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TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht

TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht

Titel: TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht
Autoren: Stefan Wolf
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Briefinhalt ein letzter Gruß - nicht wie üblich im Namen von Trauernden auf der Kranzschleife für den Verblichenen, sondern mal umgekehrt? Oder eine nostalgische Erinnerung an die ehemalige Nachbarschaft? Oder die Entschuldigung für einen noch nicht beigelegten Streit - wegen Lärmbelästigung, herüber gewehtem Laub, einer streunenden Katze oder beißendem Holzkohlenqualm, der ja beim Grillen entsteht?"
    "Mensch, Bengel, du spinnst wirklich! Was Robert Paulmann mir schreibt, geht dich einen Scheiß an.
    Dich und deine Zeitung!"
    "Also ein Geheimnis?"
    "Verpiss dich!"
    "Diese Gossensprache!" Tim schüttelte den Kopf. "Darf ich Sie zitieren? Das würde unseren Kulturteil beleben."
    "Willst du eins in die Zähne?"
    "Dann würden Ihre im selben Moment im A... Klavier spielen - wenn ich mich mal auf Ihrem Sprachniveau ausdrücken darf. Ich fasse also zusammen: Die
    Mitteilung des Verstorbenen ist ein Geheimnis. Sie, Kurt Selbig, können es nicht veröffentlichen. Also eine finstere Angelegenheit. Und damit haben Sie meine Neugier geweckt. Wir sehen uns wieder." Tim wandte sich um und sohlte zur Straße.
    "Blöder Bengel!" hörte er hinter sich.
    Die Tür wurde zugeschmettert. Die Hütte bebte.
    Selber blöd! dachte der TKKG-Häuptling. Mit einer sanften Lüge hätte er mich abspeisen können.
    Dazu eine überzeugende Miene - und ich hätte nicht mal darauf bestanden, mir den Brief anzusehen.
    Aber das hat er nicht drauf, dieser Kerl. Der ist primitiv und gefährlich.
    Tim machte sich auf den Rückweg und wusste nicht recht: Hatte es was gebracht, oder war alles nur Seifenblase?
    Als er am dritten Häuschen vorbeikam, trat eine alte Frau vor die Tür, schüttelte einen Staublappen aus und blickte Tim neugierig an.
    Er lächelte. "Entschuldigung! Gibt es hier in der Straße einen Herrn Selbig?"
    "Ja, den gibt es." Ihre Miene verschloss sich. "Dort, wo der Schornstein so gelb qualmt." Sie zeigte in die Richtung.
    "Danke!" Tim war stehen geblieben. "Hoffentlich ist es der Selbig, den ich suche. Ich weiß nur den Nachnamen. Mein Herr Selbig ist ein ehemaliger Mönch, der sich aber von diesem Tugendpfad abgewandt hat und Barkeeper wurde. Doch seine Drinks sollen nicht geschmeckt haben, und er wurde degradiert (erniedrigt) zum
    Türsteher."
    "Ach wirklich?" Sie staunte.
    "Glauben Sie, dass er der Gesuchte ist?"
    Die Oma trat näher. "Ich wusste nicht, dass er Mönch war. Ich weiß nur, dass er... hm..."
    Tim geduldete sich. Das ,hm' war bedeutungsvoll.
    "Ich will nicht tratschen über Nachbarn", sagte die Oma. "Obwohl er eigentlich kein richtiger Nachbar ist.
    Er wohnt in Nummer 21. Das ist... neun Häuser entfernt."
    "Eine andere Welt", nickte Tim.
    "Andererseits wissen alle hier in der Straße, was mit dem los ist." Die Oma verdrehte die Augen. "Man hat so einen nicht gern in der Nähe. Anfangs wollte ich im Dunkeln nicht mehr vor die Tür gehen. Aber Erwin - das ist mein Mann - sagt, ich sollte mir da keine Sorgen machen. Die Polizei wisse ja Bescheid."
    "Über seine Vergangenheit als Mönch?"
    "Nein, über... Also, der war im Gefängnis. Mindestens drei Jahre lang. Oder vier. Seit Dezember ist er wieder hier. Ich glaube, seit dem zweiten Advent. Mir war das ganze Weihnachtsfest verdorben."
    Tims Nackenhaare hatten sich aufgestellt. "Wissen Sie, weshalb er einsitzen musste?"
    "Der hat einen Banküberfall gemacht. Oder war's ein Einbruch? Nein, eine Frau hat er geschän... Ich glaube doch, es war ein Überfall."
    "Vielen Dank!" sagte Tim, als er mit Lippenlecken fertig war. "Mein ehemaliger Klosterbruder ist dieser Herr Selbig jedenfalls nicht. Denn so tief sinken die nicht - auch wenn sie die Kutte ablegen und nur noch Jeans tragen oder Leder."

Knastis drin und draußen
     
    Im Knast hatten sie sich kennen gelernt, und das gegenseitige Vertrauen wuchs im Laufe der Jahre.
    "Ich habe damals genügend Sprengstoff beiseite gebracht", sagte Körner. "TNT. Einen Dom könnte ich damit wegblasen. Wenn ich wieder draußen bin, wird Wuttke sich wundern."
    "Du vergisst nichts, wie?" Selbig hatte gegrinst. Im Gefängnis pflegte er öfter zu lächeln als in den Jahren zuvor - draußen auf freiem Fuß.
    Kurt Selbig saß ein wegen Raubüberfalls. Er war Serientäter. Der begründete Verdacht, dass er 14mal zugeschlagen hatte, bestand. Aber nur zwei Fälle konnte man ihm nachweisen. Seine Strafe war begrenzt und eigentlich so milde wie ein Herbsttag am Mittelmeer.
    "Nichts!" Körner hatte genickt.
    Er war 26, nur 159cm groß, aber
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