junge Frau in Unterwäsche öffnete.
    »Hallo, ich bin Vera, Vera Meyring. Wir haben gestern telefoniert.«
    »Das Zimmer, na klar. Hab total verschlafen, sorry. Komm doch rein.« Sie führte Vera in die Küche. Dreckiges Geschirr türmte sich überall, sogar die Mikrowelle war voll damit. Die Unterwäschenlady füllte eine italienische Espressomaschine mit Kaffeepulver, schraubte sie zusammen und stellte sie auf den Herd. Sie suchte etwas, vermutlich saubere Tassen. Schließlich nahm sie zwei Keramikbecher aus der Spüle, in denen verschiedenfarbiger Schimmel wucherte. Fluchend wusch sie die Becher aus und wartete, bis die Espressomaschine ausgeröchelt hatte.
    Der Kaffee war schwarz wie frischer Teer.
    »Milch ist aus. Zucker auch.«
    Sie stürzte die Brühe hinunter. Erst danach stellte sie sich vor. Sie war die Hauptmieterin der Wohnung, hieß Anna Mitterer und studierte Architektur. Während sie sich anzog, sah Vera sich um.
    Die Bude bestand aus drei Zimmern, der Küche und einem Bad, das nicht ganz so dreckig war, wie der Zustand des Geschirrs es vermuten ließ. Außer Anna wohnte noch ein BWL-Student hier, Karl, der aber meistens bei seiner Freundin übernachtete und sich selten blicken ließ.
    »Dein Zimmer ist das kleinste und daher auch das billigste«, erklärte Anna, als hätte Vera schon zugesagt.
    »Kaution?«, fragte sie vorsichtig.
    Anna schüttelte den Kopf. »Wenn du willst, kannst du sofort einziehen und musst erst ab Juli blechen.«
    »Wieso das denn?«
    »Karin, deine Vorgängerin, hat bis einschließlich Juni bezahlt. Sie war Kellnerin im Blue Note. Vor einigen Wochen hat sie dort einen Kerl aufgerissen, na, was soll ich sagen, so ein Industriellensöhnchen, Typ Milchbubi, aber stinkreich.« Anna warf ihre Haare zurück und verzog den Mund. »Mr. Rich Man muss megamäßig auf Karin abgefahren sein. Vor ein paar Tagen hat sie ihren Job geschmissen und das Zimmer gekündigt. Sie ist mit ihrem ganzen Krempel zu ihm nach Seefeld gezogen, in eine Traumvilla. Mit goldenen Armaturen und so. Arbeiten hat sie wohl nicht mehr nötig.«
    »Klingt nach einem schlechten
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