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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe
Autoren: Michael Moorcock
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Wieder baute er sich auf, stand in gleicher Gestalt neben sich selbst, brannte und kreischte. Er flehte uns an, er wollte etwas von uns. Bat er uns um Verzeihung? Oder nur um Erlösung? Wieder eine tanzende, brennende Gestalt und dann noch eine, bis die Gestalten einen zweiten, inneren Kreis bildeten.
    Von oben sah Fürst Ariochs goldenes Gesicht lächelnd herab und pfiff, als beobachte er ein Puppentheater. Das senile, geifernde Gesicht des Wesens, das einst die größte Fürstin der Ordnung gewesen war, stieß Gaynors sich windenden Körper an, der daraufhin Form und Größe veränderte, zu vielen Versionen seiner selbst zerfiel, dann wieder eins wurde und sich erneut auflöste. Ich hörte die Schreie. So hatte ich noch nie jemanden schreien hören.
    Arioch und Miggea zerrten an ihm, brachen Stücke seiner vielen Identitäten heraus. Sie spielten mit ihm, wie Katzen mit einer Grille spielen. Nur wenig Feindschaft stand zwischen ihnen, sie richteten den ganzen Hass auf Gaynor, auf den dummen Gaynor, der gedacht hatte, er könnte sie gegeneinander ausspielen.
    Er flehte sie an aufzuhören.
    Ich war beinahe so weit, dass ich die gleiche Bitte ausgesprochen hätte wie er. Tausend Gaynors erfüllten jetzt den Kreis, tausend verschiedene Arten von Schmerzen.
    Oona sah mit stiller Zufriedenheit zu, als würde sie daheim eine besonders gelungene Handarbeit betrachten und sich darüber freuen.
    »Er kann seinen Archetypus nicht mehr aufbauen«, erklärte sie. »Dies ist die einzige Grundlage, auf der wir überleben. Alles, was wir besitzen, ist ein Gefühl unserer Identität. In diesem Augenblick liegen all die vielen Identitäten, die zu Gaynor gehören, miteinander im Streit. Er wird im ganzen Universum verteilt. Das Zusammentreffen, das Gaynor geplant hat, um seine selbstsüchtigen Ziele zu verfolgen, ist nun der Augenblick, in dem er sein Ende findet.«
    »Genug!«, fluchte Arioch. »Du hast mir versprochen, mir die Macht der Ordnung zu geben. Die Macht des Chaos besitze ich schon. Wo, zerteilter Gaynor, wo ist der Gral?«
    Die Antworten kamen vielfältig, gleichzeitig, entsetzlich. »Sie hat ihn«, war das einzig Zusammenhängende, was wir hörten.
    Dann war Gaynor verschwunden.
    Ariochs Stimme war ein zufriedenes, sattes Flüstern. »Der Gral ist noch da. An meinem Eingangspunkt, wo er mich durchzubringen versprach.«
    Gewaltige Lippen schmatzten.
    Dann war auch Arioch verschwunden.
    Zwischen Miggea und dem verschwindenden Arioch wurde Gaynor in eine Million psychischer Fetzen zerlegt.
    Ein Rauschen wie vom Herbstwind - und die Zauberei war aus diesem Reich verschwunden. Die alten Steine standen wieder im Gras wie sonst, die Sonne leuchtete hell am Himmel. Die Brandung, die auf den weißen Strand schlug, war das lauteste Geräusch, das wir jetzt noch hören konnten. Ich wandte mich an Fromental. »Haben Sie dies mit Oona verabredet, als ihr euch an Miggeas Gefängnis getroffen habt?«
    »Wir wussten nicht genau, was wir mit Miggea tun sollten, doch wir dachten, es wäre nützlich, sie in tragbarer Form dabei zu haben.« Fromental blinzelte. »Jetzt muss ich aber zu meinen Freunden zurückkehren. Tanelorn ist gerettet, doch sie wollen hören, wie diese Geschichte ausgegangen ist. Ich bin sicher, wir sehen uns wieder, mein Freund.«
    »Und die Off-Moo? Wissen Sie, was aus ihnen geworden ist?«
    »Sie haben noch eine zweite Stadt, mehr weiß ich nicht. Am anderen Ufer des Sees. Dorthin sind sie geflohen. Es wurden nicht viele getötet.«
    Mit dem Gehabe eines Mannes, der dringenden Geschäften nachgehen muss, schüttelte er mir die Hand und ging zum Strand. Ein mit zwei Seeleuten bemannter Skiff wartete auf ihn. Sie salutierten, als er einstieg. Ich war, was das U-Boot betraf, von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Fromental hatte es vorgeschickt. Er winkte uns noch einmal und wurde rasch zum U-Boot gerudert. Vielleicht würde ich nie erfahren, wie er es geschafft hatte, eine gefangene Göttin mit dem Unterseeboot zu uns zu befördern.
    Ich sah zu, wie der Turm unter Wasser verschwand, und konzentrierte mich wieder auf die deprimierende Realität meines eigenen Reichs. Eine Luftflotte war dabei, England zu erobern und dafür zu sorgen, dass Adolf Hitler bald die ganze Welt beherrschen würde.
    Ich machte Elric darauf aufmerksam, dass meine Arbeit noch nicht getan war. Wenn sich der Gral weiterhin in Bek befand, dann konnte ich vielleicht einen Weg finden, um ihn gegen die Nazis einzusetzen. Wenigstens sollte er
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