Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
Vater, Arrol Dundas, verurteilt worden war. Sie erweckte den Eindruck, als sei der gleiche Betrug noch einmal begangen worden, denn sie wusste, Monk würde der Versuchung nicht widerstehen können, der Sache nachzugehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sie wiedererkannte, war sehr gering. Wenn er sie überhaupt jemals gesehen hatte, dann nur als achtjähriges Mädchen.«
    Er schaute vom Richter zu den Geschworenen. »Sie sorgte dafür, dass sie sich in der Öffentlichkeit trafen, wo sie von vielen Menschen gesehen wurden. Sie sorgte zudem dafür, dass Monk an diesem Abend zu dem Haus in der Cuthbert Street kam, wo sie wohnte. Wir können Mr. Monk nötigenfalls in den Zeugenstand rufen, um das zu bezeugen.« Er holte tief Luft und sah wieder den Richter an. »Nun, Euer Ehren, folgt die Erklärung für Mr. Garstangs sehr ausführliche Zeugenaussage. Er sah ihr Gesicht, als sie stürzte. Inspector Runcorn sagte, sie habe auf der Erde gelegen, auf der Seite … nicht auf dem Rücken. Niemand sah zwei einzelne Gestalten, und der Umhang wurde auf dem Dach zurückgelassen, Euer Ehren, weil sie nicht gestürzt oder geschubst wurde. Sie sprang!«
    Der Tumult aus Verblüffung, Unglauben und Entsetzen, der im Saal entstand, hinderte ihn vorübergehend daran fortzufahren. Aber es wurde rasch wieder still, als die schreckliche Wahrheit den Menschen allmählich ins Bewusstsein drang.
    Als er fortfuhr, erklang seine Stimme in vollkommener Stille.
    »Euer Ehren, Michael Dalgarno ist des Mordes unschuldig, weil es keinen Mord gab … zumindest nicht, als Katrina Harcus vom Balkon ihrer Wohnung in den Tod stürzte. Was die Nacht betrifft, in der sie Nolan Baltimore umbrachte, sollten wir …«
    Er wurde von Livia, die jetzt mit aschfahlem Gesicht aufsprang, daran gehindert, das zu sagen, was er hatte sagen wollen.
    »Das ist nicht wahr!«, schrie sie. »So etwas zu behaupten ist sündhaft! Es ist eine Lüge!« Ihre Stimme erstickte in einem Schluchzen. »Eine böse … schreckliche Lüge! Mein Vater …« Sie schlug links und rechts mit den Armen aus, als kämpfte sie gegen ein Hindernis. »Mein Vater hätte nie so etwas … Ekelhaftes getan! Einfach abscheulich! Ich habe diese Frauen gesehen … sie waren …« Tränen strömten ihr übers Gesicht. »Sie hatten gebrochene Knochen, Blutungen … wer immer das getan hat, war ein Ungeheuer!«
    Rathbone sah unglücklich drein. Er wollte etwas sagen, seinem Kummer Luft machen, aber es gab nichts mehr zu sagen.
    »Er kann nicht so gestorben sein!«, fuhr Livia fort, indem sie sich dem Richter zuwandte. »Er hatte sich an diesem Abend schrecklich mit Michael und Jarvis gestritten!«, sagte sie verzweifelt. »Es ging wieder um die Eisenbahn, die große Bestellung für die Bremsen, die sie entwickelt haben. Michael und Jarvis haben das zusammen gemacht, und Papa hat es an diesem Abend erst erfahren, Euer Ehren! Er geriet furchtbar in Wut und sagte, sie würden die Firma ruinieren, weil Mr. Monk ihn vor Jahren gezwungen hatte, einen Brief zu unterschreiben, in dem er sich verpflichtete, diese Bremsen niemals wieder zu bauen. Er hatte ein Vermögen bezahlt, um jemanden zum Schweigen zu bringen, aber der Preis war, dass niemand jemals diese Bremsen benutzen würde …«
    Monk sprang auf. »Wo ist Jarvis Baltimore?«, rief er Livia zu. »Wo ist er?«
    Sie starrte ihn an. »Im Zug«, sagte sie. »Die Eröffnungsfahrt.«
    Monk sagte etwas zu Margaret und warf Hester, die noch im Zeugenstand stand, einen Blick zu, dann kletterte er an den Leuten vorbei, lief den Gang hinunter und verschwand durch die Tür.
    Der Richter blickte Rathbone an. »Verstehen Sie das, Sir Oliver?«
    »Nein, Euer Ehren.« Er wandte sich zum Zeugenstand um. »Hester?«
    »Der Eisenbahnzusammenstoß vor sechzehn Jahren«, antwortete sie. »Ich glaube … Ich glaube, er weiß jetzt, was ihn ausgelöst hat.« Sie blickte Livia an. »Es tut mir Leid … Ich wollte es Ihnen nicht sagen. Ich wünschte, Sie hätten es nicht erfahren müssen. Die meisten Menschen können ihre Geheimnisse bewahren.«
    Livia stand noch einen Augenblick da, während ihr Tränen über die Wangen liefen, dann sank sie langsam auf ihren Platz und vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Es tut mir so Leid …«, sagte Hester noch einmal. Sie verabscheute Nolan Baltimore ebenso sehr für das, was er seiner Familie angetan hatte, wie für die Verletzungen, die er Katrina, Alice, Fanny und den anderen Frauen beigebracht hatte. Diese heilten vielleicht. Ob Livia
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher