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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal
Autoren: Eva Klingler
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gefragt: Warum hätte   irgendjemand   die biedere, freundliche Friederike Schmied ermorden sollen?
    Sie war harmlos und langweilig gewesen. Immer auf der Jagd nach ein bisschen Bedeutung, einem Pöstchen, einer kleinen Einladung oder einer neuen Freundin, die ihr Bedeutung verleihen sollte.
    Bei mir sähe die Sache schon anders aus. Wahrscheinlich würde mich der eine oder andere ganz gerne erwürgen, denn ich konnte mit meiner Kritik ziemlich gnadenlos sein. Zumindest behauptete Elena das gelegentlich, obwohl dann eine gewisse Hochachtung in ihrer Stimme mitschwang. Die Einladungen zu meinen Partys etwa waren gefürchtet, vor allem bei denen, die   keine   bekamen!
    »So, Frau Tobler. In diesem Laden hier, praktisch vor aller Augen, ist gerade eine Frau ermordet worden. Und von Ihnen hätte ich jetzt ganz gerne die Vorgeschichte in Kurzform.«
    Ich holte Luft …
     

1
    Bestandsaufnahmen
    Ich heiße Swentja Tobler. Wem der Name für eine badische Pflanze seltsam vorkommt, dem sei gesagt: Es hätte noch schlimmer kommen können.
    Wird es ein Junge, hatten meine Eltern damals beschlossen, so würde er auf einen der Namen getauft, die Mamma aus ihrer Südtiroler Heimat kannte (Federico? Luigi?), wird es ein Mädchen, so sollte es heißen wie die Schwester meines schwedischen Vaters. Und so kam es. Aus mir wurde Swentja Alström.
    Mamma und mein Vater haben sich am Frankfurter Flughafen kennengelernt. In einem der Restaurants dort saßen die beiden zufällig am selben Tisch und löffelten Suppe: Mamma Nudelsuppe und Papa Krabbensuppe.
    Und beide verpassten ihren Flieger, weil sie nur noch Augen füreinander hatten und nicht mehr für die Anzeigentafeln: Verliebt. Verlobt. Verheiratet.
    Beide litten noch unter akutem Heimweh nach Meran beziehungsweise Malmö, und so beschlossen sie, an einen Ort ungefähr in der Mitte zu ziehen. So landeten sie in Karlsruhe in einer geräumigen Altbauwohnung in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs, die Mamma durch ihre italienischen Verbindungen gefunden hatte.
    In der Marienkirche unweit unserer Wohnung traf sich sonntags die italienische Gemeinde zum Gottesdienst. Da saß dann der kleine Pizzabäcker, sonntäglich gekleidet, neben dem eleganten italienischen Herrenschneider und der reichen Ehefrau eines Importeurs aus Milano. Und dazwischen ich, als Kind. Der Gottesdienst langweilte mich, also schaute ich um mich und schulte meinen Sinn für Eleganz und für Schönheit, denn am Sonntag achteten die Italiener besonders auf ihr Äußeres.
    Zwar war die Wohnung groß, doch die Wohnlage nur mittelmäßig gut. Nachts hörte ich die Schreie der Tiere aus dem benachbarten Zoo, und manchmal roch es streng nach Elefant. Das war mir peinlich, wenn meine Kindergartenfreundinnen zu Besuch kamen, und so beschloss ich, später einmal im besten Viertel meiner Stadt zu wohnen.
    Als klar wurde, dass ich keine Geschwister bekommen würde, wurde Mamma wieder tatendurstig. Wie alle Italiener hatte sie irgendwo in Deutschland eine Kusine, und ihre lebte sogar ganz in der Nähe, nämlich in Gernsbach, einem Kleinststädtchen im benachbarten Murgtal. Dort betrieb Luisa eine auf italienische Mode spezialisierte kleine Nobelboutique. Mamma heuerte zunächst als Schneiderin an, wurde dann Einkäuferin, später Teilhaberin und schließlich Chefin.
    Mein Vater hingegen eröffnete in dem mit Rehakliniken gespickten Ort Langensteinbach bei Karlsbad eine Zahnarztpraxis. Wir zogen weg aus Karlsruhe und landeten wieder ungefähr in der geografischen Mitte – in einer schönen alten Villa am Berg, oberhalb des Kurparks von Bad Herrenalb im Nordschwarzwald, mit Blick in die meisten der berühmten sieben Täler.
    Damals blühten die Kurorte noch, und Bad Herrenalb besaß ein beinahe mondänes Flair. Inzwischen hingegen standen viele Wohnungen leer oder wurden nur selten genutzt, und das Städtchen wirkte wie ein unterbelegtes Krankenhaus. Der alte kleine Kurort, der sich einst um ein mächtiges Kloster herum entwickelt hatte, war jetzt nur noch das Ziel für einen Nachmittagsausflug mit der Karlsruher Stadtbahn.
    Trotz der schönen Sommer und der schneereichen Winter im Nordschwarzwald langweilte ich mich als Kind dort fürchterlich. Daher schockierte ich den biederen Ort mit allerlei Provokationen, wie etwa dem steinernen Mönch am Eingang zum Klosterbezirk eine Pudelmütze aufzusetzen.
    Mir war immer klar gewesen, dass ich rausmusste. Als ich alt genug war, fuhr ich mit dem Bus über einen steilen
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