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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal
Autoren: Eva Klingler
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weiter gegen die Rückwand der Umkleidekabine gerutscht. Ich schauderte bei der Erinnerung an den Kontakt mit ihrem nackten Arm. Er war noch warm gewesen!
    Draußen fuhr gerade der Krankenwagen vor.
    Dabei brauchte die freundliche Friederike ganz gewiss keinen Krankenwagen mehr. Wahrscheinlich war es zu pietätlos, in solchen Fällen gleich einen Leichenwagen zu bestellen, und deshalb nährte man auf diese Weise bei den Umstehenden die tröstliche Illusion, es sei noch etwas zu machen.
    Die Boutique am Marktplatz, in der das unfassbare Verbrechen geschehen war, gehörte Frau Trost. Sie saß im Erdgeschoss, in der Nähe der reduzierten s.Oliver-T-Shirts, auf einem ihrer kleinen Anprobehöckerchen, fächelte sich Luft zu und schüttelte nur immerzu ihren wohlfrisierten Kopf. Jene Kundinnen, die sich in dem allgemeinen Wirrwarr nach der Entdeckung der Toten nicht rechtzeitig aus dem Staub gemacht hatten, standen zusammengepfercht in einer Ecke – bei den langweiligen Olsen-Pullovern (die Bedauernswerten) – und wurden von zwei Beamten verhört, die billig aussehende Blöckchen in den Händen hielten.
    Ein Team mit Kameras und Koffern, in denen sich wahrscheinlich Spurensicherungsutensilien befanden, war die inzwischen mit einem Seil abgesperrte halbe Wendeltreppe in die kleine Exklusivabteilung hinuntergeeilt. Von dort vernahm man gedämpftes Stimmengewirr. Handys läuteten, und Gespräche wurden leise erregt angenommen.
    Ich konnte mir denken, dass Frau Trost mich und das Schicksal dafür verfluchte, dass Friederike sich ausgerechnet in ihrem blühenden, mehrstöckigen Laden am heiteren Ettlinger Marktplatz hatte umbringen lassen.
    Ohne etwas aufzuschreiben, feuerte Hagen Hayden rasch weitere Fragen in meine Richtung ab. »Ihre Personalien nehme ich später auf. Jetzt sollten wir keine Zeit verlieren. Sie kannten die Tote also?«
    Ich spürte, wie sich feiner Schweiß auf meiner Stirn ausbreitete und mein perfektes Make-up zu zerstören drohte. So etwas hasste ich. Jede Pore, die sich jetzt öffnete, würde ich heute Abend mühsam mit meinen Dr.-Denese-Fruchtpads gründlich reinigen und wieder verschließen müssen.
    »Ja, es ist Friederike Schmied. Hier … hier habe ich eine Karte mit ihrer Adresse.«
    Hayden nahm die Karte entgegen und warf nur einen kurzen Blick darauf. Dann schnippte er mit dem Finger. Ein junger Uniformierter griff nach dem Kärtchen, Hagen Hayden nickte kurz, und der Junge entfernte sich. Aus dem Augenwinkel sah ich ihn draußen mit dem Handy telefonieren. Jetzt erhielt Horst Schmied wahrscheinlich die Nachricht. Wie grausam.
    »Kannten Sie sie gut?«
    »Gut? Ja, durchaus. Wir verkehrten in denselben Kreisen und …«
    Hier zog er ironisch die Augenbrauen hoch, und sein Blick wurde eindringlicher.
    Sollte er. Seit vielen Jahren war ich daran gewöhnt, dass die Leute mich neidisch und argwöhnisch betrachteten. Wir gehörten zu einer ganz eigenen Kaste: die Wohlhabenden und die Gutaussehenden! Die sich nicht für ihre Privilegien schämten oder entschuldigten, sondern mitsamt ihrem Geld sogar noch ein halbwegs glückliches Leben führten. In den Medien tauchten wir kaum auf. Den Bildschirm beherrschten die ewig zu kurz Gekommenen in ihren Jeans von Takko und ihrem Übergewicht.
    Für Menschen wie uns sollte es ein Elite- TV   geben, mit teurer Kosmetik, Mode und Tipps für Drei-Sterne-Restaurants.
    »Frau Schmied war außerdem eine Klientin von mir. Wir waren heute das zweite Mal unterwegs. Da kennt man sich so, wie sich Frauen nun mal kennen.«
    »Und wie ist das? Klären Sie mich auf!«
    Ich dachte nach. »Sind Sie verheiratet, Herr Hagen? Wo geht Ihre Frau einkaufen?«
    Er antwortete nicht. Also war er ledig. Das hätte man sich denken können. Das Beispiel eines nicht gelungenen Lebens: mieser Job, keine Frau, keine Familie, keine Perspektive.
    Nun musterte er mich amüsiert und mit Interesse. »Ich heiße übrigens Hagen mit Vornamen. Und so weit sind wir beide eigentlich noch nicht. Na ja, vielleicht kommt das noch. Aber nicht jetzt. Jetzt haben wir erst einmal ein Kapitalverbrechen aufzuklären. Welcher Art genau ist Ihr Geschäft? Was hatten Sie mit Frau Schmied zu tun?«
    Ich fand den Kerl ziemlich unverschämt. Kühl antwortete ich: »Ich habe mit ihr Kleidergeschäfte und Boutiquen aufgesucht.«
    »Wie bitte? Können Sie mir das erklären?« Die Augenbrauen hatten sich wieder auf Normalposition begeben, dafür zuckten die Mundwinkel sarkastisch nach unten.
    »Gerne. Obwohl ein Mann
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