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Tod in den Wolken

Tod in den Wolken

Titel: Tod in den Wolken
Autoren: Agatha Christie
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verlief in angenehmster Weise. Japp gefiel sich in der Rolle des gutmütigen Gönners, Norman war neugierig, und Mr Clancy beinahe so aufgeregt wie damals, als er den verhängnisvollen Dorn erkannt hatte.
    Nach dem Essen, als der Kaffee serviert wurde, räusperte sich Poirot ein wenig verlegen, aber keineswegs frei von Selbstbewusstsein.
    «Meine Freunde», sagte er, «Monsieur Clancy fesseln meine Methoden, wie er sie nennt, ungemein. Wenn es Sie daher nicht langweilt, möchte ich Ihnen jetzt eine kleine zusammenfassende Schilderung der Methoden geben, die ich im Fall Giselle angewandt habe.»
    Er machte eine Pause und überflog einige Notizen, und Inspektor Japp benutzte die Zeit, um Norman zuzuraunen: «Wie er sich bläht, was? Eitelkeit ist der Beiname unseres Freundes!»
    Poirot warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und begann.
    «Über die ersten Geschehnisse im Flugzeug kann ich hinweggehen, da sie allen zur Genüge bekannt sind: Lassen Sie mich mit dem Moment anfangen, als ich, zufällig oder von meinem Glücksstern geleitet, auf den Fußboden schaute und dort, halb vom schwarzen Kleid Madame Giselles verborgen, etwas erspähte, was man im ersten Augenblick für eine tote Wespe hätte halten können. In Wirklichkeit war es ein bei den Wilden als Waffe gebräuchlicher Dorn, an dem ein winziger schwarzgelber Seidenflaum haftete.
    Gleich darauf hörten wir aus Mr Clancys Munde, dass die Eingeborenen derartige Dornen mittels eines Blasrohrs fortzuschleudern pflegen, und später wurde, wie Sie ebenfalls wissen, das Blasrohr selbst entdeckt, wenn es denn wirklich das Blasrohr war…
    Als wir Croydon erreichten, schwirrten verschiedene Ideen in meinem Hirn umher, aber sobald ich den Fuß endgültig auf festen Boden gesetzt hatte, begann es wieder in seiner gewohnten Schärfe zu arbeiten.»
    «Weiter, Monsieur Poirot», grinste Japp. «Nur keine falsche Bescheidenheit!»
    Abermals rügte Poirot diesen Spott durch einen Seitenblick.
    «Zwei Punkte beschäftigten mich sofort lebhaft», fuhr er fort. «Vor allem die zweckdienliche Anwesenheit der Wespe, die Monsieur Dupont erschlagen hatte, und ferner die Auffindung des Blasrohrs. ‹Warum warf es der Mörder nicht durch die Ventilatoröffnung hinaus?›, fragte ich nach der Verhandlung meinen Freund Japp. Ein Blasrohr, an dem noch Teilchen des Preisschildes klebten, musste unweigerlich über kurz oder lang identifiziert werden.
    Zu welchem Schluss gelangte ich? Dass der Mörder die Entdeckung des Blasrohrs wünschte!
    Weshalb aber? Nur eine Antwort schien logisch. Wenn ein vergifteter Dorn und ein Blasrohr gefunden wurden, würde man selbstverständlich annehmen, der Mord sei mithilfe dieses Blasrohrs verübt worden. Demnach hatte der Verbrecher ihn in Wirklichkeit auf andere Art begangen.
    Hinwiederum erklärten die medizinischen Gutachter, dass der vergiftete Dorn tatsächlich die Todesursache war. Ich schloss die Augen und fragte mich: ‹Welches ist die sicherste und zuverlässigste Art, einen vergifteten Dorn in die Halsschlagader zu bohren?› Und die Antwort war klar: Mit der Hand!
    Das aber warf ein völlig neues Licht auf die Entdeckung des Blasrohrs, das einem unweigerlich den Gedanken an Mord auf Distanz aufzwang. Wenn ich mich nicht jämmerlich irrte, so war der Mörder Madame Giselles direkt zu ihrem Platz gegangen und hatte sich über sie gebeugt.
    Gab es eine derartige Person? Ja, sogar zwei. Die beiden Stewards. Jeder von ihnen konnte sich Madame Giselle nähern und sich herabneigen, ohne dass es als ungewöhnlich auffiel. Gab es außer ihnen noch jemanden?
    Nun, da war Mr Clancy – der einzige Passagier, der dicht an Giselles Platz vorüberschritt. Zudem hatte er als erster die Theorie von dem Blasrohr und dem Dorn entwickelt.»
    Wild fuchtelnd sprang der Schriftsteller von seinem Stuhl empor.
    «Ich protestiere», schrie er, «ich protestiere! Das ist eine schändliche Beleidigung.»
    «Setzen Sie sich, mein Lieber!», befahl Hercule Poirot. «Bin ich denn schon zu Ende? Ich muss Ihnen doch alle Stufen erläutern, dank derer ich zu meinem abschließenden Urteil gelangt bin.
    Nun hatte ich drei mögliche Verdächtige – Mitchell, Davis und Mr Clancy. Auf den ersten Blick machte keiner den Eindruck eines Mörders, nichtsdestoweniger durften Nachforschungen in dieser Hinsicht nicht versäumt werden.
    Alsdann prüfte ich die Möglichkeiten der Wespe. Oh, sie war sehr bedeutsam, diese Wespe. Anfänglich hatte sie niemand bemerkt, während sie ungefähr
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