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Tod eines Maechtigen

Tod eines Maechtigen

Titel: Tod eines Maechtigen
Autoren: Vampira VA
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Geste. Aus der Nähe meinte Gershom dann, etwas wie ein Schatten würde über dem Gesicht des Äthiopiers liegen und den sonst so munteren Glanz seiner Augen verhüllen.
    Nun, er wußte kaum etwas über das private Leben Tameyels; vielleicht nahm ihm ja ein familiäres Ärgernis momentan den Grund zur Fröhlichkeit. Er kannte den anderen aber auch nicht gut genug, als daß er danach hätte fragen mögen. So ging Gershom gleich zum Geschäftlichen über.
    »Laß sehen, was du hast, guter Mann«, bat er und wies erneut auf den Wagen Tameyels, der nach dem Sandsturm rot wie von Rost war.
    Tamir Tameyels Stimme klang rauh und belegt, und was er sagte, ließ Gershom Chaim glauben, seinen Ohren nicht trauen zu können: »Vielleicht solltest du heute bei einem anderen einkaufen, mein Freund.«
    Für einen flüchtigen Moment trat nun doch ein Schimmer in Ta-meyels Augen, und etwas darin weckte in Gershom Chaim ein unangenehmes, aber unbestimmbares Gefühl, das jedoch so rasch verging wie der beunruhigende Funke im Blick des Äthiopiers, gerade so, als verlösche er in einem Wind, der körperlich nicht zu spüren war.
    »Was redest du für Unsinn?« fragte Gershom kopfschüttelnd. »Ich kaufe immer bei dir - warum sollte ich das gerade heute nicht tun?«
    Er trat an das Heck des Lastfahrzeugs und wedelte ungeduldig mit der Hand. »Komm schon, zeig mir deine Ware.«
    So langsam, als müsse er gegen unsichtbaren Widerstand angehen, kam Tamir Tameyel heran und begann umständlich die Schnüre zu lösen, die die Plane hielten. Mit einem mannslangen Stock schob er den schweren Stoff schließlich in die Höhe und schlug ihn zurück. Sand rieselte herab und legte sich wie ein Gazeschleier zwischen die Männer und die Ladefläche. Zeitlupenhaft langsam fiel er in sich zusammen, als wolle er mit aller Macht verhindern, daß jemand einen Blick in den Transporter warf.
    »Ah«, machte David, als die Sicht endlich ungetrübt war, »Wassermelonen, sehr schön.« Schon griff er nach einer der durstlöschenden Früchte. Mit geübtem Fingerdruck prüfte er die Festigkeit des Fleisches unter der dunkelgrünen Schale, wie ein witternder Hund schnüffelte er das Aroma ein. »Beste Ware«, befand er dann.
    Gershom klopfte seinem Sohn anerkennend auf die Schulter. »Bist ein guter Junge, hast viel gelernt. Wirst einmal ein besserer Geschäftsmann, als ich es bin.«
    Der Junge, klein und zart wie sein Vater, zuckte die schmalen Schultern. »Weil ich mein Fach beim besten Obsthändler Jerusalems gelernt habe.« Er zwinkerte seinem alten Herrn schelmisch zu.
    »Mach dich nur lustig über alte Leute«, gab Gershom ebenso schalkhaft zurück.
    »Das würde ich doch niemals wagen!«
    Tamir Tameyel stand still daneben. Unbehaglich fuhr und kratzte er sich mit der Hand über den faltigen Hals. Gershom Chaim wurde der Seltsamkeit in der welken Haut des Alten eher zufällig gewahr.
    »Ei, was hast du denn da?« fragte er baß erstaunt. »Wenn das eine Mücke angerichtet hat, dann war's aber ein ganz besonderes Kaliber, was?«
    Der Äthiopier hielt inne und sah einen Moment lang drein wie der sprichwörtliche ertappte Sünder. Dann zog er hastig den Kragen seines Gewandes so zurecht, daß darunter verschwand, was Chaim gerade entdeckt hatte.
    »Ich habe noch mehr für euch«, sagte er danach, ohne auf Gers-homs Bemerkung einzugehen, »etwas ganz Besonderes.«
    Er schob sich an Vater und Sohn vorbei, kletterte auf die Ladefläche und machte sich dort im vorderen Bereich zu schaffen, wo das Licht der frühen Sonne noch nicht hinreichte und sich Kisten zu dunklen Türmen stapelten.
    »So? Was denn?« wollte David wissen. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Körbe und Kartons an der Ladekante hinwegschauen zu können. Dennoch sah er nicht recht, was Tamir Ma-meyel tat. Er schien einige der Kisten dort hinten beiseite zu rücken.
    »Muß sich ja um wahre Schätze handeln, wenn du sie so gut versteckst«, meinte Gershom Chaim und grinste. »Goldene Äpfel, wie?«
    »Nein«, kam die Stimme des alten Mannes aus dem Dunkel, und sie klang so bar allen Gefühls, daß Gershom die Worte wie einen eisigen Hauch empfand, der ihm direkt ins Ohr wehte und tiefer drang. »Nur etwas, das ihr mit euch in die Stadt nehmen und in eurem Hause beherbergen sollt«, ergänzte Tameyel dann in dem gleichen nüchternen Ton.
    Ein übler Verdacht beschrieb Gershom Chaim. Sollte er den Äthiopier in all der Zeit, da er ihn kannte, falsch eingeschätzt haben? Trieb er doch
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