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TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht

TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht

Titel: TKKG 073 - Hilflos in eisiger Nacht
Autoren: Stefan Wolf
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Häuptling spähte umher.
    Jetzt kommt meine Rache, dachte er. Für die Kontrolle und das unbegründete Misstrauen.
    Tims Blick glitt über Gesichter und Gestalten. In der Brusttasche seiner gewachsten Sportjacke steckte eine Mini-Kamera. Sie machte scharfe Fotos, aber nur aus der Nähe. Welches Gesicht war würdig für den BS-OBSERVER?
    Natürlich musste es eine Frau sein, eine junge. Ansehnlich und frisch! So wollte er sich entscheiden.
    Sollte Gaby ruhig ein bisschen köcheln. Seiner Treue konnte sie zwar auf Lebenszeit sicher sein, aber - dachte er - ein Tröpfchen vom gelben Gift der Eifersucht macht den Spaß noch viel spaßiger.
    Und dort kam sie.
    Anfang zwanzig, groß, schlank, im modischen Mantel. Am Ärmel ein schwarzes Trauerband. Im hübschen
    Gesicht nicht allzu viel Trauer, eher Nachdenklichkeit. Das braune Haar wurde offen getragen, auf dem Kopf eine modische Kappe. An der Hüfte wippte schrittrhythmisch eine Umhängetasche.
    "Die!" sagte Tim.
    Gaby hatte seinen Blick aufgenommen. "Wer?"
    "Die mit der Lederkappe."
    "Das ist eine total doofe Wagner-Kappe. Außerdem steht sie ihr nicht."
    "Diese Frau werde ich arglos verfolgen."
    "Ph! Die geht doch nur ins nächste Cafe."
    "Aber von dort aus dann weiter. Einen Tee hätte ich jetzt gern."
    "Die ist unergiebig. Das spüre ich."
    "Aber das richtige Objekt."
    "Es ist schließlich deine Entscheidung."
    "Richtig. Ich bin der Chefreporter."
    "Jeder macht seine Fehler selbst. Hast du denn keinen Instinkt?"
    "Und wie! Mehrere! Diese aparte Lady ist umgeben von einem düsteren Geheimnis. Darauf wette ich."
    "Könnte stimmen", nickte Klößchen. "Sie ist in Trauer, hat aber einen fröhlichen Schritt. Mir wäre das Tempo zu hoch."
    "Jetzt solltest du die Sohlen bewegen", sagte Karl. "Sonst verlierst du dein Objekt aus den Augen."
    Tim küsste Gaby auf die Nasenspitze, blickte in ihre Vergissmeinnicht-Gucker und grinste.
    Dann zuckte er zusammen. Denn seine Süße hatte ihn in die Rippen geboxt.

Der Brief des Verstorbenen
     
    Vor dem Hauptbahnhof warteten Taxis. Aber die junge Frau ging vorbei.
    Entweder sie spart, dachte Tim, oder sie will die Umwelt schonen. Umso besser! Vielleicht geht sie nicht weit. Verschwindet im nächstbesten Gemäuer, und ich stehe da mit meinen Instinkten - blamiert und gescheitert. Nach drei Minuten auf jemanden zugehen und ihm sagen, ich verfolge Sie zum Spaß und jetzt möchte ich ein Interview - zu blöd wäre das. Vielleicht haut sie mir eine rein, weil sie mich für 'nen Aufreißer hält. Ein Veilchen am Auge - und Gaby lacht sich scheckig. Hätte ich doch lieber Klößchens Krücken-Opa genommen - und ihn ein Stückchen getragen.
    Tim irrte sich.
    Die junge Frau trat in keins der nächsten Häuser.
    Hurtig, aber ohne Hast, bewegte sie sich in halbhohen Winterstiefeln durch die Lagerhaus-Straße in Richtung Frostblänke, einer eher zweifelhaften Gegend in der Millionenstadt.
    Tim schnürte ihr nach. Er hatte den Kragen hochgeschlagen und schob sein Bike, das - zusammen mit den anderen - vor dem Hbf-Gebäude diebstahlsicher abgestellt worden war, während man sich in der Halle aufhielt.
    Vielleicht ist das ganze, überlegte er, doch eine Schnapsidee. Kann sogar Antialkoholikern passieren wie uns. Wenn die Frau nur ihre Freundin besucht und sonst nichts passiert - ist das dann eine Story?
    Interessiert keine Sau. Oder will O-eins - Objekt-eins hatte er sie getauft - zum Friedhof? Eher nicht. Denn hier ist keiner. Aber für das Trauerband gibt es natürlich einen Grund. Hoffentlich ist wenigstens der Verstorbene
    interessant!
    Die Gegend war unbelebt. Kleine Häuser, kleine Gärten, ein bisschen Verfall. Hier konnte man den Schwund des Wirtschaftswachstums mit Händen greifen.
    Einmal sah sich O-eins um.
    Tim hatte die Einleitung der Bewegung erkannt und sich noch rascher umgedreht, verharrend, als warte er auf jemanden aus dem nächsten Haus.
    Er ließ sich etwas zurückfallen. 100 Meter etwa trennten ihn von O-eins.
    Dann bog sie ein in den Frustel-Weg, blickte suchend auf die Grundstücks-Nummern und blieb stehen vor der Pforte von Numero 21.
    Tim tauchte hinter einen Altglas-Container - den für Grünglas - und wartete ab.
    O-eins betrat das Grundstück, das klein und kahl war - ähnlich der Einfamilienhütte, aus deren schmächtigen Schornstein ein gelblicher Qualm stieg.
    Die Frau klingelte an der Eingangstür. Tim konnte beobachten. Die Entfernung war gering. O-eins öffnete ihre Umhängetasche und zog was Weißes heraus. Aha!
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