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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan
Autoren: Colin Dexter
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gewesen waren, konnte das alles nicht schrecken. Er hatte die
Sachen des Ermordeten in den Teppich gewickelt und das Bündel in dem Schrank
hinter dem Boiler versteckt. Und Marion Kemp? Sie hatte, behauptete Stratton,
die ganze Zeit schweigend in der Diele gesessen.
    «Und völlig am Boden zerstört»,
vermutete Morse.
    «Keineswegs, Inspector», hatte
Stratton erwidert.
    Von der Water Eaton Road hatte
sich Stratton über First Turn und Goose Green zu Fuß zum Trout Inn am
Wolvercote begeben, wo er das Kleinod in den Fluß geworfen hatte. Dann war er
mit einem Pendelbus zur St. Giles’ zurückgefahren und dort Mrs. Williams in die
Arme gelaufen.
    Sheilas Aussage stimmte mit
Strattons Angaben überein. Sie hatte Stratton zu sich nach Hause eingeladen,
und er war ihrer Einladung gern gefolgt. Fest entschlossen, sich — in
Gesellschaft einer verständnisvollen Partnerin — einen gewaltigen Rausch
anzutrinken, hatte er beträchtliche Mengen Glenfiddich in sich hineingeschüttet
— und war dann gegen Mitternacht zu dem Taxi getorkelt, das Sheila für ihn
bestellt hatte.
    So also stellte sich der Fall
am Ende dar, und so schilderte ihn Morse am Freitag vormittag Chief
Superintendent Strange, als dieser sein Büro betrat und sich ächzend auf die
nächstbeste Sitzgelegenheit fallenließ.
    «Keine langen Romane, Morse,
nur das Wichtigste. In einer halben Stunde bin ich mit dem C. C. zum Essen
verabredet.»
    «Grüßen Sie ihn schön von mir,
Sir.»
    «Jetzt legen Sie schon los,
Mann!»
    Als Morse fertig war, lehnte
Strange sich zurück und sah auf die Uhr. «Muß eine erstaunliche Frau gewesen
sein.»
    «Ja, Sir. Ich denke, Janet
Roscoe ist —»
    «Von der rede ich nicht. Ich
meine diese Mrs. Kemp. Aber war es nicht doch ein großes Risiko für Mr. und
Mrs. Aldrich? Anzunehmen, daß sie einfach mitspielen würde...»
    «Ja, aber sie haben eben von
Anfang an alles auf eine Karte gesetzt.»
    «Man muß sich das mal
vorstellen, Morse. Mit der blutüberströmten Leiche im Haus zu bleiben... im
Schlafzimmer... in der Diele... wo auch immer... Ich würde das nicht
packen. Sie etwa? Ich würde durch drehen.»
    «Sie hatte ihm nie verziehen —
»
    «Trotzdem...»
    «Sie hat sich ja dann auch das
Leben genommen, Sir», sagte Morse, der vielleicht erst jetzt die ganze Tiefe
von Marions Leid begriff, sehr nachdenklich.
    «Das ist wohl wahr, Morse. Das
ist wohl wahr...»
    Strange sah erneut auf die Uhr
und legte den Kopf mit den schweren Hängebacken schief. «Wie sind Sie den
beiden auf die Spur gekommen? Mr. und Mrs. Aldrich meine ich.»
    «Ich hätte es eigentlich schon
früher merken müssen. Besonders, nachdem der Bericht über seine angebliche
Fahrt nach London vorlag. Er hat ihn sehr flüssig zu Papier gebracht — auf drei
Seiten nur drei Verbesserungen. Hätte ich mir nur angesehen, was er
ausgestrichen hatte, statt mich auf den übrigen Text zu konzentrieren! Er
schrieb unter Druck und hat, wenn ich mich recht erinnere, Formulierungen
ausgestrichen wie < wir hätten etwas tun können> und < unsere Telefonnummer>. Er fürchtete sich zu verraten, wenn er sich ausdrückte wie
ein verheirateter Mann. Er war ja verheiratet... Sogar der Name seiner
Tochter kam in der Aussage vor. ist bekanntlich eine Koseform von
Philippa.»
    Strange stand auf und zog
seinen dicken Wintermantel an. «Ganz schön auf Draht, Morse.»
    «Danke, Sir.»
    «Ich spreche nicht von Ihnen,
sondern von dieser Roscoe. Clevere kleine Frau. Wußten Sie eigentlich, daß
viele Größen der Weltgeschichte klein von Wuchs waren? Alexander, Augustus,
Attila, Nelson, Napoleon...»
    «Bruckner soll ein sehr kleiner
Mann gewesen sein, Sir.»
    «Wer?»
    Sie lächelten sich kurz zu. An
der Tür blieb Strange noch einmal stehen. «Nur noch ein, zwei Punkte, Morse. Wo
hat Janet Roscoe die Handtasche gelassen?»
    «Sie ist um die Ecke zum Cornmarket
gegangen und hat sie bei Salisbury in eine Auslage mit Lederhandtaschen
gestellt.»
    «Und die Mordwaffe haben Sie
nicht gefunden?»
    «Noch nicht. Mrs. Roscoe gibt
an, sie sei damit zum Radcliffe gegangen, dort habe sie ein Schild gesehen, mit
dem säumige Patienten veranlaßt werden sollen, Sachen zurückzugeben, die dem
Krankenhaus gehören. las sie — und
da hat sie den Stock einfach abgegeben.»
    «Und warum haben Sie ihn dann
noch nicht?»
    «Sergeant Lewis war da, Sir,
aber in der Abteilung für Physiotherapie standen einundsiebzig Gehstöcke.»
    «Hm...»
    «Soll ich die
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