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Tod eines Maechtigen

Tod eines Maechtigen

Titel: Tod eines Maechtigen
Autoren: Vampira VA
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auch dunkle Geschäfte? Und wollte der alte Tamir jetzt ihn mit hineinziehen oder auch nur benutzen - um etwa Waffen in die Stadt zu schmuggeln .?
    »Mein Gott!« entfuhr es da David an seiner Seite.
    »Du sollst den Namen des Herrn nicht unnütz füh-«, floß es Gers-hom Chaim beinahe automatisch von den Lippen. Die letzte Silbe jedoch erstickte ihm im Halse, denn da sah auch er, was Tamir Ta-meyel Besonderes für sie dabei hatte.
    Der Alte war einen Schritt zurückgegangen, und aus dem schmalen Durchlaß zwischen zwei Kistenstapeln, die er zur Seite gerückt hatte, trat eine noch schemenhafte Gestalt. Wie auf ein geheimes Zeichen hin tasteten sich die Strahlen der Morgensonne just in die-sem Augenblick in den bislang dunklen Bereich der Ladefläche vor und hüllten die fremde Person dort in beinahe widernatürlich gleißendes Licht - - und Gershom Chaim mußte an sich halten, um den Namen des einen Herrn nicht ebenfalls unnütz auszusprechen!
    Der Anblick überwältigte ihn nicht weniger als seinen Sohn. Und in kaum minderem Maße entsetzte er ihn - auf eine Weise, die sich nicht in Worte kleiden, sondern nur mit tieferem Sinn erfassen ließ.
    Dies also hatte Tamir Tameyel hergebracht, auf daß sie es fortan beherbergten: Eine Frau, wie die Sünde schön, der fleischgewordenen Versuchung gleich .
    ... und einen - Toten?
    *
    Dunkelheit füllte das Haus wie schwarze Watte und ballte sich in Ecken und Nischen zu dichter Finsternis, wie in jeder Shabbat-Nacht, da die Halachah verbot, das Licht einzuschalten. Nur durch die wenigen Fenster an der Gebäudefront, die zur Gasse hinwies, sickerte ein Abglanz der Lichter des nächtlichen Jerusalems herein, so schwach jedoch, daß er die Türschwellen der vorne gelegenen Zimmer nicht zu überwinden vermochte.
    Rahel Chaim schlich dennoch durch das verwinkelte Haus ihrer Eltern, mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit. Fünf Lebensjahre hatten ihr genügt, sich jeden Fußbreit Boden so einzuprägen, daß sie sich blind zurechtfand. Und manchmal tat sie sogar eben dies: ging mit geschlossenen Augen durch die Kammern und Flure, die Stiegen hinauf und hinab, gerade so, als sei sie wirklich blind -nur um Gott hernach dafür zu danken, daß sie es nicht war.
    Heute Nacht aber stahl sich das Mädchen nicht in dieser Absicht durchs Dunkel. Heute Nacht wollte sie nur ihre Neugier stillen.
    Oh, Rahel wußte freilich längst, daß ihre Eltern ein Geheimnis hü-teten, und auch ihr Bruder David war darin eingeweiht. Ihm und der Mutter war darüber jedoch nichts zu entlocken gewesen; seit Tagen schienen die beiden der Welt gleichsam entrückt, teilnahmslos und fortwährend seltsam müde. Und der Vater hatte ihr nur eindringlichst verboten, die Kammern unter dem Dach des Hauses aufzusuchen; nicht einmal in deren Nähe wollte er das Töchterlein wissen .
    ... aber Vater war zum Gebet an den Kothel gegangen, derweil Mutter und Bruder schon schliefen, wovon Rahel sich vor Minuten erst still und heimlich in den Zimmern der beiden überzeugt hatte.
    Daß die beiden den Vater nicht zum Gebet begleitet hatten, wie sie es bislang am Shabbat stets getan hatten, kam der kleinen Rahel eigenartig vor. Doch vermutete sie, daß es mit dem Geheimnis droben unterm Dach zu tun hatte, und eben dieses würde sie jetzt lüften.
    Nur wenige Stufen trennten sie noch vom obersten Geschoß des Hauses .
    Dicht an der Wand entlang schlich sie die Holztreppe empor, und nur auf Zehenspitzen, um ja kein verräterisches Knarren zu verursachen. Ganz flach atmete sie, und trotzdem glaubte sie vor Aufregung so laut zu schnauben wie das Eselchen, wenn es den belade-nen Karren vom Jaffa-Tor herzog. Ihr Herz trommelte so heftig in ihrer Brust, als wolle es aus seinem knöchernen Käfig fliehen. Dennoch setzte Rahel tapfer Fuß vor Fuß, denn kindliche Neugierde war eine stärkere Macht als alle Angst.
    Dabei fürchtete das Mädchen sich nicht einmal so sehr vor dem, was es in den Kammern da oben finden würde; vielmehr ängstigte Rahel die Strafe, die der Vater ihr auferlegen würde, wenn er merkte, daß sie sich über sein Verbot hinweggesetzt hatte. Aber vielleicht würde er es ja gar nicht erfahren .
    Selbst hier oben waren das süße Odeur von Obst und das erdigere von Gemüse noch wahrnehmbar. Aus den kühlen Lagerkellern stiegen sie herauf, und aus dem Laden der Chaims, der auf Höhe der Gasse lag. Verwoben mit vagem Fäulnisgeruch waren diese Düfte allgegenwärtig im ganzen Haus, hatten sich festgesetzt im
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