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Tod im Pfarrhaus

Tod im Pfarrhaus

Titel: Tod im Pfarrhaus
Autoren: Helene Tursten
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schließlich Haupt pfarrer.«
    »Und ein guter Freund von dir … Hast du ihm geglaubt?«
    »Doch … er wirkte überzeugend.«
    »Den Vorwürfen ging also niemand nach?«
    »Nein. Schließlich starb er.«
    »Da warst du sicher wahnsinnig erleichtert. Keine ungemütliche Publicity für deine Schule. Keine Kürzung von Mitteln. Keine Angst bei den Eltern der anderen Kinder. Alles kam wieder ins Lot.«
    Andersson war sarkastisch. Das war ihm egal.
    Georg stand vom Sofa auf. Er war fast einen Kopf größer als sein Cousin. In einem Versuch, das Gesicht nicht ganz zu verlieren, sagte er beleidigt:
    »Ich bin hergekommen, um dich über etwas zu informieren, was am Morgen des Mordtages geschehen ist. Ich hätte es auch lassen können, da es nichts mit den Morden zu tun hat …«
    Mit drei raschen Schritten stand Andersson vor Georg. Den Kopf in den Nacken gelegt, sah er ihn durchdringend an:
    »Wie willst du wissen, dass das nichts mit den Morden zu tun hat? Wie willst du wissen, dass es nicht der Vater des Mädchens oder ein Onkel oder wer auch immer aus diesen riesigen Familien war, der erst Jacob und dann seine Eltern erschossen hat?«
    »Wa… warum sollten sie das tun?«
    Jede mühsam erkämpfte Überheblichkeit war von Georg abgefallen. Er wich dem Blick seines Cousins aus und versuchte, einen unsichtbaren Fussel vom Ärmel zu bürsten.
    »Noch nie was von Vendetta gehört? Dass sie ganze Familien auslöschen, wenn sie sich rächen? Wir haben bisher noch kein brauchbares Motiv, aber das hier ist wirklich ein recht ordentliches«, sagte Andersson mit Nachdruck.
    Wieder versuchte Georg, sich zusammenzureißen, und sagte förmlich:
    »Es war ein Fehler, herzukommen und deine wertvolle Zeit mit diesen unwesentlichen Informationen in Anspruch zu nehmen, und …«
    »Im Grunde deines Herzens hast du immer gewusst, dass sie verdammt wichtig waren. Sonst wärst du nicht durch die ganze Stadt gefahren, um dein empfindliches christliches Gewissen zu erleichtern!«
    In dem dunklen Zimmer blieb es lange still. Die zwei Männer standen da und maßen einander mit Blicken. Wieder war es Georg, der dem Blick als Erster auswich. Steif sagte er:
    »Ich gehe jetzt.«
    Er drehte sich auf dem Absatz um und eilte in die Diele.
    Andersson hörte, wie er die Haustür hinter sich zuknallte. Seufzend ging er zum Couchtisch und nahm seine Bierdose. Er hob die Dose in Richtung der geschlossenen Tür und sagte laut:
    »Tu das. Und grüß Bettan!«

KAPITEL 22
    Irene schaute hoch und sah ihre Kollegen an. Der letzte Schuss auf dem Tonband, das sie ihnen vorgespielt hatte, war gerade verhallt. Eine ganze Stunde hatten sie mucksmäuschenstill dagesessen, während sie ihnen von den Ereignissen in England und Schottland erzählt hatte. Es hatte fast den Anschein, als wolle niemand das Schweigen brechen, aber schließlich räusperte sich Kommissar Andersson:
    »Georg Andersson … der Rektor der Schule, an der Jacob arbeitete, ließ Freitag von sich hören. Sagte, er hätte sich entschlossen, mir alles zu erzählen … Erzählte mir was von seinem beschissenen Gewissen!«
    Andersson unterbrach sich. Irene fiel auf, dass er hochrot anlief. So war sie nicht vollkommen unvorbereitet, als er plötzlich die Faust auf den Tisch knallte und brüllte:
    »Wenn dieses betuliche Arsch nur was gesagt hätte! Dann wären wir dieser Sache viel schneller auf den Grund gekommen! Aber er hatte Angst um den Ruf seiner Schule, und da Jacob tot war, hielt er es für nicht angezeigt, die Sache publik zu machen! Er und die Eltern hielten es für das Beste, nichts zu sagen. So ein dummes Geschwätz! Ich habe ihm wirklich meine Meinung geblasen.«
    Es war klar, dass der Cousin des Kommissars sich einiges hatte anhören müssen und dass er einiges wieder gutzumachen hatte, warum, war den Anwesenden aber immer noch nicht klar. Irene erdreistete sich zu fragen, worum es überhaupt ging.
    »Am Morgen des Mordtags, also am Montag, kam der Vater einer Schülerin ins Sekretariat. Er war außer sich, und das ist zu verstehen. Seine achtjährige Tochter hatte ihm weinend erzählt, dass sie ihr Lehrer mehrmals zu irgendwelchen sexuellen Handlungen gezwungen hatte. Ratet mal, wer der Lehrer war?«
    »Jacob Schyttelius«, riefen mehrere wie aus einem Mund.
    »Genau! Georg bestellte Jacob zu sich und erzählte ihm, was der Vater des Mädchens gesagt hatte, aber er stritt alles ab. Sagte, Leute anderer Kulturen könnten das mit der schwedischen Offenheit zwischen Schülern und Lehrern
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