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Tod eines Lehrers

Tod eines Lehrers

Titel: Tod eines Lehrers
Autoren: Andreas Franz
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der Welt.«
    Ja, ja, dachte er grinsend, solange die Kohle stimmt, ist man immer der beste Papa der Welt.
    Sie hatte die Toasts bereits mit Schinken belegt, und das Glas Orangensaft stand neben dem Teller. Er aß im Stehen und gab, bevor er das Haus verließ, Michelle noch einen Kuss. Sarah war noch im Bad.
    »Krieg ich auch so ’ne Jacke?«, fragte sie wie nebenbei und sah ihn an, wie eine Tochter ihren Vater eben ansah, wenn sie unbedingt etwas wollte. »In meiner Klasse haben auch die meisten ’ne Helly Hansen.«
    »Ihr macht mich arm, wisst ihr das?«, seufzte er auf. »Irgendwann werden wir in einem Kellerloch hausen, ohne Strom, ohne Wasser, die Ratten werden an unsern Füßen nagen, und das alles nur, weil wir kein Geld mehr haben …«
    »Sarah kriegt eine.«
    »Okay, ausnahmsweise. Außerdem muss man ja bei der Kältewas Anständiges zum Anziehen haben. Ihr geht morgen zusammen los, und wehe, ihr kommt nicht mit einer Helly Hansen zurück oder wie immer das heißt. Und jetzt tschüs.«
    Draußen schlug ihm der schon seit Tagen eisige böige Wind entgegen. Er war froh, unter die fellgefütterte Lederjacke noch einen Pullover angezogen zu haben. Um sechs Uhr dreiundfünfzig stieg er in seinen neuen Alfa 147 und raste los.

Mittwoch, 6.30 Uhr
     
    H elga Schirner wachte wie jeden Morgen pünktlich um halb sieben auf, streckte sich, öffnete als Erstes das Fenster, atmete genau fünfmal tief ein und aus und schloss es wieder. Sie ging ins Bad, setzte die Badekappe auf und stellte sich unter die Dusche. Dann trocknete sie sich ab, zog frische Unterwäsche an und den Morgenmantel darüber. Sie hatte wie immer tief und fest geschlafen und fühlte sich nun ausgeruht und bereit für den Tag. Sie begab sich ins Erdgeschoss, sah die Tischlampe im Wohnzimmer brennen, schüttelte den Kopf und schaltete sie aus. »Was für eine Stromverschwendung«, schimpfte sie leise und ging in die Küche, um das Frühstück für ihren Mann und ihren Sohn Thomas zu bereiten. Sie deckte den Tisch, holte Toast, Grahambrot, Butter, Marmelade und Honig aus dem Schrank, gab sechs gehäufte Löffel Kaffee und eine winzige Prise Salz in den Filter und stellte die Kaffeemaschine an. Dann machte sie das Radio an, und während sie leise einen Schlager aus den siebziger Jahren mitsang, hörte sie Geräusche aus dem ersten Stock und wie die Badezimmertür abgeschlossen wurde.
    Um zehn nach sieben kam Thomas die Treppe heruntergetrampelt, wie er das immer zu tun pflegte, murmelte ein verschlafenes »Morgen« und setzte sich an den Tisch.
    »Warum musst du eigentlich immer so trampeln? Kannst dunicht wie ein gesitteter Mensch gehen?«, sagte sie mit vorwurfsvoller Stimme.
    Thomas Schirner, vierzehn Jahre alt, sah seine Mutter nicht einmal an und erwiderte auch nichts. Es war das typische morgendliche Ritual, sie moserte und er schwieg.
    »Hat dein Vater heute später Schule?«, fragte Helga Schirner.
    »Woher soll ich das denn wissen?«
    »Er scheint lange wach gewesen zu sein, hat mal wieder das Licht im Wohnzimmer brennen lassen. Na ja, dann muss er heute wohl erst später los. Du hast sieben Stunden?«
    »Wenn nichts ausfällt.«
    »Schläft Henry wieder bei deinem Vater?«
    »Mama, warum fragst du mich das?«, sagte Thomas genervt. »Schau doch selbst nach.«
    »Mein kleiner Morgenmuffel. Schlecht geschlafen, was? Du solltest eben in Zukunft früher zu Bett gehen, dann bist du morgens auch schneller wach.«
    »Mama, bitte …«
    »Ist ja schon gut. Was willst du mit in die Schule haben?«
    »Weiß nicht. Mach mir einfach wie immer zwei Brote und eine Banane.«
    Um kurz vor halb acht verließ Thomas das Haus. Helga Schirner ging bis zur Treppe, warf einen Blick nach oben und überlegte, ob sie nach ihrem Mann sehen sollte. Sie schüttelte den Kopf und dachte: Er ist für sein Leben selbst verantwortlich, und wenn er zu spät kommt, dann hat er eben Pech gehabt. Sie räumte das benutzte Geschirr in die Spülmaschine, aß eine Scheibe Grahambrot mit Butter und Schnittlauch und trank dazu eine Tasse Kaffee mit wenig Milch und ohne Zucker. Um fünf nach acht klingelte es an der Tür. Sie runzelte die Stirn und fragte sich, wer das um diese frühe Stunde sein konnte. Als sie durch den Spion schaute, sah sie einen unbekannten Mann. Sie legte die Sicherungskette vor und machte die Tür einen Spaltbreit auf.

Mittwoch, 7.21 Uhr
     
    E s begann allmählich hell zu werden, Schaulustige hatten sich zum Glück noch nicht eingefunden. Am Tatort waren zwei
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