Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod eines Maechtigen

Tod eines Maechtigen

Titel: Tod eines Maechtigen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
jemand sie mir gesagt hätte.«
    »Dann bist du ein ganz besonderes Mädchen, hm?«
    »Das weiß ich nicht.« Rahel lächelte schüchtern. »Und wer seid ihr?« fragte sie dann.
    »Mein Name ist Lilith«, antwortete die Frau.
    »Wie Adams erstes Weib«, rief Rahel erstaunt und zugleich stolz auf ihr Wissen. Die Eltern hatten ihr oft aus dem Talmud vorgelesen. »Und wie heißt dein ... Mann?«
    Lilith schüttelte den Kopf. Ihr Lächeln gerann. »Er ist nicht mein Mann.«
    »Dein Freund?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Rahel verwundert.
    »Ich wünschte, ich könnte es verstehen .« Liliths Stimme verging in einem wehen Hauch.
    »Woher kommt ihr?« wechselte Rahel das Thema. Sie hatte noch so viele Fragen. »Was tut ihr in unserem Haus? Und was ist das da für ein Ding?« Sie zeigte auf den eigentümlichen Kelch.
    Lilith seufzte und stellte das Gefäß beiseite. »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Erzähl sie mir«, bat das Mädchen. »Ich mag Geschichten. Je länger, desto lieber.«
    Das Lächeln kehrte in Liliths Züge zurück. Sie wies auf Rahel. »Du frierst sicher, hm?«
    Das Mädchen sah an sich herab bis zu den bloßen Füßchen und hob den Saum ihres dünnen Nachthemdes. »Ein bißchen.«
    Lilith streckte die Arme nach dem Kind aus. »Komm her zu mir. Ich wärme dich, ja?«
    »Und du erzählst mir die Geschichte?« vergewisserte sich Rahel.
    Lilith nickte. »Ja, das tu ich. Nun komm.«
    Immer noch zögernd ging das Mädchen zu ihr, ließ es zu, daß Lilith es auf ihren Schoß hob und in ihre Arme schloß.
    Rahel kicherte. »Du willst mich wärmen? Du frierst doch selbst!« Die kühle Haut Liliths verursachte dem Mädchen eine Gänsehaut.
    »Wir wärmen uns gegenseitig, ja?« meinte Lilith. Das Mädchen nickte und spürte den kalten Atem der Frau über sein Haar streichen und ihr Gesicht schließlich in der Beuge zwischen Hals und Schulter.
    »Mmh, du riechst gut«, sagte Lilith. »So gut riechen nur kleine Mädchen.«
    »Meinst du?« fragte Rahel und behauptete dann überzeugt: »Das glaube ich nicht. Jeder Mensch riecht anders, ganz gewiß.« Sie kieks-te, als Lilith ihr ein Küßchen unters Ohr hauchte. »Nein, hör auf -das kitzelt!«
    »Laß sie los!«
    Die Szenerie gefror. Liliths Griff verkrampfte sich, als wolle sie das Kind nie mehr freigeben. Dem Mädchen entfleuchte ein fast lautloser Ton des Erschreckens. Beide sahen sie wie gebannt zur Tür hin.
    Auf deren Schwelle stand, vom Licht wie aus der jenseits davon nistenden Dunkelheit herausgemeißelt, Gershom Chaim. Und in diesem Augenblick schien er buchstäblich über sich hinauszuwachsen. Fast bedrohlich wirkte seine Gestalt, ließ alle Schmächtigkeit vergessen, und sie schien den Rahmen der Tür beinahe auszufüllen.
    »Nicht meine Tochter.« Er bat nicht, er verlangte : »Laß das Kind gehen -«
    Chaims Hand fuhr hoch zum Kragen seines Shabbat-Mantels und zog ihn herab. Sein Hals lag bloß, und deutlich zeichneten sich auf der fahlen Haut zwei dunkle Male ab, eingesponnen in ein glitzerndes Netz dünner Rinnsale aus Schweiß, dessen saurer Geruch die Kammer zu fluten schien.
    »- nimm mich«, fuhr Gershom Chaim heiser fort. »Nimm wieder mich. Aber rühre meine Kinder nicht mehr an, unreine Kreatur, die du bist!«
    * 
    Aufstöhnend schloß Lilith Eden die Augen, und fest kniff sie die Lippen zu. Übelkeit schoß ihr wie eine feurige Säule in der Kehle hoch und sammelte sich bitter in ihrem Mund. Gershom Chaims Worte und Tun waren ihr zuwider -- und sie demütigten Lilith so tief, daß ihr vor sich selbst ekelte. Gershom Chaim sah sie als Ungeheuer, und sie konnte nicht anders, als ihn zu verstehen - obwohl sie doch kein Monstrum war! Nicht mehr, seit Beth .
    Hastig löste Lilith ihren Griff um Rahel und stieß sie dann beinahe barsch von sich. Der verständnislose Blick aus Kinderaugen traf sie wie eine glühende Nadel mitten ins Herz.
    »Es tut mir leid. Ich ...«, setzte die Halbvampirin an.
    »Was ist denn mit dir?« wurde sie von dem Mädchen unterbrochen. Es sah fragend zu ihrem Vaters auf und zerrte mit kleinen Fäusten an dessen Mantel, um seine Aufmerksamkeit zu finden. »Diese Frau . Lilith, sie ist sehr nett und -«
    »Geh!« fuhr Chaim seine Tochter an, ohne zu ihr hinabzusehen. »Geh nach unten und komm nie wieder hier herauf!« Blind tastete er nach ihrem dunklen Schopf und schob Rahel unsanft an sich vorbei, hinaus auf den schmalen Flur. Die Schritte des Mädchens entfernten sich, allerdings nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher