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Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition)
Autoren: Daniel Twardowski
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Grabstein auf dem richtigen Friedhof. Dazu eine dunkle Nacht und ein wenig Glück – und all das schien plötzlich kein Traum mehr! Die mysteriösen drei Wochen nach Waterloo, über die nichts in den Büchern stand, machten einen derartigen Ablauf möglich, und bald unterlag er dem uralten Trugschluss aller forschenden, fragenden Nichtwissenschaftler: Je weniger die Fakten Louis’ Geschichte ausschlossen, desto wahrscheinlicher kam sie ihm vor.
     
    Zu dieser Erkenntnis gelangt, bemerkte der kriegsversehrte englische Marineoffizier auf Halbsold zum ersten Mal, dass er nicht allein war in den Lesesälen und Archiven. Dass auch andere Männer forschten und spekulierten, ja womöglich zu denselben Ergebnissen kamen. Er merkte es daran, dass jemand die gleichen Bücher auslieh, dieselben Dokumente einsah wie er. Zuerst betrachtete er das sportlich und ein wenig amüsiert. Aber er legte sich doch schon jetzt auf die Lauer, um seine Konkurrenten zu sehen, ehe er selbst gesehen werden konnte.

118.
    Dass der Doktor von Bord gegangen war, ohne sich zu verabschieden, fand Emmeline Carver schäbig genug. Dass auch John Gowers verschwunden war, betrachtete sie als persönliche Beleidigung, obwohl es ihr erst auffiel, als die Northumberland Kapstadt bereits seit zwei Tagen verlassen hatte.
    Seitdem aber fragten immer wieder Leute nach ihrem Bruder Daniel, Charles’ Kameraden, Hauptmann Bledsoe, sogar der Kapitän. Und dummerweise hatte sie sich anfangs darauf festgelegt, nichts über seinen Verbleib zu wissen, sodass sie jetzt zwar nicht wie eine sitzengelassene Braut, aber zumindest wie eine im Stich gelassene Schwester aussah. Hätte sie nur gleich gesagt, dass Daniel sich in den Kapkolonien ein neues Leben aufbauen wollte, wäre alles nur halb so peinlich gewesen.
    Die Sympathien waren allerdings ganz auf ihrer Seite. Was konnte schließlich das Mädchen für ihre Familie? Für einen Vater, der sich erhängt, für einen Bruder, der sich offensichtlich aus dem Staub gemacht hatte, womöglich mit einem Teil des Erbes. Immerhin, armer Carver, was würden seine Leute zu einer solchen Verbindung sagen? Und hatte er seinen Schwager nicht schon auf St. Helena töten wollen?
    Alle, die ihn kennengelernt hatten, waren sich jedenfalls einig, dass Daniel Thompson ein Windhund war. Zuerst seinem Vater das Herz gebrochen, jetzt seiner Schwester davongelaufen. Nach einer Weile legte sich jedoch das mitleidige Kopfschütteln, und zuletzt war auch Emmeline froh, einen so dubiosen Menschen glücklich losgeworden zu sein.
     
    Wie eine Schlange, deren Nest man aufgedeckt hat, fuhr der Inder herum und griff sofort an. Fand den schwarzen Dolch in seinem Gürtel so sicher und selbstverständlich, als wäre er ein Teil seines Körpers. Aber der Schlagring des Weißen hatte seine Nase schon gebrochen, ehe er zustechen konnte.
    Noch gab der Mörder nicht auf. Der seltsame Feind umklammerte sein linkes Handgelenk mit beiden Händen. Das war seltsam, denn selbst diejenigen seiner Opfer, die überhaupt Zeit und Kraft zur Gegenwehr fanden, rechneten nicht mit einem Linkshänder. Aber immerhin war dadurch seine rechte Hand völlig frei. Mit aller Kraft schlug er nach der großen Ader am Hals. Er wusste, dass man auch dadurch einen Mann töten kann. Aber in diesem Moment geschahen viele Dinge.
    Der Weiße parierte den Schlag mit der Schulter, zog sie zur Deckung hoch, und der tödliche Schlag traf nur die alberne blaue Kappe mit den gekreuzten Schwertern, schlug sie herunter. Zugleich drehten die beiden Fäuste die dunkle Hand mit der zweischneidigen Waffe schmerzhaft herum, ohne dass der Sikh sie deswegen losließ, und ein kräftiger Tritt riss dem Mörder die Beine weg.
    Beide fielen zu Boden, stürzten in den Schatten. Noch im Fallen wunderte sich der Singh, der Löwe, über die Schnelligkeit, mit der all das geschah. Er versuchte, sich zu drehen, dachte schon über den nächsten Schlag nach, den Kampf am Boden, in dem er unschlagbar war, als die schwarze Klinge ihm Lunge und Herz durchbohrte. Sein Körper zuckte und zitterte noch lange, wie rasend scharrten die Füße im Staub der Straße, während sein unheimlicher Feind ihn bis zuletzt fest an den Boden presste. Das Einzige, was er darüber hinaus noch wahrnahm, war der Geschmack des Blutes in seinem Mund.
     
    In Gowers’ Rucksack befand sich das Fläschchen mit der Medizin, die der Doktor zuletzt hergestellt hatte. Für sich selbst nahm er nur die Pfeife und den Tabakvorrat des Toten, seine
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