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Titanus

Titanus

Titel: Titanus
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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meinen die Heimkehr zur Erde«, sagte Canterville. »Immer noch Zweifel?«
    »Mich quält die Frage, ob die Erde noch bewohnbar ist. Das Bild des brennenden Planeten läßt mir keine Ruhe. Ob die Menschen klüger waren, ob sie den Atomstrategen das Handwerk legten?«
    »Ich bin sicher!« erwiderte Canterville, und Kisi, der bisher schweigend zugehört hatte, fügte hinzu: »Sie werden Ihren Planeten nicht wiedererkennen. Wenn sich einmal die Gemeinschaft der Tätigen durchgesetzt hat, dann geht es schnell mit der Entwicklung! Es ist wie bei den Krachmen. Solange sie im Ei sind, entwickeln sie sich langsam, aber wenn sie die Schale gesprengt haben, wachsen sie mit vielfacher Geschwindigkeit. Erst stehen sie auf schwachen Füßen, versuchen taumelnd die ersten Schritte, stolpern wohl auch einmal, dann aber werden die Beine kräftiger, die Schritte sicherer, und schließlich setzen sie mit großen Sprüngen übers Feld!«
    Aus dem Dunst tauchten die Terrassenhochhäuser der Hauptstadt auf. Die Maschine setzte zur Landung an.
     
    Es war noch vor Sonnenaufgang. Fahle Dämmerung schob sich über die Wipfel der Bäume.
    Sandrino löschte das gedämpfte Licht und trat an die Glaswand.
    Nachdem Romain das Gegengift bekommen hatte, war es auf und ab gegangen, war das Fieber gestiegen und wieder gefallen. Noch immer lag Romain bewußtlos. Seit einigen Tagen war er mit dem Befehlsgerät verbunden. Sie versuchten, sein Gehirn zu zwingen, mit allen verfügbaren Körperkräften den Kampf gegen das Gift aufzunehmen und die Starre zu beseitigen. Nun ruhte das Gerät, und Sandrino wartete darauf, daß Romain ins Bewußtsein zurückkehrte.
    Das Auf und Ab der Fieberkurve war seit gestern mittag verklungen, die Gipfel der Temperatur fielen in sich zusammen. Die Starre löste sich. Auch die Bewußtlosigkeit war weniger tief, der Atem kräftiger.
    Die Morgensonne schob sich über den Horizont, warf helle Bahnen in die Fächer und Wedel der Bäume und des Gesträuchs.
    Jetzt würde Silona aufbrechen und in den automatisch gesteuerten Autobus steigen. Ob sie auch ohne ihn zwei Haltestellen vorher ausstieg, um durch den Park zu gehen und die Morgenstunde zu genießen?
    Ob er es noch erlebte, nur einmal mit ihr an den See…
    »Genosse Sandrino«, flüsterte eine heisere Stimme.
    Der Arzt lauschte ungläubig und stürzte an das Bett.
    »George!« rief er voller Staunen, Freude, Zweifel und Gewißheit. Doch sofort gewann er die Selbstbeherrschung zurück. Ruhig beugte er sich über den Patienten.
    Im weichen Morgensonnenlicht lag Romain mit offenen Augen, zwar noch entstellt, aber nicht mehr aufgedunsen. Er war matt, doch sein Auge blickte klar.
    »Massimo, Doktor, wohin bin ich geraten?« flüsterte er.
    »Später, George! Jetzt wird geschlafen! Und wenn du aufwachst, dann erzähle ich…«
    Die Tür öffnete sich. Silona kam leise herein, begrüßte Sandrino und trat an das Bett. Romain sah den Arzt fragend an.
    »Das ist Doktor Silona, das Mädchen von der Terrasse!«
    Romain lächelte und schloß die Augen.
    Sandrino atmete auf. »Und jetzt noch einmal das Befehlsgerät für sechs Stunden, danach Kräftigungsmittel.«
    »Und dann?«
    »Dann ist Nachmittag«, sagte er übermütig, »und wir fahren an den See!«
     
    Der letzte Tag vor dem Start war gekommen. Als die Männer der Landungsgruppe die Terrasse ihres Quartiers betraten, sahen sie mit ungläubigem Staunen hinab. Lange Ketten bunter, blitzender Kugeln schwangen sich über die Wege der Anlagen, über die Terrassen. Sie entdeckten hohe Masten, die übergroßen, aus buntem Wachs gedrehten Kerzen ähnelten. Alle Gebäude trugen Schmuck.
    »Fast tut mir’s leid, daß wir morgen starten müssen«, sagte Canterville.
    Nasarow nickte. »Sehen Sie dort die Titanen? Alle tragen das Festtagskleid.« Er wies auf einen der Wege im Park, auf dem titanische Mädchen in ihrer bunten Volkstracht gingen.
    »›Tag der Menschen‹ nennen sie das heutige Fest. Sie haben viel vor – es wird anstrengend werden.«
     
    Auf der Fahrt zum Flugplatz, auf dem die Abschiedsfeier stattfinden sollte, winkten ihnen Tausende zu. Dichtgedrängt säumten sie wieder die Straße, und doch fühlten sich die Männer jetzt tiefer ergriffen als bei ihrer Ankunft, hatten sie doch die Wahrhaftigkeit der Freundschaft kennengelernt.
    In den Männern, die gewohnt waren, ständig von einer Überraschung in die andere zu stürzen, kam eine Feiertagsstimmung auf. Die ungewohnte, lächelnde Zurückhaltung ihrer Betreuer machte
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