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Tod im Weinkontor

Tod im Weinkontor

Titel: Tod im Weinkontor
Autoren: Michael Siefener
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vermochte.
    »Ludwigs Tod war nie und nimmer ein Selbstmord«,
sagte Elisabeth mit einer stählernen Kraft in der Stimme,
die Andreas durch Mark und Bein fuhr. »Es ist Eure Pflicht
als sein bester Freund, die Umstände dieses Todes zu
klären. Ihr habt die besten Möglichkeiten
dazu.«
    Er ergriff ihren Arm und zog sie sanft auf den Hauseingang zu.
Der Kirchhof war nach Einbruch der Dämmerung kein guter Ort.
Andreas geleitete seine Besucherin durch die schattenverhangene
Diele zur Vordertür und verabschiedete sie. Dann stieg er
nach oben.
    Pastor Hülshout war nicht mehr im Wohnzimmer; hier war
alles dunkel. Vorsichtig klopfte Andreas an der Tür zur
Studierstube des Geistlichen. Als er von drinnen ein gebrummtes
»Herein« hörte, drückte er die Tür
langsam auf.
    Hülshout saß an einem langen Eichentisch, auf dem
einige Pergamente und zwei Bücher lagen. Er schaute auf,
erhob sich und ging langsam auf den jungen Kaplan zu. Sein sonst
so melancholisches, ein wenig strenges Gesicht hellte sich bei
jedem Schritt auf. Dann aber runzelte er die Stirn. »Ich
habe dich vorhin draußen auf dem Kirchhof gesehen«,
sagte er. »Mit dieser Frau.«
    »Ludwigs Schwester hat mir berichtet, was geschehen
ist«, sagte Andreas langsam. Er konnte den älteren
Geistlichen kaum mehr erkennen; das Zwielicht des Abends breitete
sich im Zimmer aus. Hülshout ging zurück zu seinem
Tisch, auf dem eine kostbare Wachskerze stand, und zündete
sie an. Das warme Licht ließ die Schatten tanzen. Der
Pastor wies Andreas einen Stuhl neben dem Fenster an und setzte
sich selbst wieder an den Tisch. »Ja, das ist eine
furchtbare Geschichte«, sagte Hülshout leise.
»Ich hätte nie vermutet, dass Ludwig Leyendecker ein
Teufelsbündner sein könnte. Aber nun ist es
bewiesen.«
    »Gleichwohl hat er auf Eurem Kirchhof ein Begräbnis
erhalten«, meinte Andreas und sah interessiert die beiden
Bücher an, die auf dem blank gescheuerten Tisch lagen.
    »Seine Frau glaubt zwar ebenfalls an Leyendeckers Pakt
mit dem Erzfeind, aber wegen seiner Stellung im Rat hat sie
erreicht, dass er wenigstens wie ein gewöhnlicher
Selbstmörder bestattet wurde. Der Küster hat ihn unter
die Erde gebracht; nur Ludwigs Frau und seine Schwester waren
dabei. Vom Rat hat sich niemand gezeigt. Sie hatten wohl Angst,
ihrem Ruf zu schaden.«
    Andreas warf einen Blick durch das Fenster auf die dunkle
Bursgasse. »Hat es eine Untersuchung wegen der angeblichen
Teufelsbündnerschaft gegeben?«, fragte er.
    Der Pastor stützte das Kinn in beide Hände und sah
Andreas mit sorgenvoller Miene an. »Ja. Ludwig Leyendecker
wurde exkommuniziert, aber seine Witwe hat es erreicht, dass sein
Vermögen nicht eingezogen worden ist.«
    »Ach?« Andreas richtete sich auf seinem Stuhl auf.
»Wem gehört denn jetzt das Leyendecker’sche
Weinhandelskontor?«
    »Seiner Frau, soweit ich weiß. In Köln ist es
Frauen erlaubt, Handel zu treiben und ein Kontor zu leiten. Sie
hat mir gesagt, dass sie das Lebenswerk ihres Mannes
weiterführen will.«
    »Was haltet Ihr von diesem Teufelspakt?«, fragte
Andreas unvermittelt.
    Hülshout runzelte die Stirn. »Nun, ich habe keine
Einzelheiten über ihn gehört, aber es ist bekannt, dass
es so etwas gibt.« Er schlug mit der flachen Hand auf einen
der beiden Folianten vor sich. »Im Fortalitium Fidei dieses
getauften Juden, im fünften Buch über den Krieg der
Dämonen gegen die Feste des Glaubens, werden solche Dinge
eingehend beschrieben. Ich glaube, es war gut, dass du mich
überredet hast, dieses Buch zu erwerben.« Er hielt
inne und bedachte den Band mit einem Blick, in dem ein
Quäntchen Abscheu lag. »Auch wenn ich gestehen muss,
dass ich diese moderne Druckerkunst nicht schätze. Der Text
sieht aus, als wäre er von Hand geschrieben, doch dabei hat
ihn eine seelenlose Vorrichtung hervorgebracht.
    Das jagt mir manchmal einen Schauer über den Rücken.
Vielleicht ist diese neue Kunst, die man auch die schwarze nennt,
ebenfalls Teufelswerk.«
    »Diese schwarze Kunst, wie Ihr sie nennt, wird einmal
dazu beitragen, das Wissen erschwinglicher zu machen«, gab
Andreas zu bedenken.
    »Wozu?«, hielt Hülshout entgegen. »Es
wird immer nur wenige geben, die Wissen schätzen und nutzen.
Da reicht es, ein Buch abzuschreiben und es so mit Leben zu
füllen. Außerdem sind die Handschriften auch nicht
viel teurer. Allerdings muss ich gestehen, dass mir bislang keine
Handschrift dieses Werkes
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