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Tod eines Lehrers

Tod eines Lehrers

Titel: Tod eines Lehrers
Autoren: Andreas Franz
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Wenigstens ist es eine trockene Kälte, und damit verschwindet hoffentlich endlich mal das Ungeziefer. Ich muss jetzt aber los, mein Bett ruft. Schönen Abend noch«, sagte die ganz in Schwarz gekleidete Person, die von Henry, der an einem Baum schnüffelte, erst freudig begrüßt und jetzt nur noch nebenbei wahrgenommen wurde, ging weiter, blieb aber einen Moment später stehen, drehte sich um, kam noch einmal auf Schirner zu und sagte: »Ich hab was vergessen. Nur eine Frage …«
    »Ja, was …«
    Zu mehr kam Schirner nicht, er sah nicht den blitzschnell geführten Stoß kommen, die lange silberne Klinge, die ihn unvermittelt in den Bauch traf, immer und immer wieder. Er hatte die Augen weit aufgerissen, ein Stich nach dem andern drang in seinen Bauch und seine Brust. Ihm wurde schwindlig, er hatte dasGefühl, als würde er von allen Seiten attackiert, aber er nahm nur dieses eine Messer wahr. Alles um ihn herum verschwamm, er sank zu Boden, Blut rann aus seinem Mund, er bäumte sich noch dreimal auf, bis ein langes Zucken durch seinen Körper raste und auch dieses letzte Lebenszeichen aufhörte und Schirner mit gebrochenen Augen dalag.
    Henry jaulte kurz auf und leckte dann über das tote Gesicht seines Herrn, bis ihm ein paarmal freundschaftlich auf die Schulter geklopft und er weggeführt wurde. »Komm, wir rennen ein bisschen, damit uns warm wird. Es ist wirklich schweinekalt.«

Mittwoch, 6.24 Uhr
     
    P eter Brandt, Hauptkommissar bei der Mordkommission Offenbach, zuständig für den Bereich Südosthessen, der von Bad Orb, Schlüchtern über Seligenstadt bis hinunter nach Langen reichte, wurde vom Telefon geweckt. Er blickte mit verschlafenen Augen zur Uhr, stieß einen derben Fluch aus, nahm den Hörer vom Apparat auf seinem Nachtschrank und meldete sich mit einem mürrischen und knappen »Ja?«.
    »Hier Krüger, KDD. Schwing dich aus den Federn, Alter, es gibt Arbeit.«
    »So früh? Was zum Teufel …«
    »Ein Toter in Langen, auf einem Waldweg in der Nähe vom Schloss Wolfsgarten. Wurde vor einer guten halben Stunde gefunden. Soll ziemlich übel aussehen. Schau ihn dir an. Ein Streifenwagen steht an der Straße, damit du’s nicht verfehlst.«
    »Wer ist vor Ort?«
    »Im Moment nur Kollegen aus Langen. Ich hab denen schon gesagt, dass du in spätestens einer halben Stunde dort bist.«
    »Bist du wahnsinnig?! Wie soll ich das in einer halben Stunde schaffen? Meinst du vielleicht, ich warte nur drauf, dass mitten inder Nacht jemand umgebracht wird? Ich bin in einer Stunde dort, richte denen das aus. Und die sollen nichts anrühren.«
    »Okay, aber beeil dich.«
    Krüger beendete einfach das Gespräch, Brandt brummte ein leises »Arschloch«, legte den Hörer zurück und setzte sich auf. Im Flur brannte bereits Licht. Er ging nur mit einem T-Shirt und einer Boxershorts bekleidet zum Badezimmer, doch die Tür war abgeschlossen. Brandt war einssiebzig groß oder klein, wie immer man es betrachtete, leicht untersetzt und doch muskulös, hatte volles dunkles, von vielen grauen Strähnen durchzogenes Haar und ein kantiges, leicht gebräuntes Gesicht mit einem markant hervorstehenden Kinn.
    »Wer ist da drin?«, fragte er.
    »Ich.«
    »Sarah, bitte, lass mich ausnahmsweise zuerst rein.«
    »Ich muss mich für die Schule fertig machen!«
    »He, liebes Töchterchen, ich muss in fünf Minuten los, ein dringender Fall. Also mach schon auf.«
    Sie öffnete die Tür und stand im Nachthemd vor ihm und sah ihn mit gekräuselter Stirn an, ein Zeichen ihrer Ungehaltenheit. Sarah war vierzehn und lebte seit der Scheidung von seiner Frau vor einem Jahr zusammen mit ihrer zwölfjährigen Schwester Michelle bei ihm, weil die Mädchen das so gewollt hatten. Ihre Mutter hatte zwar alle Hebel in Bewegung gesetzt, sie bei sich behalten zu können, doch als die Familienrichterin erfuhr, dass sie vorhatte, mit ihrem neuen Lover, einem stinkreichen Kunsthändler, eventuell nach Spanien zu ziehen und die Mädchen in ein Internat abzuschieben, wurde der Antrag auf alleiniges Sorgerecht abgeschmettert und dem Wunsch von Sarah und Michelle entsprochen, bei ihm zu wohnen. Als Brandt herausbekam, dass seine Frau nach dem schmutzigen Scheidungskrieg ihm die Töchter aus reiner Bosheit entziehen wollte, wurde er zum ersten Mal in seinem Leben richtig wütend. Niemals hätte er zugelassen, dass Sarah und Michelle in ein Internat abgegebenwurden, wo er sie maximal einmal im Monat für ein Wochenende hätte sehen können. Ein Internat war für
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