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Tod Im Anflug

Titel: Tod Im Anflug
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schon spät und Zeit zu gehen.
    »Da hast du richtig gedacht«, stimmte er seinem Freund zu und schüttelte sich unbehaglich. »Balu, der Kampfdackel, ist mir zugestoßen.«
    »Luzie ist verhaftet worden«, redete Ede weiter. »Auf dem Campingplatz erzählt man sich, eine Gans hätte den Kommissaren das entscheidende Beweisstück gebracht. Die meisten halten das für Unsinn, aber ich könnte wetten, du bist das gewesen.«
    »Na klar war ich das. Wer denn sonst?!«, quakte Tom mit einer Spur Stolz in der Stimme. »Wenn du wüsstest, was ich alles erlebt habe. Besser als jeder Krimi. Ich könnte dir alles ganz genau erzählen …« Zu gerne hätte er Ede über sein aufregendes Abenteuer aufgeklärt, obwohl sein Hinterteil schon allein bei dem Gedanken an Balu und das Zyankali heftig zu wackeln begann. Doch bei Edes mangelhaften Fremdsprachenkenntnissen hätte er ihm sogar die kommenden Lottozahlen mit Superzahl verraten können, ohne dass der Flügellose etwas damit hätte anfangen können. Tom verstand nicht, wie man sich einer Weltsprache wie
Gänsisch
so verschließen konnte. Allerdings wunderte es ihn kein bisschen, dass sich sein Einsatz sogar bis zu Ede herumgesprochen hatte. Schließlich war ein Campingplatz auch nichts anderes als eine große Gänsekolonie.
    Da es sinnlos war, Ede etwas von seinen gefährlichen Erlebnissen vorzuschnattern, machte sich Tom auf den Weg und verabschiedete sich mit einem kurzen: »Ich bin dann mal weg.« Dass Luzie verhaftet worden war, das wusste er schließlich. In dieser Angelegenheit konnte ihm Ede nun wirklich nichts Neues erzählen.
    Mit gemächlichen Schritten steuerte er auf das Ufer zu. Ein Schlückchen Gänsewein vor dem Schlafengehen würde den schönen Abend abrunden. Am dunkelblauen Abendhimmel funkelten bereits die ersten Sterne. Frösche riefen um die Wette nach Prinzessinnen, Blässhühner stritten noch immer um Reviergrenzen, während verschlafene Enten schimpfend um Ruhe baten. Ein erster lauer Frühlingsabend. Tom hatte das Ufer noch nicht erreicht, als er Schritte hinter sich hörte. Neugierig drehte er sich um und erkannte zu seiner Überraschung Ede.
    »Ich begleite dich noch ein bisschen, Nili, wenn du nichts dagegen hast. Es ist so ein schöner Abend heute, nicht wahr?«
    Nanu, Ede begleitet mich?
Tom war erstaunt. So etwas hatte Ede noch nie gemacht. In letzter Zeit hatte er seine Parzelle kaum noch verlassen, und wenn er sie verließ, dann nur, um Geld zu verdienen. Und nun dieser nächtliche Spaziergang – das war eigenartig.
    Schweigend näherten sie sich dem Hafenmeistergebäude und folgten dem Weg dann in Richtung Leuchtturm. Sein Licht und der blasse Vollmond erhellten den geteerten Weg und die nähere Umgebung.
    Tom kam aus seiner Verwunderung nicht mehr heraus. Er wunderte sich nicht nur darüber, dass Ede ihn auf einmal begleitete, sondern auch darüber, dass er schweigend neben ihm her ging. Normalerweise schwadronierte Ede für sein Leben gern, doch nun stand sein Mundwerk still wie ein Radio bei Stromausfall. Das hatte er bei Ede noch nie erlebt. Es sah ganz so aus, als bedrücke ihn etwas.
    Am Leuchtturm angekommen, setzte sich Ede auf eine Bank, von der aus man bei Tageslicht nicht nur eine wunderbare Sicht auf das Hafenbecken, sondern auch auf den weitläufigen See hatte. Nun aber glitzerte sein Wasser im goldgelben Mondlicht, Bootssilhouetten dümpelten schemenhaft im Hafen vor sich hin. Doch all das schien Ede nicht zu sehen. Er griff in seine Hosentasche, fischte ein paar Krumen Brot heraus und warf sie Tom vor seine Paddel.
    »Weißt du, Nili«, begann er mit einem Mal zögerlich, »ich habe nachgedacht. Es liegt mir schon eine ganze Weile auf der Seele. Ich habe es dir schon lange erzählen wollen, aber nie hat sich der richtige Zeitpunkt dafür ergeben. Trotzdem muss es einmal raus. Es bedrückt mich schon so lange.«
    »Nur zu«, antwortete Tom, froh darüber, dass Ede seine Stimme wiedergefunden hatte. Er hatte genügend Zeit zuzuhören, denn sein Fall war schließlich abgeschlossen. Aufmerksam beobachtete er den Rentner, ob in seinen Spendierhosen nicht vielleicht doch noch mehr Brotkrumen versteckt waren.
    »Es ist jetzt gut fünfzehn Jahre her«, fing Ede stockend an und vergewisserte sich mit einem misstrauischen Blick nach allen Seiten, dass er und Tom alleine waren. Ungebetene Zuhörer wollte er anscheinend nicht. »Mein Leben war noch in Ordnung. Ich war Familienvater mit Leib und Seele und hatte mit Kriminalität nichts am
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