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Titanus

Titanus

Titel: Titanus
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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Sie fanden überall Anlagen mit vollautomatischer Technik.
    Pausenlos summten ihre Kameras und bannten farbige Bilder, wie sie das Menschenauge noch nie gesehen hatte, auf den Filmstreifen. Seitdem Romain erkrankt war, wurden die Motive noch sorgfältiger ausgewählt. Trieb Canterville einmal zur Eile, dann bekam er regelmäßig zur Antwort: »Und Romain? Wenn er sich dann die Filme ansieht und fragt, wie dieses oder jenes geschah oder aussah – können Sie sich bei der Fülle der Eindrücke alles einprägen?«
     
    Einige Meerschweinchen waren bereits verendet, als Sandrino das Gegengift erhielt. Unverzüglich spritzte er es den noch lebenden kranken Tieren ein. Kurz darauf starben auch sie. Silona war bestürzt. Hatte sie etwas falsch gemacht? Sie hatte die Spritze gefüllt!
    Der Arzt schüttelte den Kopf. »Unsinn, das hätte ich gesehen! Vielleicht war die Dosis zu groß.« Er schritt in Silonas Zimmer auf und ab. »Wenn man das Gegengift weniger stark konzentrierte… Ich werde meine Genossen rufen.«
    Nachmittags berieten titanische Wissenschaftler gemeinsam mit Sandrino, Sundberg, Wang Yun-chieh und Inoti. Eine neue, schwächere Konzentration des Gegenmittels wurde festgelegt, die Zusammensetzung geändert.
    »Wird Romain durchhalten?« fragte Inoti, als er mit Sandrino allein war.
    »Er wird künstlich ernährt und erhält regelmäßig Herzmittel. Der Prozeß schreitet nur langsam fort! Wir haben schon Blutkonserven zugeführt, das heißt Blut ausgetauscht. Aber das Herz!« erwiderte Sandrino.
    Sie standen auf der Terrasse vor dem Labor. Unten im Park, zwischen duftenden Blüten, wandelten die genesenden Titanen.
    Sandrino sah hinunter. In zweiundzwanzig Tagen würde der Titan mit dem doppelten Schenkelbruch dort unten die ersten Gehversuche machen. Sie aber würden den Titanus schon weit hinter sich gelassen haben. Und Romain? Würde er unter den Kronen dieser Baumriesen liegen und sein Grab von dreigliedrigen Händen gepflegt werden?
    Er wandte sich unvermittelt ab und begab sich zu seinem Tieren. Vor den Boxen stand Silona.
    »Niedliche Kerle«, sagte sie, als er eintrat. »Habt ihr etwas erreicht?«
    »Deine Genossen haben dich gut vertreten. Wir könnten sofort spritzen!«
    »Warten wir lieber, Massimo, sie sind noch zu munter! Sonst plagt dich nachher wieder der Zweifel.«
    Sie standen nebeneinander.
    »Wirst du mir einige Meerschweinchen hierlassen? Zur Erinnerung?«
    »Such dir die schönsten aus, ich lasse noch welche von der Kosmos holen. Aber – ist es nötig…« Er stockte. »Ich meine, bist du angewiesen auf eine Erinnerung?«
    »Wie meinst du das?« Sie wandte sich ihm zu.
    Er faßte ihre Schultern und blickte sie ernst an.
    »Würdest du mit mir kommen, auf die Erde? Ich würde immer bei dir sein, Silona, und alles tun, damit du deine Heimat nicht vermißt.«
    »Wenn es nach meinen Wünschen ginge, Massimo, gern. Aber ich bin – wie sagst du? – Gesundheitsminister. Das ist ein Auftrag! Ich kann nicht aus persönlichen Gründen mein Amt niederlegen. Doch das allein ist es nicht. Wir sind zu verschieden! Ich bin erst siebzig Jahre alt, das ist ein Drittel meines Lebens. Du aber hast etwa die Hälfte deines Lebens hinter dir, obwohl du erst halb so alt bist wie ich! Außerdem – kennen wir schon alle biologischen Unterschiede? Ich möchte einmal Mutter werden.«
    Er nickte wortlos, doch als er die Arme sinken ließ, ergriff sie seine Hände und bettete ihr Gesicht hinein.
     
    Nasarow und Inoti lehnten an der Balustrade ihres Quartiers. Die Stadt prangte im abendlichen Lichterglanz, die Wipfel der riesigen Bäume rauschten leise. Vielstimmig nahte die Nacht. Es geckerte, zirpte, zwitscherte, pfiff und knarrte, doch nirgends erklang eine Menschenstimme, obwohl allenthalben auf den breiten Wegen Paare wandelten und auch die Terrassen belebt waren.
    »Man könnte Stunden so stehen und lauschen«, raunte Inoti, als vertrüge diese Stimmung kein lautes Wort.
    »In einigen Tagen ist alles vorbei«, sagte Nasarow leise. »Dann bleiben uns nur die Filme und die Erinnerung.«
    »Unvorstellbar, daß ich das alles wirklich erlebt habe. Es ist wie ein Ausflug in die Zukunft der Menschheit, wie ein Traum.«
    »Vielleicht ist dieser Traum schon irdische Wirklichkeit«, erwiderte Nasarow nachdenklich. »Dreihundert Jahre Entwicklung – welch ungeheure Zeitspanne! Vergessen wir nicht, was allein in den einhundertfünfzig Jahren vor unserem Start für entscheidende Entdeckungen und Erfindungen gemacht
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