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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden
Autoren: Anne Perry
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Aufmerksamkeit wieder Hester zu. »Haben Sie in Ihrem Haus am Coldbath Square auch weiterhin verletzte Frauen aufgenommen, Mrs. Monk?«
    »Ja.« Wollte er die Tatsache ans Licht bringen, dass Baltimore Squeaky Robinsons Partner gewesen war? Aber warum? Sein Tod hatte nichts mit Dalgarno zu tun. Und auch nicht mit Katrina Harcus.
    »Gab es besonders schwer verletzte Frauen?«, wollte Rathbone wissen.
    Das war es wohl, worauf er hinauswollte. »Ja«, antwortete sie. »Es gab zwei Frauen, bei denen wir uns nicht sicher waren, ob sie es überleben würden. Eine hatte eine Stichwunde im Bauch, die andere war so brutal geschlagen worden, dass sie vierzehn Knochenbrüche erlitten hatte. Wir fürchteten, sie würde an inneren Blutungen sterben.« Sie hörte die Wut und das Mitleid in ihrer Stimme.
    Im Gerichtssaal erhob sich empörtes Murmeln, etliche rutschten unbehaglich auf ihren Plätzen hin und her, peinlich berührt von einem Leben, über das sie gar nicht so viel wissen wollten und das sie doch unwillkürlich emotional aufwühlte.
    Der Richter sah Rathbone stirnrunzelnd an. »Das ist entsetzlich, aber dieses Gericht ist nicht der Ort für einen moralischen Kreuzzug, Sir Oliver, so gerechtfertigt dieser auch sein mag.«
    »Es geht mir nicht um einen moralischen Kreuzzug, Euer Ehren, es geht um den Tod von Katrina Harcus und wie es dazu kam«, antwortete Rathbone. »Ich bin bald am Ziel.« Ohne abzuwarten, wandte er sich wieder an Hester. »Mrs. Monk, haben Sie erfahren, wie diese Frauen sich ihre schlimmen Verletzungen zugezogen haben?«
    »Ja. Es waren ehrbare Frauen gewesen, eine von ihnen war Gouvernante, sie hatte einen Mann geheiratet, der sie in Schulden gestürzt und sie dann verlassen hatte. Sie liehen sich Geld bei einem Wucherer, um ihre Schulden zu begleichen, und als sie ihre Verpflichtungen nicht durch ehrliche Arbeit zurückzahlen konnten, zwang er sie in das Bordell, an dem er beteiligt war, wo sie sich um die etwas abnormen Gelüste bestimmter Männer kümmern mussten …« Sie konnte nicht fortfahren, denn im Gerichtssaal wurden Empörung und Entrüstung immer lauter.
    Der Richter klopfte mehrmals mit seinem Hammer auf den Tisch. Allmählich wurde es ruhiger, aber der Zorn hing noch knisternd in der Luft.
    »Ehrbare junge Frauen mit einiger Bildung, einiger Würde und dem Wunsch, rechtschaffen zu sein?«, sagte Rathbone, und seine Stimme war rau vor Gefühlen.
    »Ja«, antwortete Hester. »Es passiert vielen, wenn sie verlassen werden, ihre Arbeit verlieren und keine Empfehlung …«
    »Ja«, unterbrach er sie. »Hat sie dies bewogen, Schritte zu unternehmen, Mrs. Monk?«
    »Ja.« Sie wusste, dass der Richter bald die Geduld verlieren würde. »Ich habe zwar herausgefunden, wo dieses Bordell liegt, erfahren, wer der Geldverleiher war, aber nicht, wer den Frauen die Schläge und Stichwunden zugefügt hat.« Sie wusste nicht, ob er das auch wissen wollte, aber sie fügte hinzu: »Es hat inzwischen ein Ende gefunden. Wir haben das Bordell schließen können, um dort einen besseren Zufluchtsort als am Coldbath Square einzurichten.«
    Er zeigte ein winzig kleines Lächeln. »Tatsächlich. Was ist mit dem Wucherer geschehen?«
    »Er wurde umgebracht.« Wollte er hören, dass es Baltimore war? Sie sah ihn an, brachte es aber nicht heraus.
    »Aber die Schuldscheine?«
    »Die haben wir vernichtet.«
    »Wussten Sie damals, dass er umgebracht worden war?«
    »Ja … er verlieh nicht nur das Geld, er war auch ein Freier. Er ging zu weit, und eine der Frauen, die neu im Geschäft war, empörte sich dermaßen über das, was er von ihr verlangte, dass sie nach ihm schlug und er rückwärts aus dem Fenster auf das Pflaster in den Tod stürzte.«
    In den Besucherreihen wurden starke Gefühlsbekundungen laut. Jemand klatschte sogar.
    »Ruhe!«, sagte der Richter laut. »Ich verlange Ruhe! Ich verstehe Ihre Empörung – ja, ich teile sie –, aber ich verlange Respekt vor dem Gesetz! Sir Oliver, diese Geschichte ist furchtbar, aber ich sehe immer noch keinen Zusammenhang mit dem Tod von Katrina Harcus und Mr. Dalgarnos Schuld oder Unschuld in der Sache.«
    Rathbone drehte sich noch einmal zu Hester um. »Mrs. Monk, haben Sie unter den Schuldscheinen die der jungen Frau gefunden, Kitty, die in der Nacht, in der Nolan Baltimores Leiche in der Leather Lane in der Nähe des Coldbath Square gefunden wurde, mit Schnittwunden und blauen Flecken zu Ihnen kam?«
    »Ja.«
    »Gehörte sie zu den einst ehrbaren jungen Frauen, die
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